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Bühne und Welt.
kommen korrekt gehandelt habe, ja, innerhalb seines Pflichtenkreises gar
nicht anders handeln konnte! Es entwickelt sich eine Weltanschauungs¬
debatte, in die sich sogar ein leichter Zug von falschem Pathos einschleicht,
wenn zum Schlusse Professor und Pfarrer über den trennenden Abgrund
sich als Ehrenmänner die Hände reichen. Als am Schlusse des 5. Aktes
der anarchistische Hofrat aufgeregt mit der Nachricht ins Zimmer stürzte,
daß die hysterische Krankenschwester unter dem sanften Druck ihres Beicht¬
vaters bei Gericht sich wegen falscher Zeugenschaft wider Bernhardi selber
denunziert habe und in einem Wiederaufnahmeverfahren des Professors
Unschuld mithin in bengalischer Beleuchtung erstrahlen müsse, endete das
Drama anscheinend wie eine Farce oder ein Ifflandisches Rührstück.
Aber Schnitzler weicht mit eleganter Wendung auch dieser Gefahr aus.
Bernhardi war kein Märtyrer und fühlt sich jetzt nicht als Triumphator
und hat nicht den Schrei noch Gerechtigkeit auf den Lippen. Er will,
wie man in München zu sagen pflegt, seine königlich bayerische Ruh'
haben, will ungestört weiter forschen, ungestört durch Juden und
Christen, Orthodoxe und Freigeister seinem Beruf als Jünger des alten
Heilgottes Aeskulap nachgehen. Lessing hat zwar einmal gemeint, daß,
wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, keinen zu verlieren
hätte. Der Dichter Jung=Oesterreichs, der mit ironisch zuckenden Lippen
dem Hexensabbat des österreichisch=ungarischen Parteikampfes zuschaut,
fühlt instinktiv, daß der Tragiker, der in diesem Kampf Partei nimmt,
sich nutzlos aufreiben würde, und daß der Schüler des Aristophanes zu¬
letzt und am besten lacht. — Für die Truppe des Kleinen Theaters
gestaltete sich die Uraufführung dieses schwierigen und figurenreichen
Stückes zu einem Ehrenabend. Die zahlreichen Medizinertypen, die
jüdischen und arischen Charakterköpfe waren scharf profiliert. In der
Titelrolle verstand Bruno Decarli, der Gast aus Leipzig, im Sinne
des Dichters den Bekenner des mosaischen Glaubens in dem Gelehrten
und Weltmann aufgehen zu lassen. Paul Abels Priester wies jene
interessante Mischung von selbstbewußter Würde, die Roms Kirche ihren
Dienern verleiht, und von gemäßigtem Modernismus, der den Gegner
nicht von vornherein verdammt, sondern zu verstehen sucht, auf. Eine
feine, jedem Simplizissimustyp ferne Diplomatenfigur war der Unter¬
richtsminister Max Landas. So mag es von symbolischer Bedeu¬
tung für den künftigen Herrn des Lessingtheaters sein, daß begeisterte
Zuschauer just in der Stunde, in der Otto Brahm den letzten Seufzer
tat, auch den Direktor Barnowsky, der die Vorgänge dieses starken
und klugen Stückes in geschmackvolle Rahmen gefaßt hatte, vor die
Rampe riefen.
