W
Be
box 30/3
25. Professoanhand
sschnltt aus
ünchner Zeitung
1OFEB
T
Snmnen
Es ist ein wundersam Ding um des Menschen Seele,
aus rasch und prompt eine Affäre. Man macht mobil
und des Menschen Herz kann sehr oft am glücklichsten
gegen Bernhardi und sein Institut, bringt in der
sein, wenn es sich so recht sehnt.
W. Raabe.
Kammer eine Interpellation über den Fall ein, und
da der Unterrichtsminister, der ein sehr plumpes
Spiel spielt, seinen Jugendfreund Bernhardi im
Professor Bernhardi.
entscheidenden Augenblick im Stich läßt, so wird
Komödie von Arthur Schnitzler.
Bernhardi wegen Verbrechens der Religionsstörung
(Erstaufführung im Schauspielhalls älli 8. Februar.)
angeklagt und (dank der falschen Zeugenaussagen der
Krankenschwester (!) und eines christlichen Assisten¬
Der Erfolg ist bekanntlich nicht immer ein Grad¬
teu), zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die er
messer für den Wert eines Stückes. Wollte man z. B.
auch absitzt. Es folgt dann noch ein fünfter Akt, der
diese Komödie nach dem starken Beifall beurteilen,
aber weder die Affäre einer klaren Entscheidung, noch
der ihr bei ihrer Erstaufführung am Samstag von
die Hauptdebattierungspunkte des Stückes einer
Anfang bis zum Ende treu geblieben ist, so müßte
Lösung zuführt, und mit einer humoristischen Pointe
man sie für eine Meisterarbeit und sicherlich auch für
endet, die fast den Verdacht erwecken könnte, als lasse
eines der besten Stücke Schnitzlers halten. Obwohl
der Dichter, der anwesend war und häufig genug Ge= Schnitzler den Direktor mitsamt seiner Gesinnung
und seinen idealen Anschauungen am Ende selber im
legenheit hatte, sich für die gute Meinung des Publi¬
Stich.
kums zu bedanken, selbst dieser Anschauung ist? Oder
hatte er vielleicht, wie mancher andere im Haus, das
Um diese Handlung herum brandet ein Meer
Empfinden, daß der Beifall, soweit er nicht dem
von Worten, Worten, Worten. Ohne Ende wird dar¬
Dichter so vieler anderer schöner Dinge galt, aus der
über debattiert, ob nun Bernhardi wirklich recht
Treibhaustemperatur erwachsen ist, die solche Debat¬
hatte oder nicht (und es liegt doch klar zu tage, daß er
tierstücke stets zu erzeugen pflegen?
wohl subjektiv nicht, aber objektiv im Rechte war)!
Die langen fünf Akte dieser Komödie spielen nur
Selbstverständlich kommt der Dialog über Sophismen
unter Männern (eine Krankenschwester, die kaum ein
nicht hinaus. Jeder beharrt zum Schluß auf seinem
paar Worte zu sagen hat, zählt nicht), und zwar unter
Standpunkt, wie es ja vorauszusehen war; denn eine
den Professoren und Dozenten einer großen, medi¬
Versöhnung der Gegensätze, die hier in einen Konflikt
zinischen Privatanstalt, des Elisabethiniums. Der Un¬
geraten sind, war noch nie möglich und wird auch nie
terrichtsminister, ein Hofrat, ein Verteidiger, ein
möglich sein. Das Stück müßte nun freilich nicht von
Journalist und ein katholischer Priester vervollstän¬
Schnitzler sein, wenn es nicht an sehr vielen Stellen
digen das Ensemble. Der Hintergrund der Gescheh¬
den klugen Theaterpraktiker, scharfen Charakterisierer
nisse, der Ort, an dem sie am wahrscheinlichsten und
und gewandten Dialektiker erkennen ließe. Aber das
für dessen verfahrene politische, nationale und konfes¬
Unkünstlerische dieses zweck= und endlosen Streitens
sionelle Verhältnisse sie geradezu typisch sind, ist Wien
verstimmt doch, ebenso wie die offensichtliche Partei¬
sum 1900 sagt der Zettel; aber er hätte auch Gegen¬
lichkeit. mit der Schnitzler Juden und Christen be¬
wart sagen können).
