II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 126

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B
25 Enhandi
schnitt aus: Die Zeit, Wien
26. OKTODER 1912
Theater und Kunst.
Schnitzlers „Professor Bernhardi“ verboten.
= Slalthalterei hat dem Deutschen
Volkstheater die Aufführung der neuen
fünfaktigen Komödie „Professor Bern¬
hardi“ von Artur Schnitzler ohne An¬
gabe von Gründen untersagt. Die Direk¬
tion wird den Rekurs an das Ministerium des
Innern ergreifen.
Wie wir erfahren, liegt der Konflikt in dem
Drama „Professor Bernhardi“ in dem Zu¬
sammentreffen eines Arztes und eines Priesters
vor dem Sterbezimmer einer Kranken. Der
Priester will der Kranken die letzte Oelung zu¬
teil werden lassen. Da die Kranke die Hoffnung
äußert, wieder gesund zu werden und ihre
Kräfte wieder zu gewinnen, will der Arzt ihr
diese Hoffnung nicht rauben lassen und sucht
deshalb zu vereiteln, daß die Kranke mit den
Sterbesakramenten versehen werde, da ihr sonst
ihr hoffnungsloser Zustand klar würde. Der
Priester will sich jedoch nicht abhalten lassen,
zu tun, was er für das Seelenheit der Sterben¬

den für notwendig findet. Die Kranke erfahrt
von der Anwesenheit des Priesters im Hause,
gerät hierüber in heftige Aufregung und stirbt,
noch ehe der Geistliche das Sterbezimmer be¬
treten hat. Im Verlaufe des Wortwechsels hatte
der Professor dem Priester die Hand auf die
Schulter gelegt. Diese Geste wird nun von
zwei Denunzianten, einem Arzt und der
Krankenschwester, als Stoß bezeichnet, den
Bernhardi dem Priester versetzt haben soll.
Bernhardi wird wegen Religionsstörung an¬
geklagt und zu zwei Monaten Kerker ver¬
urteilt. Da widerruft die Krankenschwester ihre
Aussage und zeiht sich selbst eines Meineids.
Mit dem Ausblick auf die Revision des Straf¬
verfahrens schließt das Stück.
Schnitzler hatte sein Werk zuerst dem Burg¬
theater eingereicht, das aber das Drama wegen
stofflicher Bedenken abgelehnt hat. Mit dem
Verbot am Deutschen Volkstheater ist jedoch noch
nicht das letzte Wort gesprochen, da das Theater
an das Ministerium des Innern rekurriert.
box 30/2
Mlustriertes Wiener Extrablatt
vom:
Wien
B
Theaterzitung.
Scnihlers „Professor Bernhardi“
ver¬
boten.
Aus der Direktionskanzlei des Deutschen
Volkstheaters ist uns folgende Notiz zugekommen:
„Die Statthalterei hat dem Deutschen
Volkstheater die Aufführung der neuen fünf¬
aktigen Komödie „Professor Bernhardi“
von Artur Schnitzler ohne Angabe von
Gründen untersagt. Die Direktion wird den
Rekurs an das Ministerium des Innern
ergreisen.“
Die Leser kennen aus unseren früheren Mit¬
teilungen den Konflikt in dem Drama: Ein Arzt
trifft mit einem Priester vor dem Sterbebette einer
Kranken zusammen. Der Priester ist gekommen, um
der Frau die letzte Oelung zu reichen. Doch die
Schwerkranke glaubt noch an ein Wiedererstarken
ihrer Kräfte. Deshalb erachtet es der Arzt für seine
Pflicht, ihr die Hoffnung nicht rauben zu lassen.
Der Priester besteht auf der Versehung der Frau
mit den Sterbesakramenten. Bevor er das Zimmer
betreten konnte, ist die Kranke verschieden... die
Aufregung über die Anwesenheit des Priesters hat
den Heimgang beschleunigt.
Das Deutsche Volkstheater legte die Dichtung
Mitte des Monates September der Zensurbehörden
vor. Bald darauf konnten wir melden, es seien
Bedenken aufgetaucht. Man übergab das Buch den
Zeusurbeiräten und holte ihre Meinungen ein. Der
Inhalt dieser Gutachten entzieht sich der Kenntnis
der Oeffentlichkeit; man geht kaum fehl, wenn
man annimmt, die Mehrheit der Beiräte habe sich
ablehnend verhalten. Schon seit einigen Tagen ver¬
lautele in Schauspielerkreisen von einem bevorf
stehenden Verbote des Werkes, doch bestand die
Hoffnung, es werde gelingen, durch Retouchen in
Dialoge die Zensur zu einer Aenderung ihrer Ent
scheidung zu bestimmen. Bemerkenswert ist, daß dig
Aehördf für ihr, Verhot keine Gründe angegeben hate
aus
6. Sdegtarter Zeitung
Kleines Feuilleton.
* Der censurierte S#itteu Wien wird uns
unterm heutigen Datum berichtet: Das Trama „Professor;
Pernhardi“ von Arthur Schnitzler, das (wie schon
kurz gemeldet) von dem Zenfurverbot betroffen worden
ist. behandelt den Konflikt zwischen Arzt und Geistlichem
am Sterbebetle. Eine Tadkranke begt vie Hoffnung, wie¬
der gesund zu werden, und der Arzt sucht infolgedessen zu ver¬
hindern, daß der Geistliche, der zur letzten Oelung von der
Familie gerufen worden ist, in das Krankenzimmer eintrete.
Es kommt zu einem Wortwechsel zwischen Arzt und Geist¬
lichem, den die Kranke hört. Sie regt sich darüber so auf, daß
#ie süebt, bevor der Geistliche zu ihr ins Zimmer gelangt. In
per erregten Diskussion hat der Arzi dem Priester'die Hand
die Schitlier gelegt. Hiese Sendbeleanen wir sonen
anderen Arzi und der Framenschwester #n #in ###loß
ziert und Bernhardi wird wegen Religionsstorung angeklagt s
und zu drei Monaten Kerker verurteilt. In der Verhandlung
miberruft dann die Krankenschwester ihre Aussage und flagt
sich selbst des Meineids an. Mit dem Ausblick auf eine Revi¬
sien des Prozesses endet das Stück, das sich. wie man verous¬
setzen kann, jeder unehrerbietigen Aeußerung gegen die Reli¬
gion enthält, aber dennoch nicht Gnade vor einer österreichischen
##urbebörde findet. Dus Zensurverbot ist übrigensvom“
Zeufur#ngt nicht einstimwie ausgesprochen word