II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 221

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25. Professor Bernhardi
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O
S
Donnerstag, den 9. Januar 1913.

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W

hatten, stellen, während no males Blutserum solche nicht beherbergt, also
was so das Mutterkuchengemebe im Experiment unbeeinflußt läßt. Vor
Da war
allem wichtig ist dabe., daß die Fermente, die der Körper zu seinem
durfte,
Schutz gegen die blutfremden Elemente bildet, streng spezifisch
kum ge¬
wirken, d. h. nur das Eiweiß des Mutterkuchens abbauen, alle
andern Eiweißarten aber nicht. Eierweiß, Pflanzeneiweiß, Kasein
er war
wird von dem Blutserum schwangerer Individuen nicht zerlegt,
taxe die
wenigstens nicht nach den bis jetzt vorliegenden Resultaten. Auf
Töpfe,
Grund dieser Experimente können wir heute also aus dem Blut¬
beides
serum feststellen, ob eine Person schwanger ist oder nicht; es ist
he. Er
keine Frage, daß diese theoretisch hochinteressante Tatsache auch in
uschigen
praktischer Hinsicht als Bereicherung unsrer diagnostischen Methoden
von großer Bedeutung werden kann.
Laib
Bei seinen Versuchen benutzte Abderhalden stets Mutterkuchen
#en ein¬
der Tierart, deren Blutserum zu untersuchen war, also menschliche
am zu
Plazenta, wenn er ein vom Menschen stammendes Serum unter¬
terleben
suchen wollte, Kuhplazenta, Stutenplazenta, wenn Rinder= bezw.
6, der
Pferdeserum geprüft werden sollte. Diese Versuchsanordnung ent¬
spricht den natürlichen Verhältnissen; denn von den losgerissenen
Zellen der Menschenplazenta werden die Schutzfermente im Blute
Rund
der schwangeren Frau, von denen der Kuhplazenta die Schutzser¬
mente im Blute des Rindes veranlaßt. Es hat sich nun aber im Ver¬
üßten
lauf weiterer Untersuchungen gezeigt, daß die Schutzfermente, die
sich im Blutserum der einen Tierart bilden, auch auf das Mutter¬
urchs
kuchengewehe andrer Tierarten abbauend wirken, wenn auch nicht in
derselben Stärke. So wirkt das Serum trächtiger Stuten auch auf
süben
rlern
Plazentagewebe vom Menschen und vom Rinde, umgekehrt das
Serum schwangerer Frauen auch auf Plazenta andrer Warmblüter.
den
Daraus läßt sich ohne weiteres der Schluß ziehen, daß die ent¬
sprechenden Organe verschiedener Tierarten sehr verwandte Eiwei߬
uten,
e ge¬
arten enthalten, daß also eine hochgradige Organverwandtschaft in
verschiedenen Tierklassen besteht.
Nüsse
Faust
Das Blutserum schwangerer Individuen vermag also das Ei¬
ihren
weiß des Organs, von dem während der Schwangerschaft fortgesetzt
Re¬
Zellen in den Blutkreislauf gelangen, abzubauen; diese Reaktion
erweist sich sogar auch dem entsprechenden Organeiweiß andrer
e im
Tierarten gegenüber wirksam. Hingegen werden die Eiweißstoffe
andrer Organe als die der Plazenta vom Serum Schwangerer nicht
hlich
angegriffen. In weiteren Untersuchungen wird noch festgestellt wer¬
men
den müssen, ob sich solche spezisisch wirkenden Schutzfermente nur
insch
während der Schwangerschaft ausbilden, ob nicht vielleicht auch bei
daß
andern abnormen Zuständen des Körpers Stoffe auftreten, die das
Plazentaeiweiß abzubauen vermögen. Vorläufig haben sich solche
eder
Ausnahmen, die den praktischen Wert der Methode beeinträchtigen
aßen
würden, noch nicht finden lassen; wir sind daher in der Lage, ein¬
wandfrei aus der Untersuchung des Bluts die Diagnose der Schwan¬
gerschaft stellen zu können. Es ist sehr denkbar, daß sich ähnliche
Verfahren auch zur Feststellung andrer Zustände, die mit Abstoßung
bestimmter Zellen oder bestimmter Eiweißgebilde in das Blut ein¬
hergehen, ausbilden lassen. Bei gewissen Krankheiten, bösartigen
Geschwülsten, Schilddrüsenvergrößerungen usw., werden ebenfalls
Zellen oder Zellprodukte, die normalerweise im Blute nichts zu
en.
suchen haben, in den Kreislauf abgestoßen und hier vielleicht auch
eder durch Schutzfermente abgebaut. So kann der Nachweis spezifischer
anis¬
Fermente, der uns von Abderhalden gelehrt ist, eine wertvolle Be¬
Ver¬
reicherung unsrer diagnostischen Methoden werden.
utz=
Wir haben gesehen, daß Fermente bei dem organischen Geschehen
Blut
im Tier= und Pflanzenreich eine große Rolle spielen; nur einen
isisch
kleinen Teil aller Vorgänge, die durch Fermente bewirkt werden,
Wege
haben wir in den Kreis unsrer Betrachtungen ziehen können. Im¬
wir
mer handelt es sich um Abbauprozesse, um Zerlegung kompliziert
ein¬
zusammengesetzter chemischer Gebilde in einfachere Stoffe. Die zahl¬
bei¬
reichen Fermente, die sich in der Hese vorfinden,
mit Recht hat
man
man die Hefezelle ein biologisches Laboratorium der Ferment¬
ssung
spalten Kohlehydrate bis zum einfachen
erzeugung genannt
pritzt
Zuckermolekül; auch dieses unterliegt unter dem Einfluß des in
nun
der Hefe gebildeten Gärungsferments, der Buchnerschen Zymase,
zu¬
einer weiteren Spaltung in Kohlensäure und Alkohol.
Andre
mitGärungsprozesse, die Essiggärung, die Milchsäure= und Buttersäure¬
gärung werden ebenfalls durch Fermente ausgelöst, die im Leibe be¬
eile stimmter Mikroorganismen zur Bildung gelangen. Wie Buchner
difen, bewiesen hat, gehen die Spaltungen auch ohne die Anwesenheit der
Spalt= lebenden Zellen vor sich. Von den Verdauungsfermenten, die von