handelt. Und auch den katholischen Priester, dem er
Der Konfliktsfall ist einfach. Dr. Bernhardi, der scheinbar sympathische Züge gegeben hat, läßt er zum
jüdische Direktor des Elisabethinums, verweigert Schlusse als Unterlegenen im beträchtlicher Kläglich¬
einem katholischen Priester den Zutritt zu einer keit abgehen. Auch sonst läßt Schnitzler es an Deut¬
Sterbenden, weil er als Menschenfreund nicht will, flichkeit in der Präzisierung seines Standpunktes nicht
daß dem armen Geschöpf, das keine Ahnung von sei¬
fehlen, und man begreift ganz gut, daß dieses Stück
nem nahen Ende hat, die letzte Stunde seines Lebens
in Oesterreich verboten ist; denn die Kritik, die es an
getrübt werde. Selbstverständlich entwickelt sich dar= den innerpolitischen Verhältnissen Wiens und Deutsch¬
österreichs übt, ist von nicht
Schärfe.
Für die Darstellung des Stücke
rung Herrn Direktor Stollberg
Ehre macht, ist das ganze männl
Schauspielhauses mobilisiert worder
Berphardi gab Herr Jessen die er
liche Repräsentanz und den tiefe
Ueberzeugung. Seinen Hauptgegn
Ebenwalö, verstand Herr Eßlair
gensatz zu Bernhardi zu setzen. Als
ster gefiel das neue Mitglied, Herr
besser wie unlängst bei seinem Debi
zier. Aber gerade für jugendliche
wir ihn doch eigentlich am notwen
rer führte sich Herr Kalser, der
spielen ins Schauspielhaus übergesi
teilhaft ein. Aus der großen Zahl
und wider Bernhardi wären die
fried und Hans Raabe, Pep
Heller, Bauer, Burghardt
besonders hervorzuheben. Freilich
man sich fast nach einer Frauenstimn
Männerstreits. Hätte sie auch keinel
flikts gebracht, so hätte sie vielleich
schen Wogen der gegnerischen Mein
glättet. Und überhaupt:ein Schnitzl
Frauen — ist das eigentlich ein echt
Richard
Be
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25. Professoanhand
sschnltt aus
ünchner Zeitung
1OFEB
T
Snmnen
Es ist ein wundersam Ding um des Menschen Seele,
aus rasch und prompt eine Affäre. Man macht mobil
und des Menschen Herz kann sehr oft am glücklichsten
gegen Bernhardi und sein Institut, bringt in der
sein, wenn es sich so recht sehnt.
W. Raabe.
Kammer eine Interpellation über den Fall ein, und
da der Unterrichtsminister, der ein sehr plumpes
Spiel spielt, seinen Jugendfreund Bernhardi im
Professor Bernhardi.
entscheidenden Augenblick im Stich läßt, so wird
Komödie von Arthur Schnitzler.
Bernhardi wegen Verbrechens der Religionsstörung
(Erstaufführung im Schauspielhalls älli 8. Februar.)
angeklagt und (dank der falschen Zeugenaussagen der
Krankenschwester (!) und eines christlichen Assisten¬
Der Erfolg ist bekanntlich nicht immer ein Grad¬
teu), zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die er
messer für den Wert eines Stückes. Wollte man z. B.
auch absitzt. Es folgt dann noch ein fünfter Akt, der
diese Komödie nach dem starken Beifall beurteilen,
aber weder die Affäre einer klaren Entscheidung, noch
der ihr bei ihrer Erstaufführung am Samstag von
die Hauptdebattierungspunkte des Stückes einer
Anfang bis zum Ende treu geblieben ist, so müßte
Lösung zuführt, und mit einer humoristischen Pointe
man sie für eine Meisterarbeit und sicherlich auch für
endet, die fast den Verdacht erwecken könnte, als lasse
eines der besten Stücke Schnitzlers halten. Obwohl
der Dichter, der anwesend war und häufig genug Ge= Schnitzler den Direktor mitsamt seiner Gesinnung
und seinen idealen Anschauungen am Ende selber im
legenheit hatte, sich für die gute Meinung des Publi¬
Stich.
kums zu bedanken, selbst dieser Anschauung ist? Oder
hatte er vielleicht, wie mancher andere im Haus, das
Um diese Handlung herum brandet ein Meer
Empfinden, daß der Beifall, soweit er nicht dem
von Worten, Worten, Worten. Ohne Ende wird dar¬
Dichter so vieler anderer schöner Dinge galt, aus der
über debattiert, ob nun Bernhardi wirklich recht
Treibhaustemperatur erwachsen ist, die solche Debat¬
hatte oder nicht (und es liegt doch klar zu tage, daß er
tierstücke stets zu erzeugen pflegen?
wohl subjektiv nicht, aber objektiv im Rechte war)!
