Erichtig, sie in diesem Zustand hinüberschlummern zu lassen, sie gab de
Enichi durch Erscheinen des Priesters aufzuschrecken und an den sucht
drohenden Tod zu erinnern. Der Priester aber, durch die Kranken¬
durchb
schwester herbeigerufen, verteidigt das Recht seiner Kirche; er be¬
dadure
steht darauf, mit den Mitteln seiner Kirche die Seele der Sterben¬
man 1
den zu retten. Hier Arzt, hier Seelsorger! Jeder besteht auf
Leisiun
seinem Recht. Während sie aber noch streiten, stirbt die Kranke,
äußere
aufgeschreckt durch die Kunde vom Erscheinen des Priesters. Man
Die in
denke sich nun eine gewichtige Aussprache zwischen den Streitenden,
Eiferst
und ein gehaltvoller Einakter wäre gegeben.
kamen
Aber Schnitzler macht aus diesem rein menschlichen Konflikt
ihre S
einen Fall, wie das eben die Regel ist in den Standesstücken der
den G
Otto Ernst und Genossen, auf die preziöse Dichter vom Schlage
Geste¬
Schnitzlers sonst gern vornehm herabzusehen pflegen. Er spitzt die
dramt
Affäre zu, indem er den Arzt zu einem Jnden macht (was der Kon¬
drame
slikt durchaus nicht erfordert) und ihn mit Kollegen umgibt, die den
und k'
Vorfall benutzen, um gegen den Arzt, den Leiter eines Kranken¬
geben.
hauses, zu inrigieren. Das hat nun eigentlich mit dem Grund¬
diesen
konflikt gur nichts zu schaffen, und deshalb verschwindet denn auch
sind !
dieser Konflikt, um nur noch einmal im vierten Akt in einer sehr
misse.
wirkungsvoll gedachten Szene zum Vorschein zu kommen. Das
was1
Stück handelt jetzt nicht mehr von dem Konflikt, sondern davon, wie
Schon
dieser Konflikt zu einer „kollegialen“ und weiterhin zu einer poli¬
müden
tischen Intrige benutzt wird. Es läßt sich nicht leugnen: so sehr
gleich
sich Schnitzlers seine Kunst in der Charakteristik der Aerztetypen
und in einem geschickten, blinkenden Dialog zeigt, die Wirkung der
Ersatz
Mittelakte ist doch durch flache Spannungsreize erreicht, die man
N
bei Otto Ernst auch findet und ihm übelnimmt. Abe. man wird
Sande¬
zweifellos in den nächsten Wochen in Leipzig gerade die ersten drei
mehr
Akte der Komödie mit ganz besonderem Interesse ansehen, und zwar
gesang
nicht bloß wegen der Spannung, sondern vor allem auch wegen der
Tönen
intimen Schilderung einer Welt — der Krankenhaus= und Aerzte¬
Orgen
welt — die man in dieser Art noch nicht auf der Bühne gesehen hat.
bei S
Dagegen ist es sehr die Frage, ob das, was Schnitzler im Ver¬
lauf der Arbeit die Hauptsache geworden ist und in den letzten
Akten unverhüllt zutage tritt, nicht scharfem Widerspruch begegnen
wird. Aus einem Konflikt zwischen Arzt und Priester wird eine
Affäre, die im Parlament behandelt wird und dem Arzt eine Ver¬
am
urteilung wegen Religionsstörung einträgt. Professor Bernhardi hat
Dwo
lediglich seinem Beruf gelebt, nicht die Grenzen seines Berufs über¬
treff¬
schreiten wollen; trotzdem wird sein Konflikt mit dem Priester eine
lade
politische Angelegenheit. Was folgt daraus? Man denkt an den
und
Badearzt Stockmann. Der zieht die Konsequenzen aus seinem Fall
bliel
und geht aufs Ganze. Er war ursprünglich nichts als Badearzt;
fang
nun man seine Entdeckung von der Verseuchtheit des Bades zu
Vers
einer kommunalpolitischen Angelegenheir macht, sieht er Zusammen¬
zu g.
hänge, überschreitet die Grenzen seines Berufs, wird selber Politiker
mit #
in seiner Art. Professor Bernhardi aber schreckt vor dem Anblick
ein
dieser Zusammenhänge zurück. Er hat den Aesther nunwillen gegen
volle
alles Politische im Leibe und resigniert eigensinnig. Er bohrt sich
Vor¬
immer mehr in seine antipolitischen Gedankengänge hinein, weist
beizs
alle Versuchungen, zu kämpfen, sich aufzulehnen, auch nur die Wahr¬
der
heit vor der Oeffentlichkeit festzustellen, mit immer größerem Eigen¬
vers
sinn ab; sein Kredo läuft schließlich auf das Eine hinaus: ich
Nat
will nichts als meinen Arztberuf ausüben, und im übrigen will ich
gleis
meine Ruhe haben.
mit
Nun ist ja dagegen ganz gewiß nichts einzuwenden, daß ein
Uns¬
Dichter einen solchen Antipolitiker schildert und in den Mittelpunkt
verz
einer Komödie stellt. Es kommt nur darauf an, wie er es macht,
wie er sich selber zu dem Herrn stellt. Und da tritt nun Schnitzler
den!
