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box 30/3
Professon Bernhardi
Professor Bernhardi.
der Befreiung der Bauern von der tik hatte einen gewissen Niedergang
Leibeigenschaft im Jahre 1861 ins zur Folge, der durch die zwar ange¬
sagte aber nicht durchgeführte Uni¬
Leben. Die Semstwos und die Kir¬
versitätsreform noch vermehrt wurde.
chengemeinden gründeten beide
Als Ganzes befindet sich die Schule
Schulen, die aber erst 1007 Gegen¬
in Rußland noch in einer gewissen
stand staatlicher Bemühungen wurden.
Schöpfungsperiode; daher spiegeln
Heute gibt Kowalewsky*) die
sich zur Zeit in ihrem Schicksal noch
Arten der einzelnen Schulen als den
in grellen Farben alle Erscheinungen
Systemen anderer Staaten nahezu
des gesellschaftlichen- und staatlichen
gleich an. Die Volksschule ist nun¬
Dr. J.
Lebens ab.—
mehr staatliche Schule mit einem ent¬
Kee.
sprechend vorgebildeten und besol¬
Münchener Theater.
deten Lehrer. Der Unterricht ist auf
die Elementar-Gegenstände beschränkt
Professor Bernhardi.
und allgemein zugänglich. Die Mit¬
(Buchausgabe: S. Fischer, Verlag,
telschulen haben ein von der Volks¬
Berlin.)
schule völlig abgesondertes Pro¬
Im ersten Akt der neuen Komödie
gramm. Ein niedriges Schulgeld, die
Artfur Schnitzbers wird der
Aufnahme aller Wissensdurstigen, das
„Falf BerHhäfdl“ fein Säuberlich, lei¬
Massenstreben nach Bildung in allen
denschaftslos, wie rekonstruiert nach
Kreisen verursacht eine ungeheuere
einem Prozeßbericht, vor unsern Augen
Oberfüllung. Die Gymnasien sind
entwickelt. Ein Priester will zu einer
ihres griechisch-lateinischen Charak¬
Sterbenden, ihr die letzte Olung zu
ters nahezu völlig entkleidet und stark
reichen. Die Sterbende aber ist
realistisch gestaltet; die Realschule ist
bei vollkommen wachem Bewußtsein
dies naturgemäß noch mehr. Einen
und in gehobener glücklicher Stim¬
besonderen, äußerst zugänglichen und
mung ohne jede Ahnung des nahen
zahlreichen Typus einer Lehranstalt
Todes. Der Arzt verwehrt dem
bildet das Mädchengymnasium. Seine
Priester den Eintritt zu ihr. Damit
Entwicklung geht bis auf das Jahr
ist der Fall gegeben. Ehrgeizige Geg¬
1858 zurück. Es ist nur städtisch,
ner und Streber wissen ihn geschickt
gesellschaftlich oder privat. Sein Pro¬
zu nutzen, die politischen Parteien
gramm war bisher, eine gewisse eklek¬
bemächtigen sich seiner und schlie߬
tische, mittlere Bildung auf mathe¬
lich wird Bernhardi, als Jude in dem
matischer und sprachlicher Basis zu
Kampf noch besonders exponiert, aus
geben. Neuere Bestrebungen suchen
seiner Stellung gedrängt und oben¬
es im Sinne eines Anschlusses an
drein wegen Religionsstörung zu zwei
die höheren Lehranstalten zu refor¬
Monaten Gefängnis verurteilt.
mieren. Die Universitäten waren
Ii., Leben könnte man diese Vor¬
früher die besonderen Günstlinge der
gänge wohl eine „Komödie“ nennen,
Regierung. Die hierdurch hervorge¬
diese offiziell zugelassene Verschleie¬
rufene starke Beteiligung an der Poli¬
rung von Tatsachen, die offenkun¬
dige Gewalttat der politisch Mächtigen
*) „Das Typische im russischen
unter dem Scheine des Rechts, die
Schulwesen.“ Nord und Süd 1012,
Ausnützung politischer Situationen zu
Dezember-Heft, Seite 313—321.
heitlichen Eindruck, so daß der Ro¬
1 man auseinanderfällt und schließlich
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Professon Bernhardi
Professor Bernhardi.
der Befreiung der Bauern von der tik hatte einen gewissen Niedergang
Leibeigenschaft im Jahre 1861 ins zur Folge, der durch die zwar ange¬
sagte aber nicht durchgeführte Uni¬
Leben. Die Semstwos und die Kir¬
versitätsreform noch vermehrt wurde.
chengemeinden gründeten beide
Als Ganzes befindet sich die Schule
Schulen, die aber erst 1007 Gegen¬
in Rußland noch in einer gewissen
stand staatlicher Bemühungen wurden.
