II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 307

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25. ProfessoBernhand
Ausschnitt auseigen für Hamburg-Altt
5 APR. 19·0
Hamburg
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vom:
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wartet, daß der Geliebte, der das Unheil über sie gebracht, kommen, und mus und 2
mittelalterli
sie in ein neues Leben führen wird. Es ist, medizinisch gesprochen,
Theater und Musik.
gang vor de
Euphorie eingetreten, ein stilles, süßes Verglimmen der Lebens¬
Grunde gen
flamme, das schon manchem Toten den seligen Ausdruck auf sein friede¬
volles Antlitz gezaubert hat. Die Todkranke weiß nicht, was der Arzt
Deutsches Schauspielhaus.
Professor
mit aller Sicherheit tausendfältiger Erfahrung weiß, daß sie in wenigen
damit die E
Professor Bernhardi,
Minuten sterben muß. In diesen letzten Augenblicken naht ihr, von
punkt aus 1
frommem Glauben herbeigerufen, der Priester mit den Sterbesakra¬
Komödie in fünf Akten von Arthur Schnitzler.
vorgeht, daß
manten. Das Auftreten des Geistlichen als eines sicheren Vorboten
Auf der alten Kanzel Lessings, Goethe Schiner pewbele, Gril¬
Schrecken stit
des Todes, muß natürlich die Kranke aus allen Hoffnungshimmeln
r#zers nimmt sich die moderne Erscheinung Arthur Schnitzlers eigen¬
des Priester
reißen. Ihre letzten Glücksgefühle müssen sich in schreckliche Todes¬
ctig, aber durchaus nicht befremdlich aus, und sein dichterisches
Arzt aber ha
angst umwandeln. Und darum vertritt Professor Bernhardi, der
Bühnenevangelium Professor Bernhardi ist wohl wert, daß es
Welt sind, de
Direktor des Krankenhauses, dem Schwarzrock den Weg zu der Ster¬
#eithin gehört und vernommen wird.
Es ist eine reiche
ist, daß seine
benden. Ihm, als ihrem Arzt, ist das Wohl der Kranken anvertrautwerden muß
und reife Lehre darin, wenn es auch kein Dogma auf¬
und es ist seine Pflicht, dieses Wohl bis zum letzten Augenblicke zu
stellt und obgleich es auch nirgends behauptet, die alleinselig¬
macht ihn d
fördern, zu schützen, vor unvernünftigen Eingriffen zu behüten. Er
machende Wahrheit vom Himmel herab empfangen zu haben. Durch
politischen
folgt also seinem inneren Gefühl, und weist den Geistlichen zurück,
das Drama geht der Zug der milden, humoristischen. mit einiger Bitter¬
sein will al
höflich, aber mit aller Entschiedenheit. Sein menschliches Gefühl,
keit aromatisch vermischten Schnitzler'schen Skepsis, eines Zweifel¬
setzungslosen
muts, der gewonnen ist in einer reichen und reifen Welterfahrung
seine ärztliche Wissenschaft tritt damit in scharfem Gegen¬
lischen Kreise
und durch einen Geist, der vor der Prüfung keiner anerkannten und schein¬
satz zu den Lehren der katholischen Kirche, die einen
In seinem
bar sicher geprägten Wahrheit zurückschreckt. Schnitzler gleicht auch
Sünder, und wir sind allzumal Sünder, unter keinen
ihn von seine
darin Lessing, daß er ein ehrlicher Wahrheitssucher ist, kein anmaßen¬
Umständen ohne die letzte Wegzehrung sterben lassen will. Denn hinter
tektoren der
der Wahrheitspächter. In dieser Selbstbescheidung übertrifft er zum
diesem zeitlichen, irdischen Leben beginnt für die Seele das ewige Leben,
eines christl
Beispiel Hebbel, oder soll man sagen, bleibt er hinter Hebbel zurück?
entweder im Himmel oder in der scharfen Zucht des Fegefeuers oder in
einem mit ih
„Hebbel konstruierte sich eine poetische Philosophie und hielt an seinen
den unendlichen Qualen der Hölle. Vor diesen schützt das Sterbe¬
einen Schieb
Glaubensartikeln fest. Schnitzler stellt die Fragen der Moral und der
sakrament, und der Pfarrer, als Vertreter seines Glaubens und als
esse der Part
Weltanschauung in viel umfangreicherem Maße zur Diskussion. Er
Spender einer unschätzbaren Gabe, muß natürlich das Dazwischen¬
Strafrichter
läßt Vieles dahingestellt sein, weil ihm die Relativität und das
treten des Arztes als unberechtigten Eingriff in seine Pflichtensphäre
reinstem Pf
starke Fließen alles Geschehenden in höherem Maße im Bewußt¬
empfinden. Die beiden Männer, der Arzt und der Priester, sind An¬
Verbrechen a
sein bleibt.
känger zweier diametkal entgegengesetzten Weltanschauungen. Für tische und
Um einen kontreten Einzelfall, um einen ganz bestimmten, schein¬
den einen ist das versönliche Leben mit dem Tode zu Ende, für den
Jahrmarkt d
bar recht unbedeutenden Hergang krystallisieren sich in der Komödie
Glauben des andern beginnt es erst in seiner ganzen Fülle und setzt
schauer. Neb
Professor Bernhardi eine ganze, von den mannigfachsten Gegen¬
sich in Ewigkeit fort. Der eine will die Furcht vor dem Tode besei¬
Neben reinen
sätzen belebte. Erscheinungs= und Gedankenwelt. In
einem
tigen, der andere sucht den Tod mit furchtbaren Schrecken zu umgeben,
und erweist
Krankenhause liegt ein junges Mädchen im Sterben.
Die
um die harten Herzen weich, bußfertig, gebewillig, auch den Priestern
Schwarzweiß
Arme muß sterben, weil an ihr wahrscheinlich ein verbrecherischer
gegenüber gebewillig zu machen. Professor Bernhardi ist Pfleger des
seiner Rechte
Eingeiff in ihre werdende Mutierschaft vorgenommen worden ist. Eing
Leibes, der Pfarrer hält sich für den Sorger der Seele, Professor Bern¬
wie es hier
Welt voll Angst und Not nach einem turzen Liebesglück öffnet sich hinter
bardi betrachtet die beglückenden Gedanken der Sterbenden als letzte
fasser getan
dieser Sterbenden. Aber die letzten Minuten der Märtyverin ihrer
Aeußerungen einer Existenz vor ihrer Auflösung, für den Pfarrer sind
nutzung polit
Gefühle und des rauhen Lebens, das nicht jede Knospe zur Entwicklung
diese Gedanken wahrscheinlich sündhaft: der Sterbende soll sich dem
sind eben di
gelangen lassen kann und will, sind schmerzensfrei, glückselig. Sie er= Zeitlichen ab= und dem Ewigen zuwenden. Die Kluft zwischen Monis= Skeptiker.