II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 263

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Der Fall liegt ganz einfach: Ein junges Mäd¬
den wahren Priester auszeichnet. Und wenn er
Professor Vernhardi.
chen ist dem Krankenhaus Elisabethinum ein¬
nach der großen Aussprache mit Bernhardi im vier¬
geliefert worden, sie hat einen verbrecherischen
Komödie von Arthur Schnitzler.
ten Akt dem Professor die Hand reicht, geht er als
Eingriff an sich selbst vollzogen und liegt nun an
Erstaufführung im Neuen Theater.
Sieger aus dem Zimmer. Bernhardi ist ein Ideal¬
Blutvergiftung im Sterben. Aber sie ahnt nicht
charakter, wie Schnitzler ihn haben möchte, wie er
die Nähe des stillen Freundes, der ihr wirklich
Gustav von Moset antwortete einmal einem
aber auf dieser besten aller möglichen Welten nicht
liebevoll wie ein Freund kommt, sie ist voller
jungen Dramatiter, der ihm ein Stück zur Prü¬
existiert. Ein großer Arzt, der mitten im Getriebe
Hoffnung auf Genesung, fühlt sich völlig wohl.
fung überreicht hatte: „Junger Mann, 'n schlech¬
der Großstadt steht, ist nicht so weltfremd, daß er
Da erscheint auf Requisition der Krankenschwester
tes Stück.“ „Aver Sie haben es ja noch gar
die Konsequenzen seiner Handlungen nicht voll¬
Pfarrer Reder, um der Sterbenden die Sterbe¬
nicht gelesen,“ replizierte der verbiüffte Poet.
kommen klar übersähe. Er muß schon infolge der
sakramente zu reichen, wird aber vom Direktor des
„Das seh' ich schon beim Blättern, nämlich daran,
äußeren Einflüsse ein wenig Utilitarier werden.
Krankenhauses Prof. Bernhardi sehr höflich daran
Ihre Personen reden halbe Seiten, ganze Seiten,
Nicht so stark und so offen wie der Kultusminister
gehindert. Der Arzt will die Kranke nicht beun¬
viertel Seiten.“ Dann stellte Moser den Grund¬
Flint, der auch eine schwer mögliche Figur ist, aber
ruhigen und ihr ein glückliches Hinüberschlum¬
satz auf, im Theaterstück dürfe die Rede der ein¬
immer noch genügend, um selbst in einem so „kon¬
mern nach einem Leben voll Sorge und Angst
zelnen Personen höchstens drei Zeilen Umfang
fusen Land“ wie Oesterreich ohne Störung seinen
ermöglichen. Ehe der Geistliche und der Arzt
schaben. Ausnahmen seien nur an ganz wichtigen
Weg zu machen.
Punkten erlaubt.
noch ihren Meinungsaustausch vollendet haben, ist
die Kranke verschieden. Und nun entwickelt sich
Technisch ist die Komödie miserabel gearbeitet,
Damit ist Arthur Schnitlers Komödie eine Agitation gegen Bernhardi, die ihn zum
sie zählt zu den Taubenschlagstücken, in denen jeder
„Professor Bernhardi“ wenigstens äußerlich das
Rücktritt von der Leitung des Spitals und als
kommt, wenn er gebraucht wird. Nur der dritte
Urteil gesprochen, denn es wird darin entsetzlich
Angeklagten wegen Religionsstörung vor die Ge¬
Akt, der nach bewährten Rezepten eine Sitzung
viel geredet von Politik und Ethik, von Welt¬
schworenen zwingt. Infolge falschen Zeugnisses
auf die Szene bringt, weicht davon ab. Wenn der
anschauung und Pflichterfüllung, daß die Hand¬
der Krankenschwester und eines Kandidaten wird
#### anderswo, wie auch hier, trotzdem ziemlich
lung ganz in den Hintergrund iritt. Wenn ein
Bernhardi zu zwei Monaten Kerkei verurteilt,
.itten war, so galt der Beifall der Gesinnung,
AArzt ein Aerztestück schreiht, muß er natürlich
die er absitzt. Mit einem völligen Degout gegen
icht dem Kunstwert der Komödie.
alles aussprechen, was er auf dem Herzen hat,
Freunde und Gegner zieht sich der Professor ganz
Die Darstellung war unter der sorgfältigen und
und ein Dichter, besonders ein dramatischer, sollte
von der verlogenen Welt des österreichischen
liebevollen Leitung des Herrn Hellmer fast bis
kkeinen Augenblick vergessen, daß das Geheimnis,
Scheins zurück.
in die kleinsten Details und die unbedeutendsten
langweilig zu werden, darin besteht, alles zu
Schnitzler ist zu gesprächig in diesem Tendenz¬
zagen, was man weiß.
Chargen vorzüglich. Senius als Professor Bern¬
stück, seine Personen reden immer in Leitartikeln,
hardi brachte das Ueberlegene und leicht Ironische
Schnitzler wendet sich gegen das moderne
sie dozieren anhaltend, was auch dann unerträg¬
Oesterreich mit seinen kierikalen und deutsch¬
besser zum Ausdruck, als das warm Menschliche, das
lich wirkt, wenn alle Dozenten sind. Man kann
nationalen Parteiströmungen und er verurteilt in
der Professor als Arzt hat. Die Schaukelnatur des
bei diesen höchst abstrakten Erörterungen nicht
Bausch und Bogen jede Meinung, die auf der
Ministers mit all dem rhetorischen Beiwerk und #
warm werden, uns „draußen im Reich“ inter¬
Gegenseite herrschend ist — nicht mit Worten,
der großen Phrase gelang Herrn Heding ausneh¬
essiert das alles gar nicht, denn für uns existieren
sondern mit dem, was zwischen den Worten als
mend gut, den Polterer Pflügfelder traf Herr
derartige Fragen und Konflikte nicht. Die ein¬
Unterton mitklingt. Man fühlt es daran, wie er
Bernstein vor allem in der nervölen Unrast mit
zige Figur, die einem menschlich näher gerückt
lebendiger Treue. Behäbig, spießerisch war Herr
die Personen aus dem gegnerischen Lager sprechen j wird, ist der Pfarrer Reder. Er hat etwas von [ Großmann als Cyprian und der glatte Partei¬
und vor allem handeln läßt
der großen Liebe und dem großen Verstehen, das mann Ebenwald fand in Herrn Schwarpe einen