Christschsozialen Priste r
beim Slawen genau so anerkennen,
sie wissen
verzeihe ihnen
wie beim Deutschen, — das ist gut
verdammt gut, was sie tun!" Ein
für Schullesebücher; wohin aber kämen
Stück, in welchem ein berühmter
unsere großen politischen Parteien ohne
Gelehrter vom Unterrichtsminister zu
ihre konfessionellen und nationalen
Kollegen zu sagen wagt: „Ja, dieser
Zänkereien, und wohin käme der kon¬
Flint, auf den ihr so große Hoff¬
stitutionell verschleierte Absolutismus,
nungen gesetzt habt, und der jetzt
den sich Dynastie und Bureaukraten
einfach der Handlanger der Klerikalen
so schön bei uns eingerichtet haben,
geworden ist. Dieser sogenannte Mann
wenn die großen Parteien ihre Juden¬
der Wissenschaft, unter dem die Pfaffen
feindschaft und ihren Chauvinismus
frecher geworden sind, als je. Wenn
plötzlich beiseite schöben und sich zu nütz¬
es so weitergeht, liefert er der schwarzen
licher Arbeit zusammenfänden?
Brut die ganze Schule aus, dieser
Man muß also nach Möglichkeit
Minister für Kultus und Heuchelei!“
jede Aufklärung der Bevölkerung zu
Ein Stück, worin der bei uns übliche
verhindern suchen. Bei der Vorliebe
innerpolitische Schacher der Regierung
des Österreichers, insbesondere des
und der Parteien mit schonungsloser
Wieners, fürs Theater wäre aber ein
Geringschätzung stigmatisiert wird —
aufklärendes Bühnenstück viel gefähr¬
ein solches Stück sollte aufgeführt
licher gewesen als zwei Dutzend Bro¬
werden und Zweifel, Nachdenken, ja
schüren.
Gewissenserforschung in der Seele von
Darum und bloß darum, ist „Pro¬
stumpfsinnigen Staatsbürgern wecken
fessor Bernhardi“ verboten worden.
dürfen? Und so wird auch das Mini¬
Selbstverständlich konnte man das im
sterium des Innern, an das rekurriert
Verbotsdekret nicht aussprechen. Die
wurde, das Zensurerkenntnis wahr¬
Behörde machte sich die Sache leicht,
scheinlich bestätigen.
indem sie das Verbot überhaupt nicht
Besonders hoch aber ist dem Men¬
begründete. Halboffiziell jedoch wurde
schen Schnitzler auch der Mut anzu¬
in den offiziösen Blättern erklärt, die
rechnen, mit dem er nicht nur den
Komödie sei verboten worden, weil sie
Klerikalen und der Regierung, sondern
einen Konflikt zwischen' Arzt und Prie¬
als aufrechter Bekenner der Wahr¬
ster behandle und dabei den Priester
heit auch unseren mächtigen, sich
ins Unrecht setze. Das ist natürlich
Lüge. Denn der Streitfall zwischen liberal und demokratisch nennenden
Tageszeitungen, denen Information,
Sensation, kurz das Geschäft über die
Gesinnung gehen, den Fehdehandschuh
hinschleudert: sie hätten es oft in der
Hand, durch vornehmes Schweigen
manchen schäbigen Gernegroß der Po¬
litik im Schlamm zu lassen, wohin er
gehöre; sie aber höben ihn durch ihre
Reklame für seine albernen Helden¬
taten aus dem Schmutz seiner Richtig¬
keit auf den Thron der Popularität,
auf den er — ohne ihre charakterlose
Nachhilfe — nie gelangen könnte ...
Es zeugt von achtenswerter Courage,
wenn ein Dramatiker bei der argen
Abhängigkeit des heutigen Bühnen¬
schriftstellers von der Tagespresse dar¬
auf hinweist, wie unsere großen Zei¬
tungen zwar von Juden geleitet, von
Juden geschrieben, und im Besitz von
Juden seien, gleichwohl jedoch bei
einem hetzantisemitischen Bürgermeister,
der sie schon zehnmal hinausgeworfen
habe, geduldig das elfte Mal um ein
Interview bettelten.
Übrigens verhielten sich die österrei¬
chischen Zeitungen anders, als die mit
der Waffe des Verbots ausrückende Be¬
hörde: sie widmeten dem „Professor Bern¬
hardi“ ausführliche, anerkennende Be¬
sprechungen, und jede einzelne tat so, als
ginge sie der gegen die Presse gerich¬
tete Vorwurf Schnitzlers nichts an.
Ein Preisausschreiben wäre zu er¬
lassen: Welche Taktik wohl die pfif¬
figere ist, die, zu verbieten, daß über
den Unrat im eignen Haus gesprochen
werde, oder die, so zu tun, als gäbe
es kein pudendum? Ich wünschte im
Interesse einer kleinen Läuterung von
Politik und Presse in Österreich, daß
beide Taktiken ohnmächtige Versuche
blieben und daß Schnitzlers Buch rei¬
nigende Wirkung übte.
