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25. BrofesserBernhandi
Erklärung nicht abgeben, weil sie der heiligen Sache, der leben=lassen nicht abhold zu sein. „Auch d
machen Konzessionen,“ sagt ihm sein M
er diente, geschadet hätte, jene Ueberzeugung, jene „gering¬
könnten sie nicht Hofräte werden.“ Radikal
fügige Wahrheit“ folglich „in einem höheren Sinne Lüge“ ge¬
mittlere Linie die Tat — dies etwa die
worden wäre. In einem höheren Sinne? Ganz dieselbe
Hofrats. Den Geistlichen hätte er ohne Zwei
Wendung gebraucht Flint, wenn er aus dem Anständigen:
lassen, und den Starrsinn des Professors
das Unmoralische präpariert. Der große Unterschied ist
recht begreifen: er sei ja doch nicht zum*
nur, daß diese Kasuistik beim Minister höchst eigennützige
boren. Worauf ihm der Professor antworte
Zwecke fördert, während sie der Pfarrer in voller Selbst¬
er auch gar nicht daran dachte, irge
losigkeit in den Dienst seiner Kirche stellt. Es ist die
reformieren. Ihn gelüstete nicht nach dem
schönste Szene des Stückes, diese Aussprache zwischen
weniger nach dem Kreuz. Er wollte nur
Mann des Glaubens und Mann der Wissenschaft, auch
Pflicht erfüllen und einer Kranken ein glüe
die notwendigste gewissermaßen, la scène à faire. Einen
bereiten. Er habe, begnügt er sich zu sa.
Ausgleich der Meinungen und Einklang der Seelen kann
ganz speziellen Fall einfach getan, wat
es da freilich nicht geben, doch die Trennung erfolgt ohne
Richtige hielt.
jeglichen Groll:
Hofrai. Das war eben das Gefehlte
Pfarrer (sieht ihn lang an — dann, mit einem plötzlichen
man nur einmal in der Früh' anfing, do
Entschluß streckt er ihm die Hand entgegen.)
tun, und so in einem fort den ganzen
Bernhardi (zögernd, ganz wenig lächelnd): Ueber —
Richtige, so säße man, sicher noch vorm ?
den Abgrund, Hochwürden ?.
Kriminal.
Pfarrer: Lassen Sie uns — nicht hinabschauen
Bernhardi. Und soll ich Ihnen
- für einen Augenblick!
Herr Hofrat? Sie in meinem Fall hätten
handelt.
So scheiden die zwei Unversöhnlichen, Unversöhn¬
Hofrat. Möglich! — Da wär' ich
baren, zwar nicht in Frieden und Freundschaft, doch voll
schuldigen schon, Herr Professor — g'rad so
gegenseitiger Hochachtung und beinahe in Liebe. In
wesen wie Sie. (Vorhang.)
dieser Szene, wie durch das ganze Stück hin, offenbart sich
die männliche Objektivität des Dichters, die geistige Frei¬
Etwas zynisch im Ton, aber das H
heit, mit der er seinen Stoff behandelt. Hier erreicht er
rechten Fleck, so ist dieser Mann mit der D.
den Gipfel, von dem er sein „weites Land“ bes zum
leicht gibt es mehr solcher Hofräte hierzula.
fernen Horizont überblicken kann, hier steht er wirklich
zu wünschen, weil dann das anfangs so
über aller Politik, und gerne klettert man ihm nach.
surierte Werk am Ende doch auf Erlösung
Leider vermag man ihm nicht mehr zu folgen, wenn
Es ist ein ernstes, gedankenschweres Stück,
dann Bernhardi mit seiner unverständlichen Weigerung,
sittliche Gehalt dem ästhetischen Wert die 9
den Prozeß wieder aufzunehmen, sich einstellt. Zum Glück
geißeit die gemeinsten Triebe und verherrli
tritt in diesem Augenblick jener Hofrat Winkler auf den
im Menschen. Durch Werke solcher Art wi
Plan und belehrt den sonderbaren Querkopf, daß seine
zur moralischen Anstalt, und gerade dieses
„Geschichte“ nicht zu Ende sei, weil sie jetzt erst recht an¬
vom Theater ausgeschlossen! Nun liegt da
fange. Man halte den Hofrat nicht für eine zweideutige,
den Schaufenstern des Büchermarktes mit
doppelzüngige Natur. Er gönnt sich halt den Luxus,
Schleife versehen: „Aufführung in Wien:
neben seinem Beruf noch eine Meinung zu haben, und
auch ihm wird die Stunde der Befreiung s.
die versteigt sich oft ins Extreme. Sein Amtsrock hat
wird der Tag kommen, wo dieses echte Wie
nun einmal ein sozialdemokratisches Unterfutter. Im das Licht der Bühne zu erblicken, nicht¬
übrigen scheint er einem echt wienerischen leben und haben wird, nach Berlin auszuwandern.
