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wartet, daß der Geliebte, der das Unheil über sie gebracht, kommen, und
mus und Dualismus, zwischen modern=naturwissenschaftlicher und
sie in ein neues Leben führen wird. Es ist, medizinisch gesprochen,
lusik.
mittelalterlich=kirchlicher Weltanschauung tut sich in dem kleinen Vor¬
Euphorie eingetreten, ein stilles, süßes Verglimmen der Lebens¬
gang vor dem Krankenzimmer auf. Und über diese Kluft führt im
flamme, das schon manchem Toten den seligen Ausdruck auf sein friede¬
Grunde genommen kein Weg.
volles Antlitz gezaubert hat. Die Todkranke weiß nicht, was der Arzt
haus.
mit aller Sicherheit tausendfältiger Erfahrung weiß, daß sie in wenigen
Professor Bernhardi tut das, was er für Recht hält, und er verletzt
Minuten sterben muß. In diesen letzten Augenblicken naht ihr, von
damit die Empfindungen und Interessen anderer. Von seinem Stand¬
thur Schnitzler.
frommem Glauben herbeigerufen, der Priester mit den Sterbesakra¬
punkt aus hat ervollkommen recht gehabt, was schon daraus her¬
SahmersHerdere. Grill¬
enten. Das Auftreten des Geistlichen als eines sicheren Vorboten
vorgeht, daß die aus ihren Hoffnungshimmeln gestürzte Kranke vor
des Todes, muß natürlich die Kranke aus allen Hoffnungshimmeln
Arthur Schnitzlers eigen¬
Schrecken stirbt, als eine beschrankte Krankenschwester ihr den Besuch
s, und sein dichterisches
des Priesters mit den Sterbesakramenten auch nur ankündigt. Der
reißen. Ihre letzten Glücksgefühle müssen sich in schreckliche Todes¬
Arzt aber hat vergessen, daß er und seine Kranke nicht allein in der
wohl wert, daß es
angst umwandeln. Und darum vertritt Professor Bernhardi, der
Welt sind, daß diese Welt eine Welt der Gegensätze und des Kampfes
Es ist eine reiche
Direktor des Krankenhauses, dem Schwarzrock den Weg zu der Ster¬
ist, daß seine eigene Position erkämpft ist und gegen Angriffe verteidigt
auch kein Dogma auf¬
benden. Ihm, als ihrem Arzt, ist das Wohl der Kranken anvertraut
werden muß. Professor Bernhardi ist Jude, und schon diese Tatsache
ehauptet, die alleinselig¬
und es ist seine Pflicht, dieses Wohl bis zum letzten Augenblicke zu
macht ihn den antisemitischen Klerikalen verdächtig, obgleich er allen
pfangen zu haben. Durch
fördern, zu schützen, vor unvernünftigen Eingriffen zu behüten. Er
stischen, mit einiger Bitter¬
politischen Kämpfen vollständig fernsteht und absolut nichts anderes
folgt also seinem inneren Gefühl, und weist den Geistlichen zurück,
Skepsis, eines Zweifel¬
sein will als ein tüchtiger Arzt, ein Mann der freien und voraus¬
höflich, aber mit aller Entschiedenheit. Sein
menschliches Gefühl,
nd reifen Welterfahrung
setzungslosen Wissenschaft. Nun er etwas getan hat, das die katho¬
seine ärztliche Wissenschaft, tritt damit
in scharfem Gegen¬
er anerkannten und schein¬
lischen Kreise stört, beginnen sich alle antagonistischen Kräfte zu regen.
satz zu den Lehren der katholischen Kirche, die
einen
Schnitzler gleicht auch
In seinem Krankenhause benützen streberische Kollegen die Situation,
Sünder, und wir sind allzumal Sünder, unter keinen
ssucher ist, kein anmaßen¬
ihn von seiner überragenden Stellung zu verdrängen. Die hohen Pre¬
Umständen ohne die letzte Wegzehrung sterben lassen will. Denn hinter
eidung übertrifft er zum
tektoren der Anstalt legen ihr Protektorat nieder. Die Interpellation
diesem zeitlichen, irdischen Leben beginnt für die Seele das ewige Leben,
er hinter Hebbel zurück?