Wilhelm von Wymetal,
11
beim Slawen genau so anerkennen,
sie wissen
verzeihe ihnen
wie beim Deutschen, — das ist gut
verdammt gut, was sie tun!" Ein
für Schullesebücher; wohin aber kämen
Stück, in welchem ein berühmter
unsere großen politischen Parteien ohne
Gelehrter vom Unterrichtsminister zu
ihre konfessionellen und nationalen
Kollegen zu sagen wagt: „Ja, dieser
Zänkereien, und wohin käme der kon¬
Flint, auf den ihr so große Hoff¬
stitutionell verschleierte Absolutismus,
nungen gesetzt habt, und der jetzt
den sich Dynastie und Bureaukraten
einfach der Handlanger der Klerikalen
so schön bei uns eingerichtet haben,
geworden ist. Dieser sogenannte Mann
wenn die großen Parteien ihre Juden¬
der Wissenschaft, unter dem die Pfaffen
feindschaft und ihren Chauvinismus
frecher geworden sind, als je. Wenn
plötzlich beiseite schöben und sich zu nütz¬
es so weitergeht, liefert er der schwarzen
licher Arbeit zusammenfänden?
Brut die ganze Schule aus, dieser
Man muß also nach Möglichkeit
Minister für Kultus und Heuchelei!“
jede Aufklärung der Bevölkerung zu
Ein Stück, worin der bei uns übliche
verhindern suchen. Bei der Vorliebe
innerpolitische Schacher der Regierung
des Österreichers, insbesondere des
und der Parteien mit schonungsloser
Wieners, fürs Theater wäre aber ein
Geringschätzung stigmatisiert wird —
aufklärendes Bühnenstück viel gefähr¬
ein solches Stück sollte aufgeführt
licher gewesen als zwei Dutzend Bro¬
werden und Zweifel, Nachdenken, ja
schüren.
Gewissenserforschung in der Seele von
Darum und bloß darum, ist „Pro¬
stumpfsinnigen Staatsbürgern wecken
fessor Bernhardi“ verboten worden.
dürfen? Und so wird auch das Mini¬
Selbstverständlich konnte man das im
sterium des Innern, an das rekurriert
Verbotsdekret nicht aussprechen. Die
wurde, das Zensurerkenntnis wahr¬
Behörde machte sich die Sache leicht,
scheinlich bestätigen.
indem sie das Verbot überhaupt nicht
Besonders hoch aber ist dem Men¬
begründete. Halboffiziell jedoch wurde
schen Schnitzler auch der Mut anzu¬
in den offiziösen Blättern erklärt, die
rechnen, mit dem er nicht nur den
Komödie sei verboten worden, weil sie
Klerikalen und der Regierung, sondern
einen Konflikt zwischen' Arzt und Prie¬
als aufrechter Bekenner der Wahr¬
ster behandle und dabei den Priester
heit auch unseren mächtigen, sich
ins Unrecht setze. Das ist natürlich
Lüge. Denn der Streitfall zwischen liberal und demokratisch nennenden
Tageszeitungen, denen Information,
Sensation, kurz das Geschäft über die
Gesinnung gehen, den Fehdehandschuh
hinschleudert: sie hätten es oft in der
Hand, durch vornehmes Schweigen
manchen schäbigen Gernegroß der Po¬
litik im Schlamm zu lassen, wohin er
gehöre; sie aber höben ihn durch ihre
Reklame für seine albernen Helden¬
taten aus dem Schmutz seiner Richtig¬
keit auf den Thron der Popularität,
auf den er — ohne ihre charakterlose
Nachhilfe — nie gelangen könnte ...
Es zeugt von achtenswerter Courage,
wenn ein Dramatiker bei der argen
Abhängigkeit des heutigen Bühnen¬
schriftstellers von der Tagespresse dar¬
auf hinweist, wie unsere großen Zei¬
tungen zwar von Juden geleitet, von
Juden geschrieben, und im Besitz von
Juden seien, gleichwohl jedoch bei
einem hetzantisemitischen Bürgermeister,
der sie schon zehnmal hinausgeworfen
habe, geduldig das elfte Mal um ein
Interview bettelten.
Übrigens verhielten sich die österrei¬
chischen Zeitungen anders, als die mit
der Waffe des Verbots ausrückende Be¬
hörde: sie widmeten dem „Professor Bern¬
hardi“ ausführliche, anerkennende Be¬
sprechungen, und jede einzelne tat so, als
ginge sie der gegen die Presse gerich¬
tete Vorwurf Schnitzlers nichts an.
Ein Preisausschreiben wäre zu er¬
lassen: Welche Taktik wohl die pfif¬
figere ist, die, zu verbieten, daß über
den Unrat im eignen Haus gesprochen
werde, oder die, so zu tun, als gäbe
es kein pudendum? Ich wünschte im
Interesse einer kleinen Läuterung von
Politik und Presse in Österreich, daß
beide Taktiken ohnmächtige Versuche
blieben und daß Schnitzlers Buch rei¬
nigende Wirkung übte.
Wilhelm von Wymetal,
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