II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 84

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Gesellschaft, die Herrschaft der allmächtigen Nieder¬
Schnitzlers Professor Bernhardi“
tracht kann man nicht besser durch und durch studieren,
en Sch. Gorelik
als indem man die Behandlung des Judentums als Pa¬
radigma aufstellt. Das wäre das Eine. Dann aber wendet
Arthur Schnitzler, sonst so elegant und graziös —
er sich zu den Juden selbst, zu jenen Juden, die sich
hat für sein letztes Stück absichtlich oder unabsicht¬
aus Feigheit oder aus knechtischer Gesinnung fürchten,
lich eihe etwas wuchtigere Form gewählt. Damit
sich als solche zu bekennen, die darum fremde Formen
Kränkte er gewissermaßen die ihm stets so wohlgesinnte
annehmen, nachäffen und ein Heiliges im Menschen
Presse, und die Kritik findet sein Stück schwach, ob¬
verraten und beleidigen: das Schönheitsgefühl.
Fglaich es tagtäglich mit großem Erfolg auf der Bühne
ges „Kleinen Theaters“ in Berlin aufgeführt wird. Dem
Was ist ein Assimilant? Für den Nationalisten ist
n künstlerischer Hinsicht angeblich schwachen Drama
er ein Mensch, der die nationale Sache schädigt und
wird außerdem der Vorwurf einer übertriebenen Sach¬
die Rolle eines Verräters spielt, so oft er sich als Assi¬
lichkeit und der Tendenzreiterei gemacht.
milator aktiv betätigt. Für den Künstler aber ist der
Assimilator hauptsächlich und vor allem ein Mensch
Man war so sehr an die leichte Schnitzlerische
von schlechtem Geschmack, ein Mensch ohne Schön¬
lronie, an sein graziöses Skeptikerlächeln gewöhnt,
heitsgefühl, und an solchen Menschen rächt sich der
daß man in seiner ernsten Miene fast einen Verrat an
Künstler durch seinen Sarkasmus nicht minider wie der
seinem Talent, an seinen Gaben erblickte.
eifrigste Nationalist.
Die allgemeine Meinung hielt es für Schnitzlers
In Schnitziers Drama sind nun diese beiden Ge¬
Sendung, stets nur über das Erdenleben hinzuschweben
sichtspunkte vereinigt. Was die Gesellschaft betrifft,
und im Schweben alles Kleinlich-Gemeine dieses Lebens
so ist sie über Professor Bernhardis Handlungsweise
aufzudecken, sich darüber zu empören, aber dabei un¬
empört und fällt über ihn her. Sie nimmt die Verleum¬
bedingt das obligate Lächeln zu bewahren. Dies Lächeln
dung, die Undankbarkeit, die Frömmelei zu Hilfe. Das
sei die Hauptsache, so ungefähr: „Mir, dem echten
ganze Vergehen der allgemein anerkannten Leuchte der
Wiener Arthur Schnitzler ist es vollkommen Schnuppe,
Wissenschaft bestand in folgendem: er verwehrt einem
was auf dieser ungereimten Welt geschicht, aber als
Geistlichen den Zutritt zu einer sterbenden Kranken,
Künstler fühle ich mich von Zeit zu Zeit aesthetisch
die er als Seelsorger der Krankenanstalt besuchen will,
verletzt und schreibe eine Satyre. Meine Natur drängt
um sie mit den Sterbesakramenten zy versehen. Er tut
mich zu einem feingeschliffenen Dialog, zum graziösen
dies, weil er den besonderen Zustand der Patientin
Flirt — das alles durch das Prisma eines eleganten
kennt, die sich in einer seligen Unkenntnis ihrer ge¬
Skeptizismus geschen.“
fährlichen Lage befindet. Sie träumt wachend vom Ge¬
Der Künstler aber geht seine eigenen Wege, un¬
liebten, der kommen und sie mitnehmen wird. Sie geht
bekümmert, ob es den Herren von der Presse gefällt
vollkommen auf in der Welt ihres berauschenden Trau¬
oder nicht gefällt. Die „Schwäche“ im Sinne der Ab¬
mes. Die Wissenschaft kennt solche Seelenzustände bei
wendung vom Leichten, vom Gefälligen zu Kompli¬
Sterbenden und Professor Bernhardi läßt sich aus¬
ziertem und Schwerem hat man an Schnitzler schon
schließlich vom Gefühl der Humanitür leiten, als er sich
wiederholt wahrgenommen. Zuzeiten verläßt er die Welt
weigert, das Märchenreich zu zerstören, in dem die
der mondänen und demimondänen Dame, der geist¬
Kranke weilt, was doch mit dem Erscheinen des Pfarrers
reichen und der blöden Lebemänner und sinnt über das
unweigerlich geschehen müßte. Es entsteht ein Kon¬
nach, was wir gewöhnlich unter dem banal-langweili¬
flikt zwischen dem unmittelbaren Gefühl der Mensch¬
gen Wort „Problem“ verstehen. Daß er bei dieser Tätig
lichkeit einerseits und dem Dogma andererseits. Der
keit an dem Problem des Judentums nicht ohne wei¬
Geistliche macht sein Recht geitend, denn unmöglich
teres vorbeigehen konnte, ist doch nur zu begreiflich
kann die Sterbende, obendrein noch in ihrer Sünden
und natürlich. Er ist Jude und obendrein ein fein¬
Maienblüte, diese Welt ohne die Geleitworte des geist¬
sinniger Künstler. Sein echtes und empfindsames
lichen Hirten verlassen. Dem widersetzt sich nun Pro¬
Künstlertum zwingt ihn geradezu, über die Judenfrag..
fessor Bernhardi in seiner Eigenschaft als Direktor der
nachzusinnen. Seine Reflexionen bewegen sich nach
Klinik ganz entschieden und zwingt den Geistlichen,
zwei Richtungen. Zunächst: „Die Gesellschaft und ihre
sich zu entfernen.
Stellung zu den Juden“ und dann: „Juden, die sich
Dieses Vorkommnis bildet den Knoten der Hand¬
ihres Judentums schämen.“
lung. Alles, was foigt, ist lediglich die Wirkung dieser
Die Stellung der Gesellschaft zum Judentum ist
Verweisung des Geistlichen aus dem Krankenzimmer.
nur geeignet, die pessimistische Auffassung über den
Die Verleumdung wächst, ein Berg von ungeheuerlich¬
angeblichen Sieg der Humanität zu nähren und zu ver¬
sten Anschuldigungen stürzt über dem Haupte Pro¬
tiefen. Die ganze niedrige Komödie der menschlichen
fessor Bernhardis zusammen und im Hintergrund dieses
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