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S 8
25 Enhandi
vom: 11.
RENINER TAGBL. 477
K
6 Literarischer Grenzschmnggel. Aus Wien wird berichtet: In
Oesterreich ist bekanntlich Artur Schu# Professor Bernhardi“
on der Zensur verboten worden, und alle Versuche, das Stück frei zu
sekommen, sind gescheitert. Nun veranstaltet Direktor Barnowsky in
der nächsten Woche ein auf vierzehn Tage berechnetes Gastspiel mit
dem Schnitzlerschen Stück im ungarischen Theater in Buda¬
pest. Da ist der Direktor dieser Bühne, Ladislaus Beöthy, auf eine
gute Idee verfallen. Damit auch die Wiener das verpönte Stück sehen
können, sollen sie, ähnlich, wie seinerzeit die Berliner zu den Wein¬
gartnerkonzerten nach Fürstenwalde fuhren, in einem Extrazug
von Wien nach Budapest zur Vorstellung gebracht werden.
Die Vorstellung soll am Nachmittag stattfinden, der
Extrazug um 8 Uhr morgens Wien verlassen und um 8 Uhr abends
wieder zurückfahren. Die Fahrkarten (80 Kronen in der ersten und
60 Kronen in der zweiten Klasse) berechtigen außer zur Fahrt und
zum Besuch der Vorstellung zur Einnahme eines Diners und Sovners
im Speisemagen.
Ausschnitt aus:
*
„Wiesbadner Tagblatt
vom: 2 41R. 1275
— Wiesbaden
Die Aufführung von Schnitlers „Prosessor
Bernhardi“, in eine vor ge¬
(ladenen Gästen wurde, wie aus Wien ielegraphiert wird, von
der Statthalterei nicht zugelassen. Damit ist die Aufführung
dieses Werkes in Wien endgültig verboten. Nun veranstaltet
Direktor Barnowsky in der nächsten Woche ein auf vierzehn
Tage berechnetes Gastspiel mit dem Schnitzlerschen Stück im
ungarischen Theater in Budapest. Damit auch die Wiener das
verpönte Stück sehen können, sollen sie, ähnlich, wie seinerzeit
digBerliner zu den Weingartnerkonzerten nach Fürstenwalde
ghren, in einem Ertrazug von D## nach Budapest zur Vor¬
stellung gebracht werden
Mildende Gunkt u #nn tala eL. „
600
Guchcnangabe ohne Gewähr.)
Hausfrauen Zeitung, Wien.
Ausschnitt aus:
13APR. 1913
vom:
Kleine Theaterplandereien.
Wien, 10. April 1913.
Draußen in Deutschland wird Schnitzlers österreichische Dichtung
„Professor Bernhardi“ überall gegeben, in Berlin hat bereits vor drei
Wochen die 100, en suite-Aufführung dieses Werkes stattgefunden —
bei uns aber bleibt dasselbe nach wie vor von der Behörde verboten.
Man schüttelt den Kopf, man versucht, die eigentlichen Ursachen dieses
Verbotes zu ergründen, aber geheimnisvoll sind die Wege der Zensur
und unergründlich bleiben deren Verdikte. Dies kam uns jüngst in
den Sinn, als im Josefstädter Theater Franz Dülbergs „Korallen¬
kettlin“ gegeben wurde, welches in Deutschland verboten ist und
hier von der Behörde anstandslos durchgelassen wurde. So können
durch diese ausgleichende Gerechtigkeit nun auch wir stolz auf unsere
freisinnige Zensur sein! Und doch ist dieses Werk gerade nicht ganz
unbedenklich; das „Korallenkettlin“ war im Mittelalter das Abzeichen
der Dirnen gewesen und Käthchen von Schließenberg will dasselbe er¬
ringen, um dem Kloster, das ihr bevorsteht, zu entfliehen. Aber den
ersten, der sich ihr nähert, ersticht sie und es würde ihr der Tod gewiß
sein, wenn der junge Prinz sich nicht in sie verliebte und sie zur Ge¬
mahlin nehmen würde. Bald jedoch ist der schöne Traum vorbei, der
unüberlegte Schritt bedrückt den Prinzen, Abfall und Aufruhr herrscht
in der Stadt. Da entflieht Käthchen heimlich und eilt dem sicheren Tode
entgegen. Dieses teils krasse, teils nicht richtig motivierte Schauspiel
zeigt jedenfalls das Talent des Verfassers, so daß Wirkung und Beifall
nicht ausblieben. Die Darstellung, besonders durch Helene Ritscher und
August Weipert kann nur lobend erwähnt werden.
