II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 82

25 BrofessenBernhand
skämpfen läßt. Hier
wort hervorsprudelte. Eine sehr feine und ausge¬
eder ganz zum Dich¬
glichene Leistung war dagegen die verhältnismäßig
fühl beipflichtet, das
kurze Rolle des Pfarrers in der Darstellung des
det und rettet gegen¬
Herrn Ingenohl. Auch der Minister des Herrn
kdi sagt: „Der Herr
Walter erwies sich als eine sehr durchdachte Leistung.
verdammt gut, was
ebenso der Dr. Adler Herrn Mamelocks und der
Dr. Loewenstein des Herrn Zadeck. Dagegen litt
de im Grunde wieder
der Dr. Pflugfelder des Herrn Huth trotz
enen Allzuklugen, die
seiner unleugbaren Feinheiten zu stark unter ge¬
großen Worten ver¬
legentlichen Ueberstürzungen und fast unbegreiflichen
ringt sich aus Er¬
Unsicherheiten der Sprechweise. Die kleineren Neben¬
und Qual in dieser
rollen waren größtenteils gut besetzt. Das Publikum
beiden Gegner im
nahm Stück und Spiel mit steigendem Wohlwollen
Gefühle hinter klugen
auf und rief besonders den Träger der Titelrolle“
wissen sie's auch:
am Schluß stets von neuem an die Rampe.
cht.
Dr. Karl, Blanck.
Spiel und Gaukelei.
ächst noch in Gestalt,
Kmsn
entschieden zur Tür
freilassung mit Macht
gelüste an den feind¬
ich, die er jetzt für
verzichtet er, als er
spät ist, in der un¬
einem Besten kehrt.
österreichische Hofrat,
acht sich gerade zum
ohlgesetzten Worten
chichte halt nur eine
Dichter, wenn er
enschlichkeiten unter
m Schluß das ganze
en läßt, der es be¬
it?
szenierung Re¬
ganzen mehr
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21
luch Bruno
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16 1 1917
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genügend zu¬
zuweilen seine
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Hellmuth = Bräm; Fernandine Brochard: Jeßze
übte er dem
Bengen.
in über¬
Stadttheater. „Professor Bernhardi“, Komödie
des Hof¬
in fünf Akten von Arthur Schnitler (Exstauffhrung). Man
Ant¬
muß dei rührigen Intende#dstheaters Dank wissen,
daß sie uns so bald mit dem neuesten Schnitzier, diesem sowohl
durch das darin behandelte Problem wie durch die lebensvolle
und lebenswahre Personen= und Zeitschilderung unser lebhaftes
Interesse herausfordernde Drama, bekannt gemacht hat, und nach
wie vor bleibt uns das Zensurverbot, das die Aufführung in
Oesterreich unmöglich macht, ein Nätsel, denn als ein staatsgefähr¬
liches Tendenzstück kann die bitterernste „Aerztekomödie“ keines¬
falls angesprochen werden; dafür ist ihr ethischer Wert viel zu
hoch, und dieser allein ist doch maßgebend für die künstlerischen
Qualitäten eines jeden Bühnenwerkes. Die hiesige Aufführung
war eine Glanzleistung unseres Schauspielensembles, wie sie schwer¬
lich übertroffen werden kann. Der lebhafte Beifall kam von
Herzen und war ein sichtbarer Beweis innerster Anteilnahme.
Regie: Carl Huth; Bernhardi: Bruno Decarti; Eben¬
wald: W. Hellmuth=Bräm; Cyprian: Gaston Demme;
Pflugfelder: Carl Huth; Filitz: Emil Heyse; Tugend¬
wetter: Haus Beßler; Loewenstein: Eugen Zadei: Schrei¬
mann: Paul Becker; Adler: Emil Mamelock; Hochwitz#
pointner: Kurt Lohmeyer; Flint: Wilhelm Walter;
Winkler: Julius Karsten; Pfarrer Reder: Ostar Inge¬
nohl; Holdenthal: Curt Felden; Feuermann: Gust#
Collmar; Kulka: Willy Engst.

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Zeitung
1 D
Ort:
Daium

Bücherwesen.
Nen erschienene Bücher (Besprechung einzelner Werke vorbehalten.
Rücksendung findet in keinem Falle statt.)
Professor Bernhardi. Kömödie in fünf Akten von
Akthur Schnitler. S. Fscher Verlag, Berlin.
Verachien oder lächehn; das ist die Endentscheidung, vor
die das Leben den tiefeb=grabenden und beobachtenden Be¬
trachter des Menschenkampfes stellt; verachten oder lächeln,
nachdem der Ekel und das Entsetzen überlistet sind. In der
Verachtung freilich rebelliert immer noch ein Tropfen Galle,
der Rest eines unüberwindlichen Zorngefühls; das Lächeln
erst ist die letzte überwindung, die von aller Erdenschwere er¬
löst; und wenn dieses Lächeln fruchtbar wird, so gebiert es eine
Komödie. Schnitzlers Lächeln hat eine Komödie geboren, eine
Komödie des Menschenhasses, politischen Machtdünkels, der
Glaubens= und Rassenhatz, charakterloser Streberei und einer
himmelschreienden Kollegialität. Ein lustiges Stück Leben,
wenn's nicht so verdammt ernsthaft wäre, daß die anderen von
uns, die noch nicht völlig überwunden haben, die Lust