Diese Sihilderung
ihn wohl jeder gedacht
Schreibtische sitzt und K
nun
Schließlich:
Die 55. Fortsetzung des
Mar Ludwig. Seite
25. BrofesserBernhandi
Erklärung nicht abgeben, weil sie der heiligen Sache, der leben=lassen nicht abhold zu sein. „Auch d
machen Konzessionen,“ sagt ihm sein M
er diente, geschadet hätte, jene Ueberzeugung, jene „gering¬
könnten sie nicht Hofräte werden.“ Radikal
fügige Wahrheit“ folglich „in einem höheren Sinne Lüge“ ge¬
mittlere Linie die Tat — dies etwa die
worden wäre. In einem höheren Sinne? Ganz dieselbe
Hofrats. Den Geistlichen hätte er ohne Zwei
Wendung gebraucht Flint, wenn er aus dem Anständigen:
lassen, und den Starrsinn des Professors
das Unmoralische präpariert. Der große Unterschied ist
recht begreifen: er sei ja doch nicht zum*
nur, daß diese Kasuistik beim Minister höchst eigennützige
boren. Worauf ihm der Professor antworte
Zwecke fördert, während sie der Pfarrer in voller Selbst¬
er auch gar nicht daran dachte, irge
losigkeit in den Dienst seiner Kirche stellt. Es ist die
reformieren. Ihn gelüstete nicht nach dem
schönste Szene des Stückes, diese Aussprache zwischen
weniger nach dem Kreuz. Er wollte nur
Mann des Glaubens und Mann der Wissenschaft, auch
Pflicht erfüllen und einer Kranken ein glüe
die notwendigste gewissermaßen, la scène à faire. Einen
bereiten. Er habe, begnügt er sich zu sa.
Ausgleich der Meinungen und Einklang der Seelen kann
ganz speziellen Fall einfach getan, wat
es da freilich nicht geben, doch die Trennung erfolgt ohne
Richtige hielt.
jeglichen Groll:
Hofrai. Das war eben das Gefehlte
Pfarrer (sieht ihn lang an — dann, mit einem plötzlichen
man nur einmal in der Früh' anfing, do
Entschluß streckt er ihm die Hand entgegen.)
tun, und so in einem fort den ganzen
Bernhardi (zögernd, ganz wenig lächelnd): Ueber —
Richtige, so säße man, sicher noch vorm ?
den Abgrund, Hochwürden ?.
Kriminal.
Pfarrer: Lassen Sie uns — nicht hinabschauen
Bernhardi. Und soll ich Ihnen
- für einen Augenblick!
Herr Hofrat? Sie in meinem Fall hätten
handelt.
So scheiden die zwei Unversöhnlichen, Unversöhn¬
Hofrat. Möglich! — Da wär' ich
baren, zwar nicht in Frieden und Freundschaft, doch voll
schuldigen schon, Herr Professor — g'rad so
gegenseitiger Hochachtung und beinahe in Liebe. In
wesen wie Sie. (Vorhang.)
dieser Szene, wie durch das ganze Stück hin, offenbart sich
die männliche Objektivität des Dichters, die geistige Frei¬
Etwas zynisch im Ton, aber das H
heit, mit der er seinen Stoff behandelt. Hier erreicht er
rechten Fleck, so ist dieser Mann mit der D.
den Gipfel, von dem er sein „weites Land“ bes zum
leicht gibt es mehr solcher Hofräte hierzula.
fernen Horizont überblicken kann, hier steht er wirklich
zu wünschen, weil dann das anfangs so
über aller Politik, und gerne klettert man ihm nach.
surierte Werk am Ende doch auf Erlösung
Leider vermag man ihm nicht mehr zu folgen, wenn
Es ist ein ernstes, gedankenschweres Stück,
dann Bernhardi mit seiner unverständlichen Weigerung,
sittliche Gehalt dem ästhetischen Wert die 9
den Prozeß wieder aufzunehmen, sich einstellt. Zum Glück
geißeit die gemeinsten Triebe und verherrli
tritt in diesem Augenblick jener Hofrat Winkler auf den
im Menschen. Durch Werke solcher Art wi
Plan und belehrt den sonderbaren Querkopf, daß seine
zur moralischen Anstalt, und gerade dieses
„Geschichte“ nicht zu Ende sei, weil sie jetzt erst recht an¬
vom Theater ausgeschlossen! Nun liegt da
fange. Man halte den Hofrat nicht für eine zweideutige,
den Schaufenstern des Büchermarktes mit
doppelzüngige Natur. Er gönnt sich halt den Luxus,
Schleife versehen: „Aufführung in Wien:
neben seinem Beruf noch eine Meinung zu haben, und
auch ihm wird die Stunde der Befreiung s.
die versteigt sich oft ins Extreme. Sein Amtsrock hat
wird der Tag kommen, wo dieses echte Wie
nun einmal ein sozialdemokratisches Unterfutter. Im das Licht der Bühne zu erblicken, nicht¬
übrigen scheint er einem echt wienerischen leben und haben wird, nach Berlin auszuwandern.
Diese Sihilderung
ihn wohl jeder gedacht
Schreibtische sitzt und K
nun
Schließlich:
Die 55. Fortsetzung des
Mar Ludwig. Seite