box 30/2
Ausschnlft alMiontagsblatt aus Böhmen, Pr..#
11396.10
von
:
nen u emr
Literarischer Grenzschmuggel.
In Oesterreich ist bekanntlich Artur Schnitzlers
„Professor Bernhardi“ von der Zensur verboten worden
und alle Versuche, das Stück frei zu bekommen, sind ge¬
scheitert. Nun veranstaltet, wie gemeldet wird, Direktor
Barnowsky in der nächsten Woche ein auf vierzehn Tage
berechnetes Gastspiel mit dem Schnitzlerischen Stück im
ungarischen Theater in Budapest. Da ist der Direktor
dieser Bühne, Ladislaus Beöthy, auf eine gute Idee ver¬
fallen. Damit auch die Wiener das verpönte Stück sehen
können, sollen sie, ähnlich, wie seinerzeit die Berliner zu
den Weingartenkonzerten nach Fürstenwalde fuhren, in
einem Extrazug von Wien nach Budapest zur Vorstellung
gebracht werden. Die Vorstellung soll am Nachmittag statt
finden, der Extrazug um 8 Uhr morgens Wien verlassen
und um 8 Uhr abenos wieder zurückfahren. Die Fahr
karten (80 Kronen in der ersten und 60 Kronen in der
zweiten Klasse) berechtigen außer zur Fahrt und zum Be¬
—
such der Vorstellung zur Einnahme eines Diners und
Soupers im Speisewagen. Uebrigens hat die Zensur jetzt
auch die Aufführung des Schnitzler'schen Stückes vorge¬
ladenen Gästen verboten. Auf welche Gesetzesbei
stimmung sich diese Strangulierung eines bedeutsamen
dichterischen Werkes stützt, ist uns nicht bekannt. Interessand
bleibt nur für unsere heutigen Verhältnisse, daß man sich
dieses merkwürdige Verbot ruhig gefallen läßt und mit
dem engherzigen Standpunkt der Behörde einverstanden zu
sein scheint, die wie anno dazumal wähnt, die Glückseligs
keitdes Staatsbürgers von amtswegen überwachen zu
plüssen.
usschnitt aus: Illustrierten Wiener Extrablatt, Wien
Abendblatt,
11. APfl. 191
Som:
msemone
Theaterzeitung.
„Professor Beruhardi“ — endgiltig verboten.
Wie uns mitgeteilt wird, hat die Statthalterei
die Aufführung von S
ossor
Bernhardi“ selbst in einer geschlossenen Vor¬
stellung vor geladenen Gästen ver¬
boten, und zwar ahne Angabe von
Gründen. Der Hinweis darauf, daß die
Zensur doch die Aufführung von Wedekinds
„Die Büchse der Pandora“ vor geladenen
Gästen gestattet habe, übte auf die Zeusur keinen
Einfluß. Es ist dies unseres Wissens der erste Falle
daß man die Vorführung einer Dichtung vor ge¬
ladenen Gästen nicht erlaubt.
