II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 341

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25. Professor Bernhardi
burg, Toromto.
lienangabe ohne Gewähr.)
HanköVerscher Anzeiger, Hanne.
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sich wohl überhaupt garnicht auf der Bühne, sondern
„Professor Bernhardi“.
allzu scharfe, neu bereichert, das heißt noch herber
in seinen Novellen geben. Der Bernhardi ist sogar
pessimistischer gemacht.
gewissermaßen ein Tendenzstück und noch dazu
Komödie in 5 Akten von Arthur Schnitzler. Erst¬
höchstwabrscheinlich einem versönlichen Erlebnis sei¬
aufführung im Deutschem Theater. Spielleitung.
Den Einzelheiten dieses dramatischen Werkes
nes Verfassers, der selbst Arzt und Jude ist, nach¬
Julius Arpfeld.
zu folgen, verbinde ich damit am besten gleichzeitig
geschrieben. Aber der „Bernhardi“ ist das Letzte an
Der letztvergangene Sonnabend dürfte von be¬
die Besprechung der Aufführung selbst.
typisierter Charakterzeichnung. Und außerdem be¬
sonderer Bedeutung für das Theaterleben Hannovers
handelt er ein Problem, — weniger allgemeinwich¬
Der erste Akt brachte den Zusammenstoß zw'schen
gewesen,sein: das Deutsche Theater, bisher durch
Arzt und Priester in einem schmalen Raum des
tig als so anregend aufgestellt, daß es in jeder Men¬
allerlei Schwierigkeitensaus nicht eigener Schuld be¬
Krankenhauses, kühl und klar gegeben, ganz das Par¬
schenfeele, in jedem Menschenverstand eine Folge von
hindert, führte nach einem nicht ungefährlichen Vor¬
füm der traurigen Atmosphäre atmend.
durch sich selbst fruchtbaren Gedanken auslösen muß.
Julius
geplänkell den entscheidenden Schlag. Es brachte das
[Arnfeld hatte als Professor Bernhardi die Maske
Professor Bernhardi, der Leiter des Elisabeth¬
ungemeis interessante Werk eines modernen und
Schnitzlers angedeutet. Seine Darstellung stand auf
Krankenhauses, ein fast berühmter Arzt, dabei Jude
wertvollen Dichters trotz großer Eigenart in einer
der Höhe seiner besten Leistungen. Die bewußte
im „christlichen“ Staat hat eine Patientin, die nur
größte Achtung fordernden Weise heraus. Es lockte
Ruhe eines großen Menschen gab, vereint mit mar¬
noch wenige Minuten leben kann und doch von die¬
endlich einmal wieder — die wenig wertvolle Saison
kanten Andeutungen der Eigenheiten des bedeutenden
sem Schicksal nichts ahnt. Der Priester kommt, um
des letzten Jahres hatte mit immer neuen Mitteln
Mediziners, eine imponierende Persönlichkeit. Den
der Sterbenden die letzte Oelung zu erteilen. Der
das Publikum gescheucht — den glücklicherweise doch
Geistlichen perkörperte Herr Falke. Von dieser
Arzt aber weiß, daß die Erscheinung des von der
zahlreichen Kreis künstlerisch interessierter Hanno¬
Kraft des Deutschen Theaters dürfen wir viel er¬
Kirche Gesandten schon genügen wird, um seine
veraner in das Haus an der Reuterstraße. Es
warten. Die glänzende Erscheinung des Schauspie¬
Schutzbefohlene auf's Furchtbarste zu erschrecken, —
zwang diese nach den letzten Vorgängen sicher recht
lers hatte sich für diesmal in das ernste Gewand
ihr den seligen Frieden ihrer letzten Minute zu rau¬
kritische Zuschauerschaft zu dauernd gesteigertem
des Dieners der Kirche gefügt. Das weiche offen¬
ben. So hält er kraft seiner Befugnis als Arzt den
Beifall. Kurz; es bewies klar