Die langen fünf Akte dieser Komödie spielen nur
Selbstverständlich kommt der Dialog über Sophismen
unter Männern (eine Krankenschwester, die kaum ein
nicht hinaus. Jeder beharrt zum Schluß auf seinem
paar Worte zu sagen hat, zählt nicht), und zwar unter
Standpunkt, wie es ja vorauszusehen war; denn eine
den Professoren und Dozenten einer großen, medi¬
Versöhnung der Gegensätze, die hier in einen Konflikt
zinischen Privatanstalt, des Elisabethiniums. Der Un¬
geraten sind, war noch nie möglich und wird auch nie
terrichtsminister, ein Hofrat, ein Verteidiger, ein
möglich sein. Das Stück müßte nun freilich nicht von
Journalist und ein katholischer Priester vervollstän¬
Schnitzler sein, wenn es nicht an sehr vielen Stellen
digen das Ensemble. Der Hintergrund der Gescheh¬
den klugen Theaterpraktiker, scharfen Charakterisierer
nisse, der Ort, an dem sie am wahrscheinlichsten und
und gewandten Dialektiker erkennen ließe. Aber das
für dessen verfahrene politische, nationale und konfes¬
Unkünstlerische dieses zweck= und endlosen Streitens
sionelle Verhältnisse sie geradezu typisch sind, ist Wien
verstimmt doch, ebenso wie die offensichtliche Partei¬
sum 1900 sagt der Zettel; aber er hätte auch Gegen¬
lichkeit. mit der Schnitzler Juden und Christen be¬
wart sagen können).
handelt. Und auch den katholischen Priester, dem er
Der Konfliktsfall ist einfach. Dr. Bernhardi, der scheinbar sympathische Züge gegeben hat, läßt er zum
jüdische Direktor des Elisabethinums, verweigert Schlusse als Unterlegenen im beträchtlicher Kläglich¬
einem katholischen Priester den Zutritt zu einer keit abgehen. Auch sonst läßt Schnitzler es an Deut¬
Sterbenden, weil er als Menschenfreund nicht will, flichkeit in der Präzisierung seines Standpunktes nicht
daß dem armen Geschöpf, das keine Ahnung von sei¬
fehlen, und man begreift ganz gut, daß dieses Stück
nem nahen Ende hat, die letzte Stunde seines Lebens
in Oesterreich verboten ist; denn die Kritik, die es an
getrübt werde. Selbstverständlich entwickelt sich dar= den innerpolitischen Verhältnissen Wiens und Deutsch¬
österreichs übt, ist von nicht
Schärfe.
Für die Darstellung des Stücke
rung Herrn Direktor Stollberg
Ehre macht, ist das ganze männl
Schauspielhauses mobilisiert worder
Berphardi gab Herr Jessen die er
liche Repräsentanz und den tiefe
Ueberzeugung. Seinen Hauptgegn
Ebenwalö, verstand Herr Eßlair
gensatz zu Bernhardi zu setzen. Als
ster gefiel das neue Mitglied, Herr
besser wie unlängst bei seinem Debi
zier. Aber gerade für jugendliche
wir ihn doch eigentlich am notwen
rer führte sich Herr Kalser, der
spielen ins Schauspielhaus übergesi
teilhaft ein. Aus der großen Zahl
und wider Bernhardi wären die
fried und Hans Raabe, Pep
Heller, Bauer, Burghardt
besonders hervorzuheben. Freilich
man sich fast nach einer Frauenstimn
Männerstreits. Hätte sie auch keinel
flikts gebracht, so hätte sie vielleich
schen Wogen der gegnerischen Mein
glättet. Und überhaupt:ein Schnitzl
Frauen — ist das eigentlich ein echt
Richard