Dagegen hat das Deutsche Volkstheater die
Mitteilung erhalten, daß die Statthalterei die Auf¬
führung von Wedekinds neuester Dichtung
„Franziska“ zugelassen habe. Wedekind hat dieses
Werk vor einiger Zeit im Foyer des Deutschen Volks¬
theaters vor einem geladenen Publikum gelesen
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RENINER TAGBL. 477
K
6 Literarischer Grenzschmnggel. Aus Wien wird berichtet: In
Oesterreich ist bekanntlich Artur Schu# Professor Bernhardi“
on der Zensur verboten worden, und alle Versuche, das Stück frei zu
sekommen, sind gescheitert. Nun veranstaltet Direktor Barnowsky in
der nächsten Woche ein auf vierzehn Tage berechnetes Gastspiel mit
dem Schnitzlerschen Stück im ungarischen Theater in Buda¬
pest. Da ist der Direktor dieser Bühne, Ladislaus Beöthy, auf eine
gute Idee verfallen. Damit auch die Wiener das verpönte Stück sehen
können, sollen sie, ähnlich, wie seinerzeit die Berliner zu den Wein¬
gartnerkonzerten nach Fürstenwalde fuhren, in einem Extrazug
von Wien nach Budapest zur Vorstellung gebracht werden.
Die Vorstellung soll am Nachmittag stattfinden, der
Extrazug um 8 Uhr morgens Wien verlassen und um 8 Uhr abends
wieder zurückfahren. Die Fahrkarten (80 Kronen in der ersten und
60 Kronen in der zweiten Klasse) berechtigen außer zur Fahrt und
zum Besuch der Vorstellung zur Einnahme eines Diners und Sovners
im Speisemagen.
Ausschnitt aus:
*
„Wiesbadner Tagblatt
vom: 2 41R. 1275
— Wiesbaden
Die Aufführung von Schnitlers „Prosessor
Bernhardi“, in eine vor ge¬
(ladenen Gästen wurde, wie aus Wien ielegraphiert wird, von
der Statthalterei nicht zugelassen. Damit ist die Aufführung
dieses Werkes in Wien endgültig verboten. Nun veranstaltet
Direktor Barnowsky in der nächsten Woche ein auf vierzehn
Tage berechnetes Gastspiel mit dem Schnitzlerschen Stück im
ungarischen Theater in Budapest. Damit auch die Wiener das
verpönte Stück sehen können, sollen sie, ähnlich, wie seinerzeit
digBerliner zu den Weingartnerkonzerten nach Fürstenwalde
ghren, in einem Ertrazug von D## nach Budapest zur Vor¬
stellung gebracht werden
Mildende Gunkt u #nn tala eL. „
600
Guchcnangabe ohne Gewähr.)
Hausfrauen Zeitung, Wien.
Ausschnitt aus:
13APR. 1913
vom:
Kleine Theaterplandereien.
Wien, 10. April 1913.
Draußen in Deutschland wird Schnitzlers österreichische Dichtung
„Professor Bernhardi“ überall gegeben, in Berlin hat bereits vor drei
Wochen die 100, en suite-Aufführung dieses Werkes stattgefunden —
bei uns aber bleibt dasselbe nach wie vor von der Behörde verboten.
Man schüttelt den Kopf, man versucht, die eigentlichen Ursachen dieses
Verbotes zu ergründen, aber geheimnisvoll sind die Wege der Zensur
und unergründlich bleiben deren Verdikte. Dies kam uns jüngst in
den Sinn, als im Josefstädter Theater Franz Dülbergs „Korallen¬
kettlin“ gegeben wurde, welches in Deutschland verboten ist und
hier von der Behörde anstandslos durchgelassen wurde. So können
durch diese ausgleichende Gerechtigkeit nun auch wir stolz auf unsere
freisinnige Zensur sein! Und doch ist dieses Werk gerade nicht ganz
unbedenklich; das „Korallenkettlin“ war im Mittelalter das Abzeichen
der Dirnen gewesen und Käthchen von Schließenberg will dasselbe er¬
ringen, um dem Kloster, das ihr bevorsteht, zu entfliehen. Aber den
ersten, der sich ihr nähert, ersticht sie und es würde ihr der Tod gewiß
sein, wenn der junge Prinz sich nicht in sie verliebte und sie zur Ge¬
mahlin nehmen würde. Bald jedoch ist der schöne Traum vorbei, der
unüberlegte Schritt bedrückt den Prinzen, Abfall und Aufruhr herrscht
in der Stadt. Da entflieht Käthchen heimlich und eilt dem sicheren Tode
entgegen. Dieses teils krasse, teils nicht richtig motivierte Schauspiel
zeigt jedenfalls das Talent des Verfassers, so daß Wirkung und Beifall
nicht ausblieben. Die Darstellung, besonders durch Helene Ritscher und
August Weipert kann nur lobend erwähnt werden.
