II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 305

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25. ProfessenBea

id Magier immer wieder geveizt? Die
Fgelernien“ Arztes anzog und wieder abwarf. In der
mkeit jenes tölpelhaften Schnitters, der
#ealen Konkurrenz dieser beiden Berufe erging es ihm
rstorungswut auch vor den schönsten
wie dem Medilus Schiller, der das Mysterium des „stygischen
hsten Geschopfen nicht zurück¬
Zeus“ nicht nur in jener halbzitierten Adonisklage für
geistreiche Tücke jenes planmäßigen
ewige Zeiten heraufbeschworen.
ahnungslosen Opfer just in ihren
Aber die Dichtung wächst auch in einem anderen Sinne
uversichtlichsten Momenten
über jedes typische Berufskategoriespiel hin¬
leicht ist es den erwähnten Darstellern
auß.
Sie durchbricht schon in der ersten Szene den engen
oder raffinierte Gemeinheit des Todes
und glatten Rundhorizont jener üblichen Aerzte= und
n? Vielleicht haben sie uns in ihrer
Lehrer= und Theologen= und Dirnen= und Parlamentarier¬
Gauklerin nur die Seligkeit des un¬
ind Juden= und Philister= und Bauern= und Aristokraten¬
bekümmerten Sterbens versinnbildlichen
und Soldaten= und Journalisten= und Richter= und Kou¬
leurstudenten= und Kunstzigeuner= und Advokaten= und
es Sterbens (das Lebensthema Arthur
Gauner=Stücke, die aus den Gerüchen ihres Milieus
an den primitivsten und an den kom¬
eder aus den Farben ihrer Chargen oder aus den Dönen
fast in der gleichen Weise und nahezu
ihrer Thesen eine aufreizende und ziemlich kunstwidrige
Ergebnis studieren. Goethe folgt dieser
Wirkung herausschlagen. Dieses scheinbar so bewußt konstru¬
mplizierten Natur des Professors Faust
ierte Drama enthält kein einziges Element, das einem
Bernhardi geht mit dieser Philosophie
singerfertigen Konflikt=Schürzer und Knoten=Löser oder
tatur eines armen und schmählich ver¬
einem handfesten Problem=Arrangeur und Stimmungs¬
us. „Werd' ich zum Augenblicke sagen.
Tapezierer gelingen könnte.
Allerlei Aerzte führt es
so schön — dann will ich gern zu¬
zwischen einem Priester und einem Rechtsanwalt zu¬
mag die Totenglocke schallen, die Uhr
##ammen. Den goldbraunen Dämmerschein einer philoso¬
Zeiger
fallen,
es
die
phischen Atmosphäre legt es über die Köpfe und Glieder
Faust glaubt also erst im schön¬
der Kämpfenden. An Rembrandts Stände= und Gilden¬
seines Lebens todeswurdig
Bilder darf man denken. Namentlich an den sezierenden
Faust scheint in die Unseligkeit de¬
Anatom, der doch im faustischen Helldunkel der ewig
Seiigteit soich eines unbewußten
menschlichen Geheimnisse weit eher und weit gründlicher
zu wollen. Auf seiner gottsuchenden
als in den baccalaurensartigen Anschauungen einer beruf¬
mel durch die Welt zur Hölle vermählt
lichen Kaste zu Hause ist. Somit bringt hier jede Person
ihm den geflügelten Sohn Euphorion
ihr schattenhaft geisterndes Licht und ihren lichtvoll gei¬
kommt (wie die Religionsgeschichte der
ster
Schatten auf dis Bühne. Aus dieser Mischung er¬
t) auf einer sobenannten Insel der
gibi sich das Einzelschicksal. Und aus den Einzelschicksalen
Euphorion ist schön wie Adonis und
entwickelt uch das Plair-ohscur der Gesamthandlung. Das
Tod alles Schönen. „Auch das Schöne
ist nicht indens als in den Tafelbildern der Niederländer,
Renschen und Götter bezwinget, nicht
die man recht fälschlich als eindentige Milienmaler zu
hrt es des stygischen Zeus.“ Der
nehmen pflegt. Sämtliche Gestalten haben also wie bei
den glückseligen Euphorion durch einen
Rembrandt und wie überhaupt in den Bildnisstudien
m Himmel. Und es ist eine absonder¬
der Vorsehung auf ihrem speziellen Standplatz ein un¬
moderne Medizin dem Glückselig¬
widerlegliches Recht. Alle Figuren sind von ihrem beson¬
der die Todgemeihien of!
deren Gesichtspunkt aus im Rechte. Dieses höchste, dieses
hrem unerwarteten Tode
göttliche, dieses künstlerische Recht triumphiert über die
angeblich so nüchternen Namen
politischen und individuellen Rechthabereien, die als äußer¬
lich agierende Kräfte mitspielen, aber in keinem Fall den
n Fall einer absoluten Eupho¬
Ausschlag geben. Daher begreifen wir, daß der tiefver¬
das Um und Auf seiner Bernhardi¬
letzte und streitbereite Bernhardi am Ende alle aufge¬
r. Arthur Schnitzler, der eine Zeitlang
brängten Waffen freiwillig beiseite schiebt und das ibsen¬
r Dichter wurde, wie die Leute sagen.
würdige Wort findet: „Das Probl.m ist nicht mehr öster¬
daß das modern=medizinische Phäne¬
eichische Politik oder Politik überhaupt, sondern es handelt
uphorie schon vor abertausend Jahren
sich plötzlich um Verantwortung und Offenbarung und im
Phantasie eines gottbegnadeten Künst¬
etzten Sinn um die Frage der Willensfreiheit ...
Urkraft gelebt hat. Die schöpferische
Es ist ein eminentes Verdienst der scharfgeistigen Regie
Intuition läuft eben allen wissenschaft¬
Carl Hagemanns, daß die schwierige Angelegenheit nicht in
intellekuellen Zurechtlegungen um
der Richtung Brieux oder Otto Ernst ober Sudermann oder
Was entwicklungsgeschichtlich von
Bernstein auf geradlinigen und allgemein zugänglichen
lt, besteht alich in der Entwicklungs¬
Gleisen bewältigt wird. In dieser Richtung verkehren nur
rischen Einzelmenschen zu Recht. Und
billige Sonntagszüge, die auf jeder buntbewimpelten
jüngste Wert des zeitgenössischen
Station von biederen Vereinen beklatscht werden.
daß Schnitzler den Seziermantel des
Aber in der szenischen Form des Schauspielbauses sind alle
gen, ehe er den Seziermantel des # schreienden Flaggen auf Halbmast gesetzt Das geschilderten“
Hellduntel sagt den Ton an. Josen=Rembrandt schafft die
#aszinterende Grundstimmung. Und Nhil, Wagner, Brahm.
Monior, Kreidemann, Wach, Lang, Sartory, Kallenberger,
Andresen Holstein, Röhl, Stettner, Keßler bringen mit
eiten gehörter Meisterlichkeit und selten geschauter Ein¬
##tlichkeit den starken und echten Dichter zu vollen und
ohen Ehren.
Anton Linhner,