II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 265

25. BrafesSOEBernhardT
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Dede Tleit iesse, Wien
##nschalft nus:
29AR 1912
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— Aus Frankfurt am Main wird uns gemeldet:
Artur Schnitzlers Komödie „Professor Bernhardi“ wurde
bei ihrer Erstaufführung im Neuen Theater nach den drei ersten
Akten mit sehr starkem Beifall ausgenommen. Die beiden
Schlußakte hätten besser wirken können, wenn sich die Regie
zu Kürzungen verstanden hätte. Die beste Leistung war der
Professor Ebenwald Hans Schwartzes, die kleineren
Rollen ließen viel zu wünschen übrig. In den größeren boten
die Herren Heding, Großmann, Senius, dieser in
der Titel. olle, ferner Direktor Hellmer und Adolf Künze
Anerkennenswertes.
enenenen e.
Finanzherold, Frankiurt albt.
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N0.
Die Theaterwoche.
Die Osterfeiertage brachten zwei inter¬
essante Premieren. Man spielte im Neuen
Theatge zum ersten Male Schnitzlers Pro.¬
fesger Bernbandi Ber¬
Kleinen Theater bereits seine hunderiste
Zaführung ericht. Es ist kein Theaterstück im
Zegentlichen Sinne des Wortes es fehlt ihm
die Prägnanz des Dialogs, mühsam nur schleppt
sich dir Handlung vorwärts. Und dazu hüllt sich
das eigentliche menschliche Problem bei dem
temperamentvollen Autor oft genug in eine Ten¬
denzverkleidung, die wir in Deutschland wohl
begreifen, die aber, da sie doch nur dem
Charakter österreichischer nationaler und poli¬
tischer Verhältnisse entspringt, unser Blut nicht
allzu sehr in Wallung bringt. Trotzdem Tesselt!
diese lange fünfaktige Komödie bis zum letzten
Wort
fein krystallisierte Gedankenzüge,
blinkende Aphorismen, Ausflüge der Secle ins
heitere Reich der Satyre und bei allem
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bitterem Sarkasmus, ob des Treibens der Dumm¬
köpfe und Heuchler, doch über dem Ganzen ein
liebenswürdiger frischer Humor. Kurz ein rechter
Schnitzler
wenn auch ohne Oekonomie imld
Redetrieb seiner Menschen. Die Judenfrage ist
in der Komödie ju aktucll, dass sie es in einen
österreichischen Satyre wird, braucht nicht grade
zu wundern. Schnitzler selbst ist Jude und magit
seinem Herzen ob des deutschnationalen, klet¬fri
kalen Antisemitismus und dessen Verhetzungs-Ire
gelüste wohll einmal Luft machen.
Aber diein
Objektivität seines dichterischen Empfindens, Tü
seiner psvchologischen Erkenntniskraft wirdlg
nicht getrübt.
Und wenn er den Mannesmut
und die Ueberzeugungstreue des Arztes Bern¬
hardi und die geschmeidtze Charakterlosigkeit
des Unterrichtsnnnisters, die freie Weltanschau¬
ung des Ungläubigen und pflichtbewusste Re¬
liglosität des Geistlichen gegeneinander wagt.
dann schwankt das Zünglein der Wage gur oft
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nach beiden Seiten. In der glänzenden Szeue
E
zwischen Bernhardi und dem Plarrer im viertentut
Akte, dem besten Wurf des Stückes, geht sogarf.
der Pfarrer als Sieger von dannen.
Man folgte
der Aufführung gespannt bis zum Schluss und sie
spendete lanten Beifall. Die guten akkustischen
Verhältnisse des Theaters kamen der Wirkung#
sehr entgegen. Dircktor Hellmer führte Regie
und traf für die Behandlung des Dialogs das lei
rechte lebendige Tempo. Man merkte der Auf-
führung die sorgsame, hingebungsvolle künstleri-Iv
sche Arbeit an. Richard Senius als Bern¬
hardi gab der Gestalt des Helsers der Meusch¬
V
heit aufrecht schlichtes Gepräge, und ein paar13
Züge freundlichen Humors, die ihr wolll stan¬
den. Nur noch etwas impulsiver hätten wir die¬
sen Charakter gewünscht, damit aller Auschein
von Pose oder Starrkopfigkeit von ihm genom¬
men werde. Ausgezeichnet war Heding ais
Minister, eine Figur glaubhaft und echt bis in
die Fingerspitzen. Unter den Professoren traten
namentlich Schwartze, Bernstein und
rossmann durch gute Leistungen hervor.
Kuenzer als Pfarrer wahrte eindrucksvolle
Einfachheit. Eine sehr gute Stillie war ders
Rechtsanwalt des Herrn 10be.
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m: 269371912

widet Maungta Nachrichten
k. „Professor Verphardi“ in Halle. Im Halleschen Stadtthea¬
ter fand, wie man uns von dort schreibt, am Mittwoch die Erstauffüh¬
rung von
iennVernhardi“ statt. Das Stück war
sehr ungleichmäßig besetzt, doch boten die Vertreter der Hauptrollen
durchaus Gutes. Eine Meisterleistung war die Verkörperung der Titel¬
rolle durch Hans Hofer, ihm stand Georg Thieß als Pflugfel¬
der gleichwertig zur Seite, der nach seiner Rede im dritten Akt Beifall
auf offener Szene hervorrief. Walter Sieg, der auch die Aufführung
trefflich inszeuiert hatte, zeichnete den heimtückischen Ebenwald ganz
im Sinne des Dichters. Feine Nuancen brachte Albert Friedrich in
seine Darstellung des Ministers. Das gut besuchte Haus spendete, na¬.
mentlich nach dem dritten Akte, viel Beifall.


