II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 129

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usschnitt aus:
om: 300K1 912
Das Verbot von Schnitzlers neuem Drama.
Eine Interpellation-im-Abgeordnetenhause.
Wien, 29. Oktober (Privat). Die sozialdemo¬
kratischen Abgeordneten Max Winter und Gen.
haben in der heutigen Sitzung des Abgeordneten¬
hauses eine Interpellation an den Minister des
Innern in Angelegenheit des Verbotes des neuen
Dramas von Artur Schnitzler eingebracht. In der
Interpellation wird ausgeführt, daß das Drama
deshalb verboten worden sein soll, weil es seinen
Ausgangspunkt von der Verpfaffung der Kranken¬
zimmer nimmt und die widerwärtigen Behelligun¬
gen, denen ahnungslose Kranke durch zudringliche
Proselytenmacher ausgesetzt sind, schildert. Die In¬
terpellanten verlangen die sofortige Aufhebung des
Verbotes, das ohne Angabe von Gründen erfolgt
ist und Oesterreich vor dem Auslande zu kompro¬
mittieren geeignet sei. Ferner verlangen sie die Ein¬
berufung von freien Schriftstellern in den Zensur¬
beirat an Stelle ausgedienter Staatsanwälte und
rückgratloser Beamten, sowie endlich die Abänderung
des veralteten willkürlichen und rein administrati¬
ven Zensurverfahrens, wenigstens in der Weise, daß
ein Rekurs an den Verwaltungsgerichtshof möglich
gemacht wird.
Saig, Toroite.
(Quellenangabe ohne
iner Borsen Zertüffg, Berliu
usschnitt aus:
Morgenausgabe
im:
—90 ON.S

— Arthur Schnitzlers neues Drama „Professor
Bernhardi“, ist von der Wiener Zensur ohne
Angabe von Gründen verboten worden. Der
Konflikt des Dramas besteht in dem Zusammentressen
eines Arztes und eines katholischen Priesters an
einem Sterbelager. Es spielt sich nun folgende
Szene
ab: Der Arzt (Professor Bernhardi)
und der Priester geraten in einen Wort¬
wechsel, in dessen Verlauf der Arzt seine Hand
auf die Schulter seines Partners legt. Diese
Bewegung wird von der Krankenschwester den Be¬
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hörden dennmiert, als ob der Prof. Bernharbi
dem Priester einen Stoß versetzt hätte. Prof. Bern¬
hardi wird wegen Religionsstörung angeklagt und
zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Nach dem
Urteil widerruft erst die Krankenschwester ihre Aus¬
sage und stellt sich selbst dem Gericht wegen ihres
Meineides. Das Stück schließt damit, daß der Re¬
vision in dem Verfahren gegen Bernhardi statt¬
gegeben wird.
In Matansk.
box 30/2
Ausschnitt aus: Neues Wiener Jourhal, Wier
3001719•2
vom:
Theater und Kunst.
Das Verbot von Schnitzlers Drama
„Professor Bernhardy“.
Eine Interpellation im Parlament.
Die Abgeordneten Max Winter, Hanusch und Ge¬
nossen stellten im Abgeordnetenhause gestern folgende Anfrage
an den Minister des Innern:
„Dieser Tage wurde die Direktion eines Wiener Theaters
verständigt, daß die niederösterreichische Statthalterei das neue
Drama von Artur Schnitzler einfach, ohne Angabe von
Gründen, verboten habe. Die Direktion des Theaters rekurrierte
an das Ministerium des Innern, das nun Gelegenheit hat, die
Frage nach einem höheren Gesichtspunkte zu entscheiden. Artur
Schnitzler gehört zu denjenigen Dramatikern Oesterreichs, die über
die Grenzen ihres Vaterlands gedrungen sind. Es wäre tief be¬
schämend, daß ein Dichter, wie Schnitzler, in seiner Heimat ver¬
boten, draußen aber, jenseits der schwarz=gelben Pfähle, freigegeben
würde. Wie man hört, ist das Verbot deshalb erfolgt, weil Schnitzlers
Drama an einen, infolge der Verpfaffung der Krankenzimmer
allmählich weiterverbreiteten Vorgang anknüpft, nämlich an jene
widerwärtigen Behelligungen, denen ahnungslose Kranke so oft
durch zudringliche Proselytenmacher ausgesetzt werden. Doch ist bei
der künstlerischen Art dieses Dichters jede vulgäre Tendenzmache
ausgeschlossen. Um so peinlicher berührt dieses anmaßende
Verbot gegenüber einem Dichter, der im k. k. Hofburgtheater
ständig im Spielplan steht. Der niederösterreichische Zensurbeirat
hat sich leider nicht zu einem entschiedenen Protest gegen dieses
beschämende Verbot aufgerafft!
Die Unterzeichneten fragen nun den Herrn Minister des
Innern:
1. Wollen Sie das Ministerium anweisen, dieses be¬
schämende und vor dem Auslande kom¬
promittierende Verbot, das ohne Angabe von
Gründen erfolgt ist, sofort auf zuheben?
2. Wollen Sie daran gehen, in den Zensurbeirat der ein¬
zelnen Königreiche und Länder statt ausgedienter Staats¬
anwälte und rückgratloser Beamter freie
Schriftsteller einzuberufen, ähnlich wie dies zum Beispiel in
Bayern der Fall ist, wo angesehene Autoren im Zensurbeirat
die Rechte der Schriftsteller männlich verfechten?
3. Ist der Minister des Innern endlich gewillt, das alte,
willkürliche, rein administrative Zensur¬
sverfahren in der Weise zu ändern, daß wenigstens, wie
selbst in Preußen, ein Rekurs an den Verwaltungs¬
gerichtshof möglich ist, auf daß unsere verbohrte
[Zensuxpraxis uns nicht länger zum Gespött der anderen
senropäischen Staaten mache?“