unbedenklich selber für diese antipolitische Gesinnung ein, die man
Kau¬
ja in Aesthetenkreisen oft genug findet, für diese Aktionsenthaltsam¬
Be
keit, er glorifiziert den konsequenten Antipolitiker und kommt ihm
Schi¬
erst im Schlußakt mit leiser Ironie bei. Auf diese Weise wird aber
viele
dieser Professor, dieser Held des Nichtkämpfenwollens, im Verlauf
forc
des Stücks zu einer immer lästigeren Figur. Dieser Nichtkämpfer
hörte
posiert in einem fort den geistig Ueberlegnen, um nur nicht zu¬
Vert.
greifen und sich wehren zu müssen, und wird allmählich zu einer rein
mitte
gedanklichen Konstruktion, der die menschliche Blutwärme fehlt. Am
Gesät
empfindlichsten tritt das in Erscheinung im vierten Akt, wenn der
Priester nach der Verurteilung Bernhardis zu diesem kommt und
Bohl
das menschliche Bedürfnis hat, dem Gegner wenigstens Mann zu
in i
Mann sein Recht zu geben — und nun der Arzt den Gefühlston des
Lehr
Gegners nicht hört und nicht zu erwidern vermag und sofort wieder
fesse
in rein verstandesmäßige Diskussion eintritt.
So ist das Schicksal Schnitzlers, daß ihm gerade die Figur, in gesch
die er sein Bekenntnis gelegt hat, verstimmend, schematisch und kalt keine
unge
konstruiert geraten ist. Und so ist es weiterhin sein Schicksal, daß
höre
sein antipolitisches Bekenntnis, sein Aesthetenbekenntnis, keine über¬
spiel
zeugende Kraft hat. Wohlgemerkt, daß die Komödie in ihrer Art
Part
eine Bekenntnisdichtung ist, hebt sie hoch hinaus über die Alltags¬
Nati
ware, die wir sonst wohl unter der Marke Komödie vorgesetzt er¬
geril
halten, gibt ihr größeren Wert als alle geistreichen Wendungen und
Prin
aller Theaterinstinkt, der sich immer wieder zeigt. Es ist ein Mann
treff
eigner Ar“ der das schiefgewickelte Stück geschrieben hat, und er hat
etwa
bei aller Reserviertheit den Mut, ein eigner zu sein. Nur will uns
natu
scheinen, daß Leute, die so verstandesmäßig abwehrend die politische
Part
Enthaltsamkeit predigen, typische Verfallserscheinungen sind, über
G=D
die das Leben eines Volkes mit hartem Schritt hinwegschreitet.
Frei
gm.
auch
Hart
Enichi durch Erscheinen des Priesters aufzuschrecken und an den sucht
drohenden Tod zu erinnern. Der Priester aber, durch die Kranken¬
durchb
schwester herbeigerufen, verteidigt das Recht seiner Kirche; er be¬
dadure
steht darauf, mit den Mitteln seiner Kirche die Seele der Sterben¬
man 1
den zu retten. Hier Arzt, hier Seelsorger! Jeder besteht auf
Leisiun
seinem Recht. Während sie aber noch streiten, stirbt die Kranke,
äußere
aufgeschreckt durch die Kunde vom Erscheinen des Priesters. Man
Die in
denke sich nun eine gewichtige Aussprache zwischen den Streitenden,
Eiferst
und ein gehaltvoller Einakter wäre gegeben.
kamen
Aber Schnitzler macht aus diesem rein menschlichen Konflikt
ihre S
einen Fall, wie das eben die Regel ist in den Standesstücken der
den G
Otto Ernst und Genossen, auf die preziöse Dichter vom Schlage
Geste¬
Schnitzlers sonst gern vornehm herabzusehen pflegen. Er spitzt die
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Affäre zu, indem er den Arzt zu einem Jnden macht (was der Kon¬
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slikt durchaus nicht erfordert) und ihn mit Kollegen umgibt, die den
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Vorfall benutzen, um gegen den Arzt, den Leiter eines Kranken¬
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hauses, zu inrigieren. Das hat nun eigentlich mit dem Grund¬
diesen
konflikt gur nichts zu schaffen, und deshalb verschwindet denn auch
sind !
dieser Konflikt, um nur noch einmal im vierten Akt in einer sehr
misse.
wirkungsvoll gedachten Szene zum Vorschein zu kommen. Das
was1
Stück handelt jetzt nicht mehr von dem Konflikt, sondern davon, wie
Schon
dieser Konflikt zu einer „kollegialen“ und weiterhin zu einer poli¬
müden
tischen Intrige benutzt wird. Es läßt sich nicht leugnen: so sehr
gleich
sich Schnitzlers seine Kunst in der Charakteristik der Aerztetypen
und in einem geschickten, blinkenden Dialog zeigt, die Wirkung der
Ersatz
Mittelakte ist doch durch flache Spannungsreize erreicht, die man
N
bei Otto Ernst auch findet und ihm übelnimmt. Abe. man wird
Sande¬
zweifellos in den nächsten Wochen in Leipzig gerade die ersten drei
mehr
Akte der Komödie mit ganz besonderem Interesse ansehen, und zwar
gesang
nicht bloß wegen der Spannung, sondern vor allem auch wegen der
Tönen
intimen Schilderung einer Welt — der Krankenhaus= und Aerzte¬
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welt — die man in dieser Art noch nicht auf der Bühne gesehen hat.