Schöpfungsperiode; daher spiegeln
Heute gibt Kowalewsky*) die
sich zur Zeit in ihrem Schicksal noch
Arten der einzelnen Schulen als den
in grellen Farben alle Erscheinungen
Systemen anderer Staaten nahezu
des gesellschaftlichen- und staatlichen
gleich an. Die Volksschule ist nun¬
Dr. J.
Lebens ab.—
mehr staatliche Schule mit einem ent¬
Kee.
sprechend vorgebildeten und besol¬
Münchener Theater.
deten Lehrer. Der Unterricht ist auf
die Elementar-Gegenstände beschränkt
Professor Bernhardi.
und allgemein zugänglich. Die Mit¬
(Buchausgabe: S. Fischer, Verlag,
telschulen haben ein von der Volks¬
Berlin.)
schule völlig abgesondertes Pro¬
Im ersten Akt der neuen Komödie
gramm. Ein niedriges Schulgeld, die
Artfur Schnitzbers wird der
Aufnahme aller Wissensdurstigen, das
„Falf BerHhäfdl“ fein Säuberlich, lei¬
Massenstreben nach Bildung in allen
denschaftslos, wie rekonstruiert nach
Kreisen verursacht eine ungeheuere
einem Prozeßbericht, vor unsern Augen
Oberfüllung. Die Gymnasien sind
entwickelt. Ein Priester will zu einer
ihres griechisch-lateinischen Charak¬
Sterbenden, ihr die letzte Olung zu
ters nahezu völlig entkleidet und stark
reichen. Die Sterbende aber ist
realistisch gestaltet; die Realschule ist
bei vollkommen wachem Bewußtsein
dies naturgemäß noch mehr. Einen
und in gehobener glücklicher Stim¬
besonderen, äußerst zugänglichen und
mung ohne jede Ahnung des nahen
zahlreichen Typus einer Lehranstalt
Todes. Der Arzt verwehrt dem
bildet das Mädchengymnasium. Seine
Priester den Eintritt zu ihr. Damit
Entwicklung geht bis auf das Jahr
ist der Fall gegeben. Ehrgeizige Geg¬
1858 zurück. Es ist nur städtisch,
ner und Streber wissen ihn geschickt
gesellschaftlich oder privat. Sein Pro¬
zu nutzen, die politischen Parteien
gramm war bisher, eine gewisse eklek¬
bemächtigen sich seiner und schlie߬
tische, mittlere Bildung auf mathe¬
lich wird Bernhardi, als Jude in dem
matischer und sprachlicher Basis zu
Kampf noch besonders exponiert, aus
geben. Neuere Bestrebungen suchen
seiner Stellung gedrängt und oben¬
es im Sinne eines Anschlusses an
drein wegen Religionsstörung zu zwei
die höheren Lehranstalten zu refor¬
Monaten Gefängnis verurteilt.
mieren. Die Universitäten waren
Ii., Leben könnte man diese Vor¬
früher die besonderen Günstlinge der
gänge wohl eine „Komödie“ nennen,
Regierung. Die hierdurch hervorge¬
diese offiziell zugelassene Verschleie¬
rufene starke Beteiligung an der Poli¬
rung von Tatsachen, die offenkun¬
dige Gewalttat der politisch Mächtigen
*) „Das Typische im russischen
unter dem Scheine des Rechts, die
Schulwesen.“ Nord und Süd 1012,
Ausnützung politischer Situationen zu
Dezember-Heft, Seite 313—321.
heitlichen Eindruck, so daß der Ro¬
1 man auseinanderfällt und schließlich