II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 231

fess
25 PrBernhandi
Dis Zult, Wien
Saltt aus:
vom: 19 1 1912
Schnitzlers „Professor Bernhardi“ in Mün¬
chen freigrgeben. Wie die Direktion des Mün¬
chener Schauspielhauses Artur Schnitzler
mitteilt, wurde seine Komödie „Professor
Bernhardi“ in den letzten Tagen von der

Münchener Zensur behördlich ohne irgend¬
welche Bemerkung und Einschränkung freige¬
geben. Die Proben haben bereits begonnen...
Dr. Schnitzler wird sich zur Aufführung in den
nächsten Tagen nach München begeben.
Ausschnitt aus: Fremdenblatt, Wien
Z1.MK1913
vom:
A
∆ Wie die Direktion des Münchner Schauspielhauses Arturf
r
Schuitzler mitgeteilt hat, wurde seine Komödie „Professo
Bernhardi“ in den letzten Tagen von der Münchner Zensurbehörde
Lohne irgendwelche Bemerkung und Einschränkung“ freigegeben. Die
Proben haben nun bereits begonnen und wird sich Dr. Artur Schnitzler

in den nächsten Tagen zur Aufführung nach München begehen.
box 30/3
asschhmt aus:
om:
„ —Neue Fieie Piesse, Wien

Artur Schuitzlers „Professor Bernhardi“.
Erstaufführung am Munchner Schauspielhaus.
(Telegramm der „Neuen Freien Presse“.)
Die Direktoren des
München, 8. Februar.
Münchner Schauspielhauses waren einst vor
seinem mißtrauischen und ungläubigen Publikum die Apostel
Ibsens und Gerhart Hauptmanns, das Münchner Schau¬
spielhaus die erste Kultusstätte der neuen Kunst. Damals
stand das Theater, gleichwertig der Bühne Brahms, im
Reiche mit an höchster Stelle. Dann gab man für einige
Jahre den ernsten Dienst auf. Man weihte das Haus der
heiteren Muse. Schnitzlers „Anatol“=Zytlus zum Beispiel
wurde hier an die hundert Mal gegeben. Einige neue
Engagements der letzten Wochen lassen darauf schließen, daß
die Direktion wieder zu dem ursprünglichen Ton zurück¬
kehren will, und die erste Premiere des neuergänzten
Ensembles ist gleich eine Tat: Artur Schnitzlers
„Professor Bernhardi“.
Die bayerische Zensur steht bekanntlich im Zeichen des
Krebses, die Zensurbehörde übt in München ihr Amt
rücksichtsloser und launenhafter denn je. Niemals hätte hier
Schnitzlers „Professor Bernhardi“ aufgeführt werden dürfen,
wenn die Freigabe des Stückes in Berlin nicht voraus¬
gegangen wäre. Doch strenger als die Berliner zu sein —
diesen Vorwurf läßt sich die Münchner Behörde nicht gerne
machen. Schweren Herzens, seufzend, ließ man die Auf¬
führung zu. Mit um so größerem Interesse sah das
Bublikum einem Stück entgegen, das so viele auch hier
b aktuelle Fragen stellt und beantwortet. Wie im „Schleier
der Beatrice", im „Grünen Kakadu“ läßt Schnitzler auch im
„Professor Bernhardi“ durch ein großes Schicksal, das er
vor die Türe stellt, die Bühnenhandlung vom ersten Augen¬
blick an mit Spannung wie mit Elektronen sättigen. Das
Publikum der Premiere folgte den Bühnenvorgängen denn
auch von Anbeginn mit atemloser Teilnahme.
Die Typen des Aerztestandes marschierten auf, der un¬
glückliche Landdoktor, der ehrgeizige Assistent, die Dozenten,
die Koryphäen der Medizin. Man kennt sie auch hier alle,
wenn ihre gegenseitigen Beziehungen. hierzulande vielleicht
auch weniger von politischen Gegensätzen beeinflußt, ihre
Wege andere sind — die Ziele sind dieselben. Jene gewisse
Sorte, die keine Gelegenheit vorübergehen läßt, sich in den
Schutz der herrschenden Mächte zu begeben, ist auch hier
bekannt, und Schnitzlers Sätze finden verständnisvolle
Ohren. Die furchtsamin, die kühnen, die alten und jungen
Gelehrten Schnitzlers, die Streber, die Maulhelden,
„Steute, die die Gemeinheit lieben, ohne Vorteil aus ihr
ziehen, aus reiner Liebe zur Gemeinheit“ — alle diese Ge¬
stalten Schnitzlers, ihre geheimsten Triebe, ihre gröbsten
Griffe packten die Zuschauermenge mit außerordentlicher Ge¬
walt. Selbst wo in den letzten Akten wefentliche Teile der
Handlung außerhalb der Bühne spielen und den Zuschauern
nur durch Mittelpersonen bekannt werden — auch da hielt
die Aufmerksamkeit des Publikums ungeschwächt an, um
dann in den großen Szenen zwischen Bernhardi und dem
Minister, Bernhardi und dem Pfarrer sich zur Erregung zu
steigern. Wie Schnitzler hier Weltanschauungen auf¬
einanderplatzen läßt, de“ macht ihm unter den lebenden
Autoren Deutschlands keiner nuch. Und über aller Bunt¬
heit des Gemäldes liegt ein spinnwebfeiner Schleier über¬
legenster Ironie.
Nr. 17409
Wien, Sonntag
Die Aufführung (unter der Regie Direktor Stoll¬
bergs) blieb dem Dichter hie und da einiges schuldig. Die
Komödie enthält nur eine einzige kleine Frauenrolle. Das
Schauspielhaus hatte also nicht Gelegenheit, seine besten
Kräfte, eben Frauen, zu zeigen. Die Herren Jessen in
der Titelrolle, dann Eßlair, Randolf und besonders
Heller gaben ihr Bestes. Der Beifall war nach allen
Akten einmütig und stark. Schnitzler mußte sich vom
zweiten Akt an immer wieder zeigen, am Schluß wohl an
die zwanzig Mal. Das Publikum bereitete ihm Ovationen,
wie man sie gerade in diesem Hause nicht oft erlebt hat.
2