eines christlich=sozialen, d. h. verkappt=klerikalen Parteimanns, der
entweder im Himmel oder in der scharfen Zucht des Fegefeuers oder in
pphie und hielt an seinen
einem mit ihm verwandten Professor am Institut Bernhardis zugleich
den unendlichen Qualen der Hölle. Vor diesen schützt das Sterbe¬
ragen der Moral und der
einen Schieberdienst erweist, sucht das Vorgehen des Arztes im Inter¬
sakrament, und der Pfarrer, als Vertreter seines Glaubens und als
aße zur Diskussion. Er
esse der Partei auszuschlachten, und schließlich bemächtigt sich sogar der
Spender einer unschätzbaren Gabe, muß natürlich das Dazwischen¬
Relativität und das
Strafrichter der Sache und deutet nach seinen Paragraphen die aus
treten des Arztes als unberechtigten Eingriff in seine Pflichtensphäre
krem Maße im Bewußt¬
reinstem Pflichtgefühl entsprossene Handlung des Professors in ein
empfinden. Die beiden Männer, der Arzt und der Priester, sind An¬
Verbrechen gegen die Religion des christlichen Staates um. Das poli¬
hänger zweier diametral entgegengesetzten Weltanschauungen. Für
ganz bestimmten, schein¬
tische und Parteigetriebe, das Nepoten= und Strebertum, der gange
den einen ist das versönliche Leben mit dem Tode zu Ende, für den
eren sich in der Komödie
Jahrmarkt des Lebens enthüllt sich bei dieser Gelegenheit dem Zu¬
Glauben des andern beginnt es erst in seiner ganzen Fülle und setzt
mannigfachsten Gegen¬
schauer. Neben manchem guten Willen steht unendlich viel böser Wille.
sich in Ewigkeit fort. Der eine will die Furcht vor dem Tode besei¬
ankenwelt. In einem
Neben reinem, menschlichem Streben steht das politische Strebertum
tigen, der andere sucht den Tod mit furchtbaren Schrecken zu umgeben,
en im Sterben. Die
und erweist sich als das mächtigere. Dabei ist Schnitzler durchaus kein
um die harten Herzen weich, bußfertig, gebewillig, auch den Priestern
nlich ein verbrecherischer
Schwarzweißmaler, der die Böcke zu seiner Linken und die Schafe zu
gegenüber gebewillig zu machen. Professor Vernhardi ist Pfleger des
nommen worden ist. Eine
seiner Rechten stellt und die Menschen in Engel und Teufel scheidet,
Leibes, der Pfarrer hält sich für den Sorger der Seele, Professor Bern¬
ebesglück öffnet sich hinter
wie es hier mancher plumpere, auf Theaterwirkungen erpichte Ver¬
hardi betrachtet die beglückenden Gedanken der Sterbenden als letzte
en der Märtyrerin ihrer
fasser getan hätte. Auch dem Tun aus politischen Motiven, der Be¬
Acußerungen einer Existenz vor ihrer Auflösung, für den Pfarrer sind
eKnospe zur Entwicklung
nutzung politischer Konstellationen gewährt er ihre Berechtigung. So
diese Gedanken wahrscheinlich sündhaft: der Sterbende soll sich dem
sind eben die Menschen, ecce homines, sagt milde sarkastisch den
sfrei, glückselig. Sie er= Zeitlichen ab= und dem Ewigen zuwenden. Die Kluft zwischen Monis=]Skeptiker.
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wartet, daß der Geliebte, der das Unheil über sie gebracht, kommen, und
mus und Dualismus, zwischen modern=naturwissenschaftlicher und
sie in ein neues Leben führen wird. Es ist, medizinisch gesprochen,
lusik.
mittelalterlich=kirchlicher Weltanschauung tut sich in dem kleinen Vor¬
Euphorie eingetreten, ein stilles, süßes Verglimmen der Lebens¬
gang vor dem Krankenzimmer auf. Und über diese Kluft führt im
flamme, das schon manchem Toten den seligen Ausdruck auf sein friede¬
Grunde genommen kein Weg.
volles Antlitz gezaubert hat. Die Todkranke weiß nicht, was der Arzt
haus.
mit aller Sicherheit tausendfältiger Erfahrung weiß, daß sie in wenigen
Professor Bernhardi tut das, was er für Recht hält, und er verletzt
Minuten sterben muß. In diesen letzten Augenblicken naht ihr, von
damit die Empfindungen und Interessen anderer. Von seinem Stand¬
thur Schnitzler.
