II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 92

box 30/1
25. ProfessoBernha
396
1913. Nr. 14
1e
Cultur de.
r.Gegenwart
WL


er die Kraft seiner rücksichtslosen In¬
einzuschleichen und die von diesem er¬
gend eingesetzt, dann für Hauptmann,
worbene Stellung zu benutzen, als ob
dessen Aufstieg und Entwicklung ohne
man sie selbst erworben hätte. Man
die starke, gläubige Freundschaft Brahms,
gründete ein Geschäft in derselben
der auch den Mißerfolgen kühl und
Straße, man stellte Leute auf mit
unbeweglich in seiner. Direktionsloge
Kappen und Schildern., die an das
trotzte, gar nicht zu denken war. Er
Geschäft der Konkurrenten erinnerten,
hat eine Reihe der vorzüglichsten deut¬
man fing die Gäste ab, die in ein be¬
schen Schauspieler herangezogen, hat
stimmtes Hotel wollten, als ob das
ihnen den Stil gegeben und die Rollen,
eigne Hotel das von dem Gast ge¬
hat ihr Talent durch große Aufgaben
wählte wäre, und suchte so in hundert¬
gefördert. Rittner und Bassermann,
facher Weise dem andern das Wasser
Sauer und Reicher, die Lehmann und
abzugraben. Frühere Zeiten waren
die Sorma haben unter seiner Führung
dagegen mehr oder weniger empfin¬
das Beste gegeben. Und der heute
dungslos und ließen derartige Mi߬
berühmteste, rührigste, kühnste und
bräuche geschehen; wir aber haben ein
noch in seinen Fehlern interessanteste
gesteigertes Rechtsbewußtsein, und wir
deutsche Theatermann war als Schau¬
erklären alle diese Praktiken für un¬
spieler, ist als Bühnenleiter sein Schü¬
erlaubt und brandmarken sie unter der
ler: Maxr Reinhardt. Und noch eins
Bezeichnung des unlauteren Wettbe¬
nicht zu vergessen: man hat dem
werbs, der „concurrence déloyale“.
Theater (besonders wieder in jüngster
Ganz besonders wichtig ist bei den
Zeit) viel vorgeworfen und pflegt den
verschiedensten Waren die Ortsbezeich¬
Betrieb der Bühne nicht gerade schlecht¬
nung: Naturprodukte, die speziell nur
hin als moralische Anstalt zu betrach¬
an gewissen Orten gedeihen, werden
ten. Brahm stand als Mensch und
nach diesen Orten benannt; sehr häufig
Direktor ganz einwandfrei da. Er war
drückt gerade die Lage der Ortlichkeit
wortkarg — aber er hielt sein Wort.
dem Erzeugnis den eigentümlichen
Er duldete keine Intrigen, nur der
Stempel auf. Ich brauche nur auf
künstlerische Wert entschied. Er war
die Weinkultur zu verweisen, und wie
finanziellen Experimenten abhold und
es hier Boden, Lage, Witterungsver¬
zuweilen vielleicht zu vorsichtig spar¬
hältnisse sind, die dem Wein die eigen¬
sam, aber er beunruhigte auch niemals
tümlichen Eigenschaften verleihen und
seine Geldgeber. In der Zeit der
es bewirken, daß die eine Sorte feurig,
Operetten und Revuen, des Bluffs
die andre mild, die eine herb, die andre
und des Ausstattungskitschs führte der
süß ist, und wie eine jede Sorte wieder
Sohn des Naturalismus, der Biograph
ihre besondere Blume hat, die sie dem
Kleists eine deutsche Musterbühne, die
feinschmeckenden Gaumen empfiehlt.
künstlerisch das höchste Niveau hatte,
Aber auch bei Fabrikationsprodukten
keine Konzessionen an die Tageslaunen
kommen die Ortlichkeiten in Betracht.
des Publikums machte und doch Geld
An manchen Orten sind die Produk¬
Szene aus Arthur Schnitzlers Professor Bernaardi“
verdiente ... Nachmachen, inessieurs!
tionsbedingungen besonders günstig; die
Mag Landa (Minister Flint) und Dacarli (Professor Bernhandi))
Arbeiter sind eingeschult, die dort be¬
Rudolf Presber
zogenen Zutaten ganz besonders wirk¬
Namentlich aber müssen alle diejenigen Praktiken
sam; und so kommt es, daß beispielsweise bei