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nis verurteilt und verbüßt die
Stadttheater.
begründeten Anstalt ist
streberhaften Kollegen hinausgedr
„Professor Bernhardi“, Komödie von Art#e=Schnitler,
sehli##### wäre, ihm, dem genialen
Wie ein Schattenspiel taucht hinter dieser Komödie
fernere Praktizieren unmöglich
des Wiener Dichters die alltägliche Tragödie eines
Aus diesem Stoff hätte ein a
armen Menschenkindes auf. Ein junges Leben vergeht
eine handfeste Tragödie gezim
hinter jener Wand, die das Krankenzimmer von dem
Dichter und Arzt, der die müben
Vocraum trennt. Ein kurzes Glück — wenn man es so
seiner skeptischer Sonde bloßzule
nennen will —, gebüßt mit frühem Tode. Die „Sepsis“.
die große tragische Geste nur ein
wie die Aerzte im Vorzimmer des Elisabethinums das
denn auch der große Kliniker, der
junge heimatlose Ding streng sachlich nach ihrer Krank¬
benden dem Priester gegenüber
heit nennen, liegt nebenan im Sterben. Aber der Tch
und doch zugleich so bewußt kultiv
ist der Schwerkranken gnädiger, als es das Leben war.
weit davon entfernt, ein Refor
Sie ahnt nicht das nahe Ende, glaubt sich der Genesung
Jene Szene in der über den
nahe und ist von einem fieberhaften Glücksgefühl erfüllt.
trennt, der Arzt und der Prie
Die Krankenschwester aber hat im Eifer der gewohnten
Hochachtung die Hände reichen,
Pflicht den Priester holen lassen, damit der armen sün¬
des Stückes. Und sicher hat de
digen Seele vor ihrem Ende die Tröstungen der Religion
der mehr Weltmann als Gele
zuteil werden. Gerade als der Priester in seinem Ornat= Aesthet als Tatmensch ist, weit m
erscheint, tritt der Leiter des Krankenhauses, Professor ters in sich, als etwa der gesin¬
Bernhardi, aus dem Krankenzimmer heraus. In dem
fessor Pflugfelder, der seinen Gi
rein menschlichen Empfinden, daß der ahnungslosen
sichtbar werdende Erbärmlichkeit
Sterbenden die furchtbare Gewißheit erspart bleiben soll,
herzigkeit herauspoltert.
verweigert er dem Priester den Eintritt in das Kranken¬
der letzte Akt, nachdem Professor
zimmer. Freilich zu spät. Denn schon ist die eifrige
Gefängnis überstanden hat, ihn
Krankenschwester hineingeschlüpft, um die Kranke auf
fang als resignierten Skeptiker
das Kommen des Geistlichen vorzubereiten. Mit den
schieden dagegen verwahrt, daß e
angstvoll hervorgestoßenen Worten: „Muß ich denn wirk- lösen wollen, er habe vielmehr
lich sterben“ ist die unglückliche verschieden. Auf diesem
speziellen Falle das getan, was e
Grunde entwickel sich
nun eine satirische Komödie.
Vielleicht aber erscheint uns die
Dem Professor Bernhardi, der zufällig jüdischen
menschlich wahr und sympat
Glaubens ist, wird aus der Abweisung des Priesters ein
Pathos, mit dem sich einige der
Strick gedreht. Mißgünstige Kollegen benützen die Ge¬
gar kein Verständnis hat.
legenheit, den tüchtigen und beliebten Mann, dessen
Die beiden letzten Akte, in
geistige Ueberlegenheit manchem von ihnen längst un¬
auch gescheit und oft witzig dis
bequem geworden ist, aus seiner Stellung zu verdrängen.
leider etwas, und man begrüßt n
Politische Parteigänger bemächtigen sich der maßlos
das rednerische Sturzbad, mit
aufgebauschten Sache, um daraus Kapital zu schlagen;
die Versammtung übergießt, fast
von klerikaler Seite wird im Parlament eine Inter=sist ja so menschlich schön, wenn di
pellation eingebracht und die Regierung sieht sich ge¬ Jugendfeuer seinen Freund vert
nötigt, gegen den menschenfreundlichen Arzt ein Ver-einfachen, zu Herzen gehenden
fahren wegen Religionsstörung einzuleiten. Professordieses Streitens, die Tragödie
Bernhardi wird auch richtig zu zwei Monaten, Gefäna=I schildert. Auch sonst, ist vie Sch##