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Dagegen ist es sehr die Frage, ob das, was Schnitzler im Ver¬
lauf der Arbeit die Hauptsache geworden ist und in den letzten
Akten unverhüllt zutage tritt, nicht scharfem Widerspruch begegnen
wird. Aus einem Konflikt zwischen Arzt und Priester wird eine
Affäre, die im Parlament behandelt wird und dem Arzt eine Ver¬
am
urteilung wegen Religionsstörung einträgt. Professor Bernhardi hat
Dwo
lediglich seinem Beruf gelebt, nicht die Grenzen seines Berufs über¬
treff¬
schreiten wollen; trotzdem wird sein Konflikt mit dem Priester eine
lade
politische Angelegenheit. Was folgt daraus? Man denkt an den
und
Badearzt Stockmann. Der zieht die Konsequenzen aus seinem Fall
bliel
und geht aufs Ganze. Er war ursprünglich nichts als Badearzt;
fang
nun man seine Entdeckung von der Verseuchtheit des Bades zu
Vers
einer kommunalpolitischen Angelegenheir macht, sieht er Zusammen¬
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hänge, überschreitet die Grenzen seines Berufs, wird selber Politiker
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in seiner Art. Professor Bernhardi aber schreckt vor dem Anblick
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dieser Zusammenhänge zurück. Er hat den Aesther nunwillen gegen
volle
alles Politische im Leibe und resigniert eigensinnig. Er bohrt sich
Vor¬
immer mehr in seine antipolitischen Gedankengänge hinein, weist
beizs
alle Versuchungen, zu kämpfen, sich aufzulehnen, auch nur die Wahr¬
der
heit vor der Oeffentlichkeit festzustellen, mit immer größerem Eigen¬
vers
sinn ab; sein Kredo läuft schließlich auf das Eine hinaus: ich
Nat
will nichts als meinen Arztberuf ausüben, und im übrigen will ich
gleis
meine Ruhe haben.
mit
Nun ist ja dagegen ganz gewiß nichts einzuwenden, daß ein
Uns¬
Dichter einen solchen Antipolitiker schildert und in den Mittelpunkt
verz
einer Komödie stellt. Es kommt nur darauf an, wie er es macht,
wie er sich selber zu dem Herrn stellt. Und da tritt nun Schnitzler
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unbedenklich selber für diese antipolitische Gesinnung ein, die man
Kau¬
ja in Aesthetenkreisen oft genug findet, für diese Aktionsenthaltsam¬
Be
keit, er glorifiziert den konsequenten Antipolitiker und kommt ihm
Schi¬
erst im Schlußakt mit leiser Ironie bei. Auf diese Weise wird aber
viele
dieser Professor, dieser Held des Nichtkämpfenwollens, im Verlauf
forc
des Stücks zu einer immer lästigeren Figur. Dieser Nichtkämpfer
hörte
posiert in einem fort den geistig Ueberlegnen, um nur nicht zu¬
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greifen und sich wehren zu müssen, und wird allmählich zu einer rein
mitte
gedanklichen Konstruktion, der die menschliche Blutwärme fehlt. Am
Gesät
empfindlichsten tritt das in Erscheinung im vierten Akt, wenn der
Priester nach der Verurteilung Bernhardis zu diesem kommt und
Bohl
das menschliche Bedürfnis hat, dem Gegner wenigstens Mann zu
in i
Mann sein Recht zu geben — und nun der Arzt den Gefühlston des
Lehr
Gegners nicht hört und nicht zu erwidern vermag und sofort wieder
fesse
in rein verstandesmäßige Diskussion eintritt.
So ist das Schicksal Schnitzlers, daß ihm gerade die Figur, in gesch
die er sein Bekenntnis gelegt hat, verstimmend, schematisch und kalt keine
unge
konstruiert geraten ist. Und so ist es weiterhin sein Schicksal, daß
höre
sein antipolitisches Bekenntnis, sein Aesthetenbekenntnis, keine über¬
spiel
zeugende Kraft hat. Wohlgemerkt, daß die Komödie in ihrer Art
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eine Bekenntnisdichtung ist, hebt sie hoch hinaus über die Alltags¬
Nati
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halten, gibt ihr größeren Wert als alle geistreichen Wendungen und
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aller Theaterinstinkt, der sich immer wieder zeigt. Es ist ein Mann
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eigner Ar“ der das schiefgewickelte Stück geschrieben hat, und er hat
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bei aller Reserviertheit den Mut, ein eigner zu sein. Nur will uns
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scheinen, daß Leute, die so verstandesmäßig abwehrend die politische
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Enthaltsamkeit predigen, typische Verfallserscheinungen sind, über
G=D
die das Leben eines Volkes mit hartem Schritt hinwegschreitet.
Frei
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