vermieden werden, wodurch der eine es versucht,
###ntion die Lillichkeit eine sehr große
Vefeie n Gerestekaf
sich in die Persönlichkeit eines andern einzu¬
Rolle spielt. Münchener und Pilsener Bier sind
Kl
1
schleichen und den Schein zu erwecken, als ob seine
die zwei Pole der Bierbereitung: hier spielt die
Über den unlauteren Wettbewerb
Leistungen von dem andern herrührten. Gerade
Ortlichkeit eine sehr große Rolle. Vielfach haben
Die freie Konkurrenz unter Kaufleuten darf
in dieser Beziehung ist unendlich viel gefehlt
auch Industriebezirke von alters her einen be¬
nicht in Zuchtlosigkeit ausarten; der ganze Ver¬
worden; man hat sich darum veranlaßt gesehen,
sonderen Ruhm darin erblickt, eine bestimmte
kehr kann nur dann gedeihen, wenn jeder die
durch scharfe äußerliche Mittel eine solche Tren¬
Ware in höchster Vollkommenheit herzustellen,
nung der einzelnen Verkehrtreibenden herzu¬
Persönlichkeit seines Konkurrenten achtet, wenn
und so haben die dortigen Erzeugnisse einen großen
stellen, daß Vermischungen und Verwischungen
er ihn nicht durch Täuschung zu übertrumpfen
Namen erworben; oft haben sich hier Produktions¬
und ihn nicht durch unsittliche Mittel herabzu¬
möglichst verhütet werden. So hat man das
weisen durch ganze Generationen hindurch fort¬
drücken sucht; denn der Verkehr ist gebaut auf
Firmenrecht gegründet und bestimmt, daß jeder
geerbt, und eine Menge schätzenswerter Hand¬
Ehrlichkeit: wir leben in einer ehrlichen Gesel!.
Handeltreibende seine feste Bezeichnung haben
griffe, die sich aus jahrelanger Übung ergaben,
schaft und sollen in einer ehrlichen Gesellschaft
solle, wodurch er sich genan vom andern unter¬
haben den Erzeugnissen ein besonderes Ansehen
leben. Würden etwa verwerfliche Mittel in Ge¬
scheidet; man hat ferner die Sitte eingeführt,
verliehen.
daß der einzelne Verkehrtreibende seine Ware
brauch kommen, so würde die Ehrlichkeit durch
Auch hier hat die unehrliche Konkurrenz ein¬
durch besondere Zeichen (Marken oder Waren¬
die Unehrlichkeit überboten, und der Ehrliche hätte
gesetzt, und hier war es namentlich ein Trick,
nur die Wahl, entweder selber nnehrlich zu werden
zeichen) als von ihm herrührend kundgibt, und
dessen man sich bediente, um den Ortlichkeits¬
oder sein Geschäft aufzugeben. Wie bei inem
man hat besondere Veranstaltungen getroffen,
namen zu mißbrauchen: man behauptete nämlich,
Wettlauf und überhaupt bei jedem Einzelwirken, daß diese Marken registriert und auf solche Weise
daß die Ortlichkeitsbezeichnung nicht die Ortlich¬
mehrerer, worin der eine den andern zu überholen der Umkreis eines jeden genau bestimmt werde.
keit als solche, sondern die Art der Ware kundgebe,
sucht, so müssen auch hier gewisse Kampfregeln Mit diesen Mitteln suchte man in früheren Zeiten
wie sie an diesem Orte hergestellt werde, und
beobachtet werden, denn sonst würde der Sieg
zu wirken, und sie haben natürlich eine relative
daß jede Ware ähnlicher Art mit demselben Ortlich¬
nicht demjenigen zukommen, der am besten für Bedeutung gewonnen. Das Recht der Waren¬
keitsnamen benannt werden dürfe. Vielfach sind