25. ProfesserBernhandi bos 30/4
Ausschnitt aus:
TSONER ANZEIGR:
vom:
einmal vertragen? Ach nein, auch viel bessere Leitartikel
Federkraft; der Dichte
Kunst und Wissenschaft
sind schon vergessen worden. Und unser Interesse nimmt
haftes Problem auf; han
abermals um einen Bruchteil ab. Auch die politische Schale
es mit Österreichertum,
der Zwiebel fällt.
bloße Typen, aber keine
Professor Bernhardi
lung Reflexion. Der
Werk geht aber noch w
Nun die dritte Schale: die Rassenfrage. Arier
Gastspiel des Kleinen Theaters aus Berlin
um den es sich handelt
und Semiten. Die Schilderung dieses Gegensatzes, der die Kampf selber wird ja g
Das Stück von Arthun
ds vor¬
österreichische Politik durchwühlt und vergiftend durch das alles aus wie das Hor#
gestern im Zentraltheater gegeben wurde, hat in
Parteigetriebe zieht, kann in dieser Kleinlichkeit, in dieser
dem Priester ist eine
seiner unendlichen Redseligkeit eine große Ahnlichkeit mit
Verquickung mit rein österreichischen Verhältnissen, wie
theatralisch dankbar sie
einer Zwiebel.
sie Schnitzler zu Wege bringt, in keinem Sinne als eine
ist eine papierne Konstru
Das Stück besteht offenbar aus einer Anzahl von
künstlerische Leistung bezeichnet werden. Hier liegt der
Held, der gesenkten Ha
rednerischen Hüllen und Schalen, die man bequem nach¬
Rohstoff für jedermann offen zutage. Was geht dieses Schicksal mit ihm vor ha
einander ablösen kann. Mit dem Dichterischen und Mensch¬
Gezänk uns Nichtösterreicher an, dieses gegenseitige Be=wird von seinen Freu##
lichen haben diese Hüllen nicht viel zu schaffen. Da ist an
schimpfen, diese mühsame Duldung, diese nur halb ver= wartet und im Triumy
dieser breiten und innerlich kraftlosen Zwiebel zunächst
steckte Verachtung, die die Parteien im Schatten des Meineid kommt zutage;
die ärztliche Schale. Sie ist ganz gewiß sorgfältig und
Stefansdoms gegeneinander im Herzen tragen? An=werden; der Arzt, der
richtig um das Stück gewickelt, nur interessiert sie eigentlich
gewidert von solchen Bildern der Vergiftung des öffent= leidenden Menschheit z
den Nichtarzt zu wenig, um sein Gefühl an irgendeiner
lichen Lebens außerhalb unseres Landes, kommt uns aber= Arztdiplom zurückgewin
Stelle wirklich zu packen. Richter, Offiziere, Erzieher, Geist¬
mals, und zwar mit verstärkter Gewalt die Frage: Was
Ruh will ich haben..
liche haben die Teilnahme in weit stärkerem Maße erregt.
soll uns das alles, was soll uns auf der Bühne, in der
Schwer enttäuscht
Mag es nun der Überdruß sein, den man gegen solche Um¬
Dichtung das Hineintragen von Rassenkämpfen, wo das
den Anfang zurück. Wa
weltschilderungen empfindet, mag es die leise verschleiernde
Reinmenschliche und das künstlerisch Gestaltete so gänzlich
halb so viel Kulissen g#
Zartheit des Schnitzlerschen Stiles sein, genug, an der
fehlt?
Arzten, Priestern, Politi
ärztlichen Welt der Komödie nimmt man als Zuschauer
werden mußte: diese Kul
nur geringen Anteil. Es kommt dies mit daher, daß der
Hohles und Hilfloses ul
Offizier in vielen wichtigen Lebenslagen zu allererst
So bleibt von der Zwiebel, nachdem all diese Hüllen
Lebens, des gestalteten
Offizier sein muß, der Arzt aber nur selten außerhalb des
gefallen, nur ein ganz kleiner Kern. Denn wer wird im
und Ohr beschäftigen. —
Berufskreises Arzt zu sein braucht. Ja, die Schnitzler¬
Ernst behaupten wollen, all diese weitläufigen, hinein¬
also doch sehr viel Sinn
schen Personen sind — in dichterischem Sinne — durchaus
gestopften Redereien, zwischen denen nichts geschieht, seien
Die Darstellung des
nur im Nebenamt Arzte, im dramatischen Hauptamt aber
organisch und notwendig miteinander und mit dem wirk= keitsgetreu und lebendig
sind sie Wühler und Streber oder Prinzipienreiter oder
lichen Probleme verbunden? Es bleibt nichts übrig als!