frommem Glauben herbeigerufen, der Priester mit den Sterbesakra¬
punkt aus hat ervollkommen recht gehabt, was schon daraus her¬
SahmersHerdere. Grill¬
enten. Das Auftreten des Geistlichen als eines sicheren Vorboten
vorgeht, daß die aus ihren Hoffnungshimmeln gestürzte Kranke vor
des Todes, muß natürlich die Kranke aus allen Hoffnungshimmeln
Arthur Schnitzlers eigen¬
Schrecken stirbt, als eine beschrankte Krankenschwester ihr den Besuch
s, und sein dichterisches
des Priesters mit den Sterbesakramenten auch nur ankündigt. Der
reißen. Ihre letzten Glücksgefühle müssen sich in schreckliche Todes¬
Arzt aber hat vergessen, daß er und seine Kranke nicht allein in der
wohl wert, daß es
angst umwandeln. Und darum vertritt Professor Bernhardi, der
Welt sind, daß diese Welt eine Welt der Gegensätze und des Kampfes
Es ist eine reiche
Direktor des Krankenhauses, dem Schwarzrock den Weg zu der Ster¬
ist, daß seine eigene Position erkämpft ist und gegen Angriffe verteidigt
auch kein Dogma auf¬
benden. Ihm, als ihrem Arzt, ist das Wohl der Kranken anvertraut
werden muß. Professor Bernhardi ist Jude, und schon diese Tatsache
ehauptet, die alleinselig¬
und es ist seine Pflicht, dieses Wohl bis zum letzten Augenblicke zu
macht ihn den antisemitischen Klerikalen verdächtig, obgleich er allen
pfangen zu haben. Durch
fördern, zu schützen, vor unvernünftigen Eingriffen zu behüten. Er
stischen, mit einiger Bitter¬
politischen Kämpfen vollständig fernsteht und absolut nichts anderes
folgt also seinem inneren Gefühl, und weist den Geistlichen zurück,
Skepsis, eines Zweifel¬
sein will als ein tüchtiger Arzt, ein Mann der freien und voraus¬
höflich, aber mit aller Entschiedenheit. Sein
menschliches Gefühl,
nd reifen Welterfahrung
setzungslosen Wissenschaft. Nun er etwas getan hat, das die katho¬
seine ärztliche Wissenschaft, tritt damit
in scharfem Gegen¬
er anerkannten und schein¬
lischen Kreise stört, beginnen sich alle antagonistischen Kräfte zu regen.
satz zu den Lehren der katholischen Kirche, die
einen
Schnitzler gleicht auch
In seinem Krankenhause benützen streberische Kollegen die Situation,
Sünder, und wir sind allzumal Sünder, unter keinen
ssucher ist, kein anmaßen¬
ihn von seiner überragenden Stellung zu verdrängen. Die hohen Pre¬
Umständen ohne die letzte Wegzehrung sterben lassen will. Denn hinter
eidung übertrifft er zum
tektoren der Anstalt legen ihr Protektorat nieder. Die Interpellation
diesem zeitlichen, irdischen Leben beginnt für die Seele das ewige Leben,
er hinter Hebbel zurück?
eines christlich=sozialen, d. h. verkappt=klerikalen Parteimanns, der
entweder im Himmel oder in der scharfen Zucht des Fegefeuers oder in
pphie und hielt an seinen
einem mit ihm verwandten Professor am Institut Bernhardis zugleich
den unendlichen Qualen der Hölle. Vor diesen schützt das Sterbe¬
ragen der Moral und der
einen Schieberdienst erweist, sucht das Vorgehen des Arztes im Inter¬
sakrament, und der Pfarrer, als Vertreter seines Glaubens und als
aße zur Diskussion. Er
esse der Partei auszuschlachten, und schließlich bemächtigt sich sogar der
Spender einer unschätzbaren Gabe, muß natürlich das Dazwischen¬
Relativität und das
Strafrichter der Sache und deutet nach seinen Paragraphen die aus
treten des Arztes als unberechtigten Eingriff in seine Pflichtensphäre
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reinstem Pflichtgefühl entsprossene Handlung des Professors in ein
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Verbrechen gegen die Religion des christlichen Staates um. Das poli¬
hänger zweier diametral entgegengesetzten Weltanschauungen. Für
ganz bestimmten, schein¬
tische und Parteigetriebe, das Nepoten= und Strebertum, der gange
den einen ist das versönliche Leben mit dem Tode zu Ende, für den
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Jahrmarkt des Lebens enthüllt sich bei dieser Gelegenheit dem Zu¬
Glauben des andern beginnt es erst in seiner ganzen Fülle und setzt
mannigfachsten Gegen¬
schauer. Neben manchem guten Willen steht unendlich viel böser Wille.
sich in Ewigkeit fort. Der eine will die Furcht vor dem Tode besei¬
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Neben reinem, menschlichem Streben steht das politische Strebertum
tigen, der andere sucht den Tod mit furchtbaren Schrecken zu umgeben,
en im Sterben. Die
und erweist sich als das mächtigere. Dabei ist Schnitzler durchaus kein
um die harten Herzen weich, bußfertig, gebewillig, auch den Priestern
nlich ein verbrecherischer
Schwarzweißmaler, der die Böcke zu seiner Linken und die Schafe zu
gegenüber gebewillig zu machen. Professor Vernhardi ist Pfleger des
nommen worden ist. Eine
seiner Rechten stellt und die Menschen in Engel und Teufel scheidet,
Leibes, der Pfarrer hält sich für den Sorger der Seele, Professor Bern¬
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Acußerungen einer Existenz vor ihrer Auflösung, für den Pfarrer sind
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nutzung politischer Konstellationen gewährt er ihre Berechtigung. So
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sind eben die Menschen, ecce homines, sagt milde sarkastisch den
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