Im Königlichen Opernhause wird zur Jahrhundertfeier
des Bayreuther Meisters sein Hauptwerk „Der Ring des Nibe¬
lungen“ aufgefrischt. Generalintendant von Hülsen und Meister
Brandt zeigten zunächst mit dem „Rheingold“, welche Leistungen
mit klugem Bemühen sich auch der alten Opernhausbühne abgewinnen
lassen, zeigten, inwieweit man mit den Mitteln modernster Technik auch
über das Bayreuth von heute noch hinausgelangen kann. Das Schweben
und Gleiten der Rheintöchter im flüssigen Element scheint nun die
Grenze des Möglichen erreicht zu haben; allerdings wird die strapaziöse
Doppeltätigkeit des Turnens und Singens nicht mehr den Sängerinnen
zugemutet, sondern zwischen diese und schlanke Ballettmädchen, die in
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kommen korrekt gehandelt habe, ja, innerhalb seines Pflichtenkreises gar
nicht anders handeln konnte! Es entwickelt sich eine Weltanschauungs¬
debatte, in die sich sogar ein leichter Zug von falschem Pathos einschleicht,
wenn zum Schlusse Professor und Pfarrer über den trennenden Abgrund
sich als Ehrenmänner die Hände reichen. Als am Schlusse des 5. Aktes
der anarchistische Hofrat aufgeregt mit der Nachricht ins Zimmer stürzte,
daß die hysterische Krankenschwester unter dem sanften Druck ihres Beicht¬
vaters bei Gericht sich wegen falscher Zeugenschaft wider Bernhardi selber
denunziert habe und in einem Wiederaufnahmeverfahren des Professors
Unschuld mithin in bengalischer Beleuchtung erstrahlen müsse, endete das
Drama anscheinend wie eine Farce oder ein Ifflandisches Rührstück.
Aber Schnitzler weicht mit eleganter Wendung auch dieser Gefahr aus.
Bernhardi war kein Märtyrer und fühlt sich jetzt nicht als Triumphator
und hat nicht den Schrei noch Gerechtigkeit auf den Lippen. Er will,
wie man in München zu sagen pflegt, seine königlich bayerische Ruh'
haben, will ungestört weiter forschen, ungestört durch Juden und
Christen, Orthodoxe und Freigeister seinem Beruf als Jünger des alten
Heilgottes Aeskulap nachgehen. Lessing hat zwar einmal gemeint, daß,
wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, keinen zu verlieren
hätte. Der Dichter Jung=Oesterreichs, der mit ironisch zuckenden Lippen
dem Hexensabbat des österreichisch=ungarischen Parteikampfes zuschaut,
fühlt instinktiv, daß der Tragiker, der in diesem Kampf Partei nimmt,
sich nutzlos aufreiben würde, und daß der Schüler des Aristophanes zu¬
letzt und am besten lacht. — Für die Truppe des Kleinen Theaters
gestaltete sich die Uraufführung dieses schwierigen und figurenreichen
Stückes zu einem Ehrenabend. Die zahlreichen Medizinertypen, die
jüdischen und arischen Charakterköpfe waren scharf profiliert. In der
Titelrolle verstand Bruno Decarli, der Gast aus Leipzig, im Sinne
des Dichters den Bekenner des mosaischen Glaubens in dem Gelehrten
und Weltmann aufgehen zu lassen. Paul Abels Priester wies jene
interessante Mischung von selbstbewußter Würde, die Roms Kirche ihren
Dienern verleiht, und von gemäßigtem Modernismus, der den Gegner
nicht von vornherein verdammt, sondern zu verstehen sucht, auf. Eine
feine, jedem Simplizissimustyp ferne Diplomatenfigur war der Unter¬
richtsminister Max Landas. So mag es von symbolischer Bedeu¬
tung für den künftigen Herrn des Lessingtheaters sein, daß begeisterte
Zuschauer just in der Stunde, in der Otto Brahm den letzten Seufzer
tat, auch den Direktor Barnowsky, der die Vorgänge dieses starken
und klugen Stückes in geschmackvolle Rahmen gefaßt hatte, vor die
Rampe riefen.
Im Königlichen Opernhause wird zur Jahrhundertfeier
des Bayreuther Meisters sein Hauptwerk „Der Ring des Nibe¬
lungen“ aufgefrischt. Generalintendant von Hülsen und Meister
Brandt zeigten zunächst mit dem „Rheingold“, welche Leistungen
mit klugem Bemühen sich auch der alten Opernhausbühne abgewinnen
lassen, zeigten, inwieweit man mit den Mitteln modernster Technik auch
über das Bayreuth von heute noch hinausgelangen kann. Das Schweben
und Gleiten der Rheintöchter im flüssigen Element scheint nun die
Grenze des Möglichen erreicht zu haben; allerdings wird die strapaziöse
Doppeltätigkeit des Turnens und Singens nicht mehr den Sängerinnen
zugemutet, sondern zwischen diese und schlanke Ballettmädchen, die in
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