Barnowsky sahen wir e
auch Volksredner, Sprechmaschinen, Objekte für Klage oder
eine kleine Anekdote, und zwar behaftet mit allen Zufällig¬
Klein=Rhoden, Ma
Anklage. So löst man denn mit großer Gemütsruhe die
keiten des Lebens: Ein Arzt hat einer Sterbenden, die
Max Adalbert zeich
ärztliche Schale der Zwiebel ab.
ohne Ahnung von ihrem Zustand war, den Anblick des
Priesters erspart, der ihr die Sterbesakramente darreichen
und sie damit über ihren Zustand aufklären wollte. Aus
Darunter kommt nun eine andere zum Vorschein:
Menschlichkeit, aus ärztlichem Pflichtgefühl. Aber er wirh
das ist die politische. Unzweifelhaft ist sie wichtiger
der Religionsstörung angeklagt, von falschen Zeugen bes
und fester gewachsen als die erste. Aber es bedarf gar keiner
schuldigt und zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Nus
großen Mühe, auch sie aus dem Gefüge des Ganzen zu
hängt alles von Zufälligkeiten ab: Wäre der Priester vick
lösen. Mit einer leisen Veränderung des Schauplatzes
Minuten später gekommen, so wäre die Kranke schon ge
ist sie künstlerisch aus dem Werk verbannt. Man denke
storben gewesen, und hätte die hysterische Krankenschweste
sich die Handlung einmal aus Wien und aus dem streng
ihren Meineid früher widerrufen, so wäre der Arzt nicht
katholischen Österreich nach Magdeburg oder Wismar ver¬
verurteilt worden. Aber nicht nur, daß der Anlaß zu den
setzt und man wird ohne weiteres das Außerliche, den
Konflikt schließlich zu klein und zu abhängig von Zufällen
Leitartikelton, das Feuilleton, kurz das durch und durch
ist; nicht nur, daß Schnitzler die große Form des fünf¬
Unkünstlerische,
939
Polemische und Undramatische der
aktigen Dramas nicht meistern kann, sondern darin liegt
langen rednerischen Auseinandersetzungen empfinden. Nun
der Mangel, daß es diesem Werk überhaupt an seelischer
könnte freilich ein Temperament, ein starker Dichter und
und dramatischer Spannkraft fehlt. Man sieht ja gar nicht,
Gestalter auch in diesem Fall das leidenschaftliche Interesse ob der Kampf zwischen Priester und Arzt überhaupt der
erwecken. Aber die Personen, die bei Schnitzler auftreten,
Rede wert ist. Man denke sich einmal folgendes: bei dem
sind Typen, sind Figuren mit langen Spruchbändern, sind
Sterbenden hinter der Bühne handle es sich um Josef
flache Silhonetten — aber man kann nicht um sie wie um
Kainz. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Fall, bei dem
Statuen oder um lebendige Menschen herumgehen. Sie
man den Kranken mit List dem Schoß der Kirche zurück¬
leben von Druckerschwärze und kleben am Papier. Sie sind
gewinnen wollte, den Anlaß für Schnitzler gegeben hat,
zweckvoll, aber sie sind keine Naturen. Man lese in großen
das Stück zu schreiben. Aber wie rot fließt das Blut in
österreichischen Blättern fünszehn Leitartikel; sie mögen
den Adern dieses möglichen Stoffes und wie blaß ist alles
geistvoll sein, aber hat man darum fünfzehn österreicheschel bei Schnitzler! Im Falle Kainz dem Priester den Zutritt
Menschen vor Augen steben? Das ist der Punkt, wo zum Krankenlager wehren, das hieß, den Sinn eines
Schriftsteller und Dichter sich scheiden. Mit der leidigen ganzen Lebens — gleichviel ob mit Recht oder Unrecht —
inneren österreichischen Politik mögen sich die Völker Eis vor Entstellung bewahren. In diesem Falle sagt sich jeder,
und Trans beschäftigen. Lesen wir bei uns im all= daß der Kampf um etwas Wertvolles geht, und die
gemeinen österreichische Parlamentsreden? Sino sie uns Spannung auf den Ausgang hätte keinen Augenblick ver¬
Lebensbrot? Und im Kunstwerk sollen wir sie nun auf sagt Aber dies dialogisch meisterhafte Werk hat keine innere
Ausschnitt aus:
TSONER ANZEIGR:
vom:
einmal vertragen? Ach nein, auch viel bessere Leitartikel
Federkraft; der Dichte
Kunst und Wissenschaft
sind schon vergessen worden. Und unser Interesse nimmt
haftes Problem auf; han
abermals um einen Bruchteil ab. Auch die politische Schale
es mit Österreichertum,
der Zwiebel fällt.
bloße Typen, aber keine
Professor Bernhardi
lung Reflexion. Der
Werk geht aber noch w
Nun die dritte Schale: die Rassenfrage. Arier
Gastspiel des Kleinen Theaters aus Berlin
um den es sich handelt
und Semiten. Die Schilderung dieses Gegensatzes, der die Kampf selber wird ja g
Das Stück von Arthun
ds vor¬
österreichische Politik durchwühlt und vergiftend durch das alles aus wie das Hor#
gestern im Zentraltheater gegeben wurde, hat in
Parteigetriebe zieht, kann in dieser Kleinlichkeit, in dieser
dem Priester ist eine
seiner unendlichen Redseligkeit eine große Ahnlichkeit mit
Verquickung mit rein österreichischen Verhältnissen, wie
theatralisch dankbar sie
einer Zwiebel.
sie Schnitzler zu Wege bringt, in keinem Sinne als eine
ist eine papierne Konstru
Das Stück besteht offenbar aus einer Anzahl von
künstlerische Leistung bezeichnet werden. Hier liegt der
Held, der gesenkten Ha
rednerischen Hüllen und Schalen, die man bequem nach¬
Rohstoff für jedermann offen zutage. Was geht dieses Schicksal mit ihm vor ha
einander ablösen kann. Mit dem Dichterischen und Mensch¬
Gezänk uns Nichtösterreicher an, dieses gegenseitige Be=wird von seinen Freu##
lichen haben diese Hüllen nicht viel zu schaffen. Da ist an
schimpfen, diese mühsame Duldung, diese nur halb ver= wartet und im Triumy
dieser breiten und innerlich kraftlosen Zwiebel zunächst
steckte Verachtung, die die Parteien im Schatten des Meineid kommt zutage;
die ärztliche Schale. Sie ist ganz gewiß sorgfältig und
Stefansdoms gegeneinander im Herzen tragen? An=werden; der Arzt, der
richtig um das Stück gewickelt, nur interessiert sie eigentlich
gewidert von solchen Bildern der Vergiftung des öffent= leidenden Menschheit z
den Nichtarzt zu wenig, um sein Gefühl an irgendeiner
lichen Lebens außerhalb unseres Landes, kommt uns aber= Arztdiplom zurückgewin
Stelle wirklich zu packen. Richter, Offiziere, Erzieher, Geist¬
mals, und zwar mit verstärkter Gewalt die Frage: Was
Ruh will ich haben..
liche haben die Teilnahme in weit stärkerem Maße erregt.
soll uns das alles, was soll uns auf der Bühne, in der
Schwer enttäuscht
Mag es nun der Überdruß sein, den man gegen solche Um¬
Dichtung das Hineintragen von Rassenkämpfen, wo das
den Anfang zurück. Wa
weltschilderungen empfindet, mag es die leise verschleiernde
Reinmenschliche und das künstlerisch Gestaltete so gänzlich
halb so viel Kulissen g#
Zartheit des Schnitzlerschen Stiles sein, genug, an der
fehlt?
Arzten, Priestern, Politi
ärztlichen Welt der Komödie nimmt man als Zuschauer
werden mußte: diese Kul
nur geringen Anteil. Es kommt dies mit daher, daß der
Hohles und Hilfloses ul
Offizier in vielen wichtigen Lebenslagen zu allererst
So bleibt von der Zwiebel, nachdem all diese Hüllen
Lebens, des gestalteten
Offizier sein muß, der Arzt aber nur selten außerhalb des
gefallen, nur ein ganz kleiner Kern. Denn wer wird im
und Ohr beschäftigen. —
Berufskreises Arzt zu sein braucht. Ja, die Schnitzler¬
Ernst behaupten wollen, all diese weitläufigen, hinein¬
also doch sehr viel Sinn
schen Personen sind — in dichterischem Sinne — durchaus
gestopften Redereien, zwischen denen nichts geschieht, seien
Die Darstellung des
nur im Nebenamt Arzte, im dramatischen Hauptamt aber
organisch und notwendig miteinander und mit dem wirk= keitsgetreu und lebendig
sind sie Wühler und Streber oder Prinzipienreiter oder
lichen Probleme verbunden? Es bleibt nichts übrig als!
Barnowsky sahen wir e
auch Volksredner, Sprechmaschinen, Objekte für Klage oder
eine kleine Anekdote, und zwar behaftet mit allen Zufällig¬
Klein=Rhoden, Ma
Anklage. So löst man denn mit großer Gemütsruhe die
keiten des Lebens: Ein Arzt hat einer Sterbenden, die
Max Adalbert zeich
ärztliche Schale der Zwiebel ab.
ohne Ahnung von ihrem Zustand war, den Anblick des
Priesters erspart, der ihr die Sterbesakramente darreichen
und sie damit über ihren Zustand aufklären wollte. Aus
Darunter kommt nun eine andere zum Vorschein:
Menschlichkeit, aus ärztlichem Pflichtgefühl. Aber er wirh
das ist die politische. Unzweifelhaft ist sie wichtiger
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und fester gewachsen als die erste. Aber es bedarf gar keiner
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großen Mühe, auch sie aus dem Gefüge des Ganzen zu
hängt alles von Zufälligkeiten ab: Wäre der Priester vick
lösen. Mit einer leisen Veränderung des Schauplatzes
Minuten später gekommen, so wäre die Kranke schon ge
ist sie künstlerisch aus dem Werk verbannt. Man denke
storben gewesen, und hätte die hysterische Krankenschweste
sich die Handlung einmal aus Wien und aus dem streng
ihren Meineid früher widerrufen, so wäre der Arzt nicht
katholischen Österreich nach Magdeburg oder Wismar ver¬
verurteilt worden. Aber nicht nur, daß der Anlaß zu den
setzt und man wird ohne weiteres das Außerliche, den
Konflikt schließlich zu klein und zu abhängig von Zufällen
Leitartikelton, das Feuilleton, kurz das durch und durch
ist; nicht nur, daß Schnitzler die große Form des fünf¬
Unkünstlerische,
939
Polemische und Undramatische der
aktigen Dramas nicht meistern kann, sondern darin liegt
langen rednerischen Auseinandersetzungen empfinden. Nun
der Mangel, daß es diesem Werk überhaupt an seelischer
könnte freilich ein Temperament, ein starker Dichter und
und dramatischer Spannkraft fehlt. Man sieht ja gar nicht,
Gestalter auch in diesem Fall das leidenschaftliche Interesse ob der Kampf zwischen Priester und Arzt überhaupt der
erwecken. Aber die Personen, die bei Schnitzler auftreten,
Rede wert ist. Man denke sich einmal folgendes: bei dem
sind Typen, sind Figuren mit langen Spruchbändern, sind
Sterbenden hinter der Bühne handle es sich um Josef
flache Silhonetten — aber man kann nicht um sie wie um
Kainz. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Fall, bei dem
Statuen oder um lebendige Menschen herumgehen. Sie
man den Kranken mit List dem Schoß der Kirche zurück¬
leben von Druckerschwärze und kleben am Papier. Sie sind
gewinnen wollte, den Anlaß für Schnitzler gegeben hat,
zweckvoll, aber sie sind keine Naturen. Man lese in großen
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österreichischen Blättern fünszehn Leitartikel; sie mögen
den Adern dieses möglichen Stoffes und wie blaß ist alles
geistvoll sein, aber hat man darum fünfzehn österreicheschel bei Schnitzler! Im Falle Kainz dem Priester den Zutritt
Menschen vor Augen steben? Das ist der Punkt, wo zum Krankenlager wehren, das hieß, den Sinn eines
Schriftsteller und Dichter sich scheiden. Mit der leidigen ganzen Lebens — gleichviel ob mit Recht oder Unrecht —
inneren österreichischen Politik mögen sich die Völker Eis vor Entstellung bewahren. In diesem Falle sagt sich jeder,
und Trans beschäftigen. Lesen wir bei uns im all= daß der Kampf um etwas Wertvolles geht, und die
gemeinen österreichische Parlamentsreden? Sino sie uns Spannung auf den Ausgang hätte keinen Augenblick ver¬
Lebensbrot? Und im Kunstwerk sollen wir sie nun auf sagt Aber dies dialogisch meisterhafte Werk hat keine innere