II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 77

25. Brefess Bernhand


würde wahr=, Flecke hat; der Professor Tugendvetter, der im Unter¬
richtsministerium seine Ernennung zum Hofrat betreibt,
aber. nur, weil der Titel seiner Frau so viel Freude
len folgenden
machen würde; der Dozent Dr. Adler, der im kritischen
pt. Immerhin
Moment den angegriffenen Kollegen im Stich läßt und
und sicheren
sich auf die Seite der Macht gegen das Recht stellt, weil
Pirkung bleibt
er nun einmal gar so objektiv ist; der Professor Pflug¬
ersten Aktes
felder, der alte Achtundvierziger mit dem jugendlichen
langt jedoch
Temperament, der radikal erscheint, weil die anderen so
der allerdings
seig sind, und der, doch nur ganz einsach sagt, was wahr,
rd man im
verlangt, was gerecht ist; sein Sohn, der Assistent Doktor
ht man im
Pflugfelder, ein Ehrenmann wie sein, Vater, einst Anti¬
der Satire,
als ernstes
semit, jetzt auch noch Antiarier, weil er findet, daß die
Weise als
Menschen im allgemeinen eine recht mangelhafte Gesell¬
schaft sind,
- und alle die anderen.
Auch der Professor Ebenwald, der die ganze Intrige
s Stärke ge¬
gegen den Professor Bernhardi führt, ist lebenswahr ge¬
ist fast
zeichnet. Solch einem Intriganten mit dem biederen Ton,
Manch geist¬
mit dem gemütvollen Dialektklang in der Sprache ist wohl
benserfahrung
allgemeiner
jeder schon begegnet. Nur verliert das dramatische Ge¬
en lustspiel¬
mälde an Lebenswahrheit dadurch, daß alles Licht auf die
cht wienerische
Hauptperson konzentriert ist und aller Schatten auf deren
schaften des
Gegner fällt. Das erinnert beinahe an die guten alten
Stücke, in denen der Held der edelste der Menschen, sein
Widersacher der schwärzeste der Bösewichter ist, in denen die
et sich gleich¬
Tugend durch das Laster verfolgt wird. Da ferner der
enthält eine
ränkevolle Professor Ebenwald in dem Drama der Reprä¬
gelungen,
sentant der klerikalen Partei ist, so hat es manchmal den
en. Das gilt
Anschein, als sollte der Professor Ebenwald deshalb als
n das Drama
Intrigant hingestellt werden, weil er klerikal ist, — was
1,
bei deren
im Gegensatz steht zu der Unparteilichkeit, deren sich sonst
kines früheren
bst in einem
in diesem Werke der Dichter befleißigt. Denn mag auch
der Klerikalismus eine geistige Atmosphäre schaffen, in
as Stück be¬
der die Intrige mehr als bei anderen Parteien gedeiht, so
Gepräge der
fürchtet wegen
darf doch selbst der entschiedenste Antiklerikale nicht be¬
aber bei all streiten, daß man klerikal und zugleich ein ehrlicher Mann
dem rechten sein kann. Ueberhaupt zeigt die ganze Erfindung der In¬
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trige gegen den Professor Bernhardi, daß der Autor das
kommt, um die A
politische Leben nur sehr von fern zu betrachten gewohnt ist;
Gunsten abgegeben
und es ist eine etwas kindliche Vorstellung, anzunehmen,
als es durch diese
daß die Klerikalen, die entschlossen sind, den Professor
zu entlasten, ist sich
Bernhardi wegen Religionsstörung an den Pranger zu
Schade nur, daß ger
stellen, ihm ihren Verzicht auf diesen Entschluß anbieten
entgegengesetzten Well
werden, für den Fall, daß er zum Leiter einer Abteilung
wo sie klar und schar
in seinem Krankenhause einen klerikalen Dozenten ernennen
der Dialog stellenwe
will, — daß also eine mächtige Partei, im Begriff, eine
daß Pfarrer und
große politische Aktion zu unternehmen, vorher eine Er= wecken, als redeten
sagen sollten.
pressung versuchen wird, durch die sie sich ganz in die
Von allen den vil
Hände des Mannes gibt, gegen den ihre Aktion sich
richten, den sie vernichten soll. Der Konflikt würde schärfer
so prächtig geraten,
ie des Unterricht
sich abzeichnen, würde in eine höhere Sphäre gehoben
packender Lebenswah
sein, wenn die Intrige ganz wegfiele, wenn die Klerikalen
doch überaus treffend
ihren Ansturm gegen den Professor Bernhardi nicht des¬
des politischen Streh
halb unternähmen, weil er in einer Personalfrage ihnen
Oesterreich allein, so
nicht zu Willen war, sondern weil hier zwei Weltanschau¬
auch sein mag. Es i
ungen zusammenstoßen und weil die klerikale Welt¬
zeichnung; und unt
anschauung eben nicht anders kann, als den Arzt ver¬
Lebenswerkes von
dammen, der den Priester vom Bett einer Sterbenden
Minister einen Ehre
fernhält.
und Konkordat“, der
Mit schöner Unparteilichkeit hingegen hat der Dichter
Anschauungen mit d
sich bemüht, dem Pfarrer gerecht zu werden, der von Pro¬
herrschen, in tadellos
fessor Bernhardi verhindert wird, das Zimmer des sterben¬
im Parlament erhebt
den Mädchens zu betreten, der also der Träger einer der
schuldigten Bernhard
beiden Ideen ist, welche in dem Drama sich bekämpfen, der
daß die Majorität
den Glauben personifiziert, welcher mit der Wissanschaft in
der Ankündigung sch
Konflikt gerät. Indem er ihn als einen Priester geschildert
übergeben wird; der
hat, den kein frommer Eifer verblendet, der eine Denk¬
zu opfern, um seine
und Handlungsweise, die seinen religiösen Ueber¬
wundervolle Rechtfe
Er¬
aus
zeugungen widerstreitet,
menschlichen
weniger darauf an,
wägungen heraus zu verstehen, sogar zu respek¬
fall überzeugungstreu
tieren vermag und der es sich zur Pflicht macht, nicht
Idee seines eigenen
nur dem Gebot der Kirche, sondern auch der Stimme des
der überhaupt mit
Gewissens zu folgen, hat er aus ihm eine der sympa¬
seine Unmoral zu be
thischesten Figuren des Dramas geschaffen. Die Szene, in
der nach dem Prozesse der Pfarrer zu Professor Bernhardi lmoralisch vorkommt.