box 30/2
Ausschnlft alMiontagsblatt aus Böhmen, Pr..#
11396.10
von
:
nen u emr
Literarischer Grenzschmuggel.
In Oesterreich ist bekanntlich Artur Schnitzlers
„Professor Bernhardi“ von der Zensur verboten worden
und alle Versuche, das Stück frei zu bekommen, sind ge¬
scheitert. Nun veranstaltet, wie gemeldet wird, Direktor
Barnowsky in der nächsten Woche ein auf vierzehn Tage
berechnetes Gastspiel mit dem Schnitzlerischen Stück im
ungarischen Theater in Budapest. Da ist der Direktor
dieser Bühne, Ladislaus Beöthy, auf eine gute Idee ver¬
fallen. Damit auch die Wiener das verpönte Stück sehen
können, sollen sie, ähnlich, wie seinerzeit die Berliner zu
den Weingartenkonzerten nach Fürstenwalde fuhren, in
einem Extrazug von Wien nach Budapest zur Vorstellung
gebracht werden. Die Vorstellung soll am Nachmittag statt
finden, der Extrazug um 8 Uhr morgens Wien verlassen
und um 8 Uhr abenos wieder zurückfahren. Die Fahr
karten (80 Kronen in der ersten und 60 Kronen in der
zweiten Klasse) berechtigen außer zur Fahrt und zum Be¬
—
such der Vorstellung zur Einnahme eines Diners und
Soupers im Speisewagen. Uebrigens hat die Zensur jetzt
auch die Aufführung des Schnitzler'schen Stückes vorge¬
ladenen Gästen verboten. Auf welche Gesetzesbei
stimmung sich diese Strangulierung eines bedeutsamen
dichterischen Werkes stützt, ist uns nicht bekannt. Interessand
bleibt nur für unsere heutigen Verhältnisse, daß man sich
dieses merkwürdige Verbot ruhig gefallen läßt und mit
dem engherzigen Standpunkt der Behörde einverstanden zu
sein scheint, die wie anno dazumal wähnt, die Glückseligs
keitdes Staatsbürgers von amtswegen überwachen zu
plüssen.
usschnitt aus: Illustrierten Wiener Extrablatt, Wien
Abendblatt,
11. APfl. 191
Som:
msemone
Theaterzeitung.
„Professor Beruhardi“ — endgiltig verboten.
Wie uns mitgeteilt wird, hat die Statthalterei
die Aufführung von S
ossor
Bernhardi“ selbst in einer geschlossenen Vor¬
stellung vor geladenen Gästen ver¬
boten, und zwar ahne Angabe von
Gründen. Der Hinweis darauf, daß die
Zensur doch die Aufführung von Wedekinds
„Die Büchse der Pandora“ vor geladenen
Gästen gestattet habe, übte auf die Zeusur keinen
Einfluß. Es ist dies unseres Wissens der erste Falle
daß man die Vorführung einer Dichtung vor ge¬
ladenen Gästen nicht erlaubt.
Dagegen hat das Deutsche Volkstheater die
Mitteilung erhalten, daß die Statthalterei die Auf¬
führung von Wedekinds neuester Dichtung
„Franziska“ zugelassen habe. Wedekind hat dieses
Werk vor einiger Zeit im Foyer des Deutschen Volks¬
theaters vor einem geladenen Publikum gelesen