wandelt, mit Ohrfeigen und Rippenstößen unter das Gesindel
zu fahren.
Aber regen wir uns nicht auf. Die Sache spielt in Öster¬
reich. Bei uns in Deutschland kommt „so etwas“ nicht vor.
Professor Bernhardi ist der naip=ehrliche Tor, der ohne Maske
vor dem Antlitz durch die Menschengassen geht, der so rehet und
handelt, wie Herz und überzeugung ihm gebieten und
vor allem die üble Gewohnheit hat, den Leuten ins Gesicht
zu sagen, was er denkt. Das geht natürlich nicht — in Öster¬
reich. Da wird ihm aus seiner Pflichterfüllung, seinem ehr¬
lichen Stieben, das Rechte zu tun, der Strick gedreht. Ein
Hofrat, ein ganz ausgelingter Zynikus netabene, trifft den
lieblichen Kexn der Sachs.
„Wenn man immerfort das
Richtige täte, oder viel mehr wenn man nur einmal i
Früh, so ohne sich's weiter zu überlegen, anfing, das Richtige zu
tun und so in einem fort den ganzen Tag lang das Richtige
so säße man sicher noch vorm Nachtmahl im „Kriminal“ D
Professor, der ein Überschätzer der Menschheit ist, wie alle die
Ehrlich=Unklugen, die freiwilligen Opfer der Wahrhaftigkeit,
schiebt in blindem Zutrauen dem Hofrat die ehle Regung zu,
im gleichen Falle genau so ehrlich und überzeugungstreu ge¬
handelt zu haben, wie er selbst. „Möglich,“ antwortet trocken
der Hofrat, der ein ausgelaugter Zynikus ist, „möglich, —
da wär ich halt — entschuldigen schon, Herr Professor, — grad
so ein Viech gewesen wie Ske.“ Das ist das Wahre! Man
darf eben kein „Viech“ sein. Und man ist ein „Viech“, wenn!
man sagt, was man denkt, und das Richtige tut.
Lassen wir die Marke „Tendenzdrafa“ beisekte. Der Pro¬
fessor hat nicht im entferntesten daran gedacht, eine „Frage“
lösen zu wollen. Er hat in einem ganz speziellen Falle getan,
was er für das Richtige hielt. Aber die Registratoren der
Literatur haben in säuberlichem Diensteifer dem neuen Vo¬
lumen den Aktenschwanz angehängt und „Tendenz“ drauf ge¬
schrieben. So ist das „reine Kunstwerk“ verdächtig. Es ist ein
Lebensfall, wie viele andere auch, geschehen in einer scharf um¬
grenzten Lebensabteilung mit ihrem eigenen Vorrat an
Meinungen, Erscheinungen und Richtlinien. Daß Politik und
Streberei den Cbarakter brüchig machen, erleben wir so häufig
aufs neue, daß schon niemand mehr daran denkt, deshalb in
die Moraltrompete zu stoßen. Der geistreiche Dichter nimmt
die Sache amüsant, letzten Endes auch beim tüchtigen Professor
Bernhardi, der schließlich darauf verzichtet,
und das ist
eine köstliche Pointe psychologischer Kunst — dem eitlen Ge¬
legenheitsdenker und Phraseur, der den strebernden Kultus¬
minister mimt, die Wahrheit ins Gesicht zu schleudern. Er kann
den Armseligen nicht ernster nehmen, als den ganzen Popu¬
laritätsschwindel mit Ovationen, Leitartikeln, großen Reden
und ähnlichem Klimbim. Schließlich ist gerade das die große
Erlösung an dieser bitterbösen Komödie, daß der gesunde,
lebensstarke und ehrliche Mann ungebrochen und ohne un¬
heilbar ins Herz getroffen zu sein, aus diesem Sumpf der Lüge,
Schwäche und Dummheit sich befreit. Die Dreckspritzer am
äußeren Gewand kümmern ihn nicht, und selbst die werden ihm
seine Feinde noch eigenmäulig ablecken müssen. Das ist der
erquickliche Ausklang der Sache.
IV.
Die Bernhardi=Hatz ist stofflich hinlänglich begründet.
Der Mann kann viel, mehr als der strebende Durchschnitt.
Grund genug zu hitzigem Neid und lauerndem überfall.
r
hält das Haupt hoch in seiner tiefen Überzeugung und sagt,
was er denkt. Er duckt sich nicht vor Zufallswürden und schließt
keine Kompromisse mit den Mächtigen der Stunde und der
äußeren Stellung. Posierende Feierlichkeit ist ihm ein Ge¬