II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 183

Theatet.
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Nun wicd „Aedfessot Bernhärdi“ auch in
Preßburg nicht aufgeführt und so haben einige
übereifrige Agenten dem Freisinn eine neue Schlappe
verschafft.
Müssen denn die Taten des Liberalismus
grade in der schwülen Theateratmosphäre vollbracht
werden, ist alles Männliche bereits im Theatralischen
ersoffen.
Arthur Schnitzler hätte auch einen besseren
Einfall haben können, als die Gründung der Poli¬
klinik zu einem Markstein des Freisinns zu gestalten.
Er weiß es ja aus erster Quelle, daß es sich
damals nicht um politische Probleme gehandelt hat,
sondern um die Mittel, einigen strebsamen Arzten
den Weg zu Namen und Praxis zu bahnen.
Warum das so tragisch auffassen?

Im Johann Straußtheater, wo sonst
Girardi echt wienerische Heiterkeit entfesselt, geht
es jetzt berlinerisch zu.
Das Berliner „Kleine Theater“ ist hier zu
Gast und bringt ernst zu nehmende Novitäten.
Das letzte Mal kam Norwegen das Land
des Leberthrans und der Problemdramatik
zu Wort.
Björnson ist, gegen Ibsen gehalten, recht
schwach, aber er hat immerhin etwas zu sagen.
„Paul Lange und Tora Parsberg“ ist
eine ziemlich verwickelte Geschichte, die teils psy¬
chologisch, teils effektdramatisch gehalten ist.
Das Drama wurde von den Berlinern mit
ihrer charakteristischen Intelligenz und unterstreichenden
Sorgsamkeit gespielt. Sehr gut ist Herr Steinrück,
vortrefflich die Herren Abel und Klein=Rhoden.
Die Lossen bot als halbe Titelheldin eine
wohl abgerundete Leistung.
Unangenehme Szenen spielten sich jüngst im
Hofoperntheater ab, als Frau Mildenburg die
Isolde sang. Man kann eine Künstlerin sehr hoch
schätzen und es doch unstatthaft finden, wenn sie mit
den letzten Stimmresten anderen aufstrebenden
Talenten den Weg verlegt.
In Kunstsachen gibt es kein Erbarmen und
keine Pietät und Hermann Bahr, der Gatte der
Frau Mildenburg, hat oft genug gegen Abgelebtes
mit dem kritischen Schwert gewütet.
Die Volksbühne hat eine sehr interessante
Novität an „Alles um Geld“ von Herbert
Enlenberg gewonnen.
Es ist ein flammender Protest gegen die Macht
des Geldes und dürfte dem Dichter viel klingenden
Lohn bringen.
Was doch diese Leute gegen das Geld haben?
Wir finden, es wird sehr verleumdet, denn kaum
ein zweites Ding gewinnt so bei näherer Bekannt¬
schaft wie das Geld.
Es ist übrigens eine große Torheit, dem Geld
die Schuld zu geben, wenn törichte Menschen damit
nicht umgehen können. Es heißt, die Messer ver¬
dammen, weil sich schon viele Leute in den Finger
geschnitten haben.
Inszenierung und Darstellung waren in der
Volksbühne sehr lobenswert.
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dort Eigenart zu geben, wo sie nicht bei der demokratischen Kritik
der Staatseinrichtungen beharrt. Ihren menschlichen Angelegenheiten
kann sie nicht anders als mit den Mitteln einer überlebten
Blumigkeit beikommen. Das zeigt sich am besten, wenn der
sozialdemokratische Reporter das Begräbnis eines Parteimannes
schildert, an dem ein Sonnenuntergang ganz so plastisch mitwirkt
wie bei einem ähnlichen Anlaß auf liberaler Seite, und wo,
um jeder Mißdeutung aus dem Wege zu gehen, aus dem schlichten
Proletarier ein stolzer -Proletar- gemacht wird.
J.-42
(o Il)
Das Schiff der Kultur
(Motto: Der Wali, wie Sie wissen, hat es verboten, aber Heller aus
Wien kommt eigens und führt es auf. Er hat sich geäußert: wenn der
Wali sich auf den Kopf stellt, er laßt es sich nicht nehmen, Kultur
nach-Preßburg zu tragen.: Ein tüchtiger Mensch....*)
Ja es ist eine große Zeit in der wir leben, denn im Morgen¬
blatt steht zu lesen:
Theater, Kunst und Literatur.
„Professor Bernhardi“.
Im Extrazug nach Budapest.
Und im Abendblatt heißt es bereits:
Theater, Kunst und Literatur.
„Professor Bernhardi“.
Im Separatdampfer nach Preßburg.
Gott dieser Heller läßt einen ja gar nicht zu Atem kommen,
und wenn sich auch der Kulturgedanke den praktischen Schwierig¬
keiten anpassen mußte und aus dem Unternehmen vorläufig nichts
weiter wurde als ein -Professor Bernhardi, im Extrazug nach
Preßburge, so steht doch fest, daß wir über kurz oder lang auf
den Professor Bernhardi per Luftschiff hereinfahren werden nach
Großwardein. Die ldee mit dem Separatdampfer ist indes so
erhaben, daß wir ihr wie einem Meteor nachblicken und noch
lange gebannt in die Himmelsrichtung schen, wo sie aufgeflammt
ist.. Sind's Argonauten, die gen Preßburg ziehen, um das goldene
Vließ zu erobern, da ihnen der Franz Josefsorden unerreichbar ist?
Sinds Wikinger auf abenteuernder Fahrt? Normänner? Nein, auch
Frauen. Jene, die es ihrer Nächsten richt gönnen, wenn sie hören,
daß der Gatte definitiv impotent g.worden sei, und fragen, ob das
mehr ist als kaiserlicher Rat. Preßpiraten und Ringstraßenkorsaren.
Dieses mit den höchsten Ansprüchen an die Kunst gerüstete
gottlieher wird.
In der letzten Zeit ist Hermann Bahr dem lieben Gott schon gar
##serden Er hat sogar, verdrossen über die Wiener Ver¬
en „ Rurschen