II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 320

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„Fall Bernhardi“. Die Anschauungen zweier redlichen
Männer, von denen die eine auf schlichtem menschlichen
handelte sich plötzlich um allgemein ethische Dinge, um Ver= Werk Schni
Empfinden beruhende die zwingendere, die andere in dem
antwortung und Offenbarung, und im letzten Sinn um die umrissenen
inneren Wesen kirchlicher Anschauungen wurzelnde im
Frage der Willensfreiheit.“ Die Wandlung, die Professor Menschen
Sinne der Kirche notwendig ist, werden gegeneinander
Bernhardi nach einem tüchtigen Zorn über die ganze An¬
Komödie en
ausgespielt. Parteien, Presse, Quertreibereien einer neidi¬
gelegenheit durchmacht, ist bezeichnend ebensosehr für den
Schatten ist
Dichter wie für seinen Helden. „Es steht nicht dafür“, ist eine
schen Kollegenschaft machen eine große Affäre aus der An¬
Dichter der
gelegenheit. Die Menschen zeigen sich, wie sie sind, oder
spezifisch österreichische Redensart. Selbst für die Abrech= gangen ist,
nung mit dem treulos schwankenden Jugendfreund Flint
vielmehr, wie Schnitzler sie in der Affäre braucht. Er will kann Bernhardi kaum noch den nötigen Ernst aufbringen.
Schnitzler un
ganz gerecht und so taktvoll wie möglich sein, aber das
nicht, die Ge
Zünglein seiner Wage neigt sich von Anbeginn auf die Seite
Auf die ruhige Betrachtung der ganzen Lage ist die Unter¬
Seinen,
seines Helden. Er ist der Vertreter des wahren großen
redung mit dem Pfarrer nach der Verurteilung sicherlich
sauberen K
Menschentums, das mit der Geburt, ob Christ, Inde oder
nicht ohne Einfluß gewesen. Zwei aufrechte Männer
und nieder
konnten sich über den Abgrund von „Demut und Vermessen¬
Heide, nichts mehr zu tun hat. Bernhardi ist ein Wahr¬
Handlung
heit“ in ehrlicher Anerkennung des gegenseitigen Wertes die
heitssucher und dabei ein großer Menschenkenner, und, wie
als
alle Menschenkenner, Ironiker. Für ihn sind die Menschen,
Hände reichen. Den Ausklang der Komödie bringt eine
Meinn
Unterredung des Professors mit einem Hofrat im Unter¬
Freunde und Feinde, durchsichtig wie Glas, darum überrascht
and
ihn auch der Gang der Dinge nicht. Von den Kollegen am
richtsministerium einem gescheiten, humorvollen Menschen,
Fl
Elisabethinum fallen die ab, die mit dem Sturz Bernhardis
einer der angenehmsten Gestalten der ganzen Komödie. Es
die
heißt da:
ihre eigene Interessenpolitik verfolgen. Im Parlament be¬
Tei
Hofrat:
antwortet der Minister, ein Jugendfreund Bernhardis, eine
Es kommt nichts heraus dabei. Was hätten Sie denn am End'
Interpellation wegen des Vorfalles dahin, daß er eine ge¬
damit erreicht, mein lieber Professor, wenn Sie der armen Person
richtliche Untersuchung der Affäre beantragt. Bis zum Aus¬
läf
auf dem Sterbebett einen letzten Schrecken erspart hätten —? Das
trag der Untersuchung tritt Bernhardi vön seinem segens¬
B
kommt mir grad' so vor, wie wenn einer die koziale Frage lösen
reich geführten Direktorposten an der Klinik zurück. Das
wollte, indem er einem armen Teufel eine Villa zum Präsent
nows
macht.
Ergebnis der Gerichtsverhandlung, bei der zwei Zeugen
etwas
des Vorganges, die hysterische Schwester Ludmilla und der
Bernhardi:
Men
edle Kandidat Hochroitzpointner, Falscheid leisten, ist zwei
Sie vergessen nur das eine, lieber Herr Hofrat, wie die meisten
gen
Monate Gefängnis für Professor Bernhardi wegen Reli¬
übrigen Leute, daß ich ja nicht im entferntesten daran gedacht habe,
fesso
gionsstörung. Der Verurteilte will von Nichtigkeits¬
irgendeine Frage lösen zu wollen. Ich habe einfach in einem ganz
zeichne
speziellen Fall getan, was ich für das Richtige hielt.
beschwerden und Gnadengesuchen nichts wissen. Er tritt die
gegebene
Gefängnisstrase an, absolviert sie und gewinnt in dieser
Hofrat:
zuheben. Au
Zeit die vollkommene lächelnde Ruhe in der Betrachtung
Das war eben das Gefehlte. Wenn man immerfort das
Klein=Rol
von Welt und Menschen zurück. Aus dem Buche, das in
Richtige täte, oder vielmehr, wenn man nur einmal in der Früh',
Rollen, wie di
der Zeit der unfreiwilligen Muße eine Anklageschrift gegen
so ohne sich's weiter zu überlegen, anfing', das Richtige zu tun,
Adler, waren
und so in einemfort den ganzen Tag lang das Richtige, so sähe
Flint und Genossen werden sollte, wird so etwas wie ein
man sicher noch vorm Nachtmahl im Kriminal.
reich erschiene
philosophischer Traktat. „Das Problem war nicht mehr
liche Aufnahm
Die Komödie ist trotz einiger fühlbarer Längen im
österreichische Politik oder Politik überhaupt, sondern es Dialog reicher an dramatischem Leben, wie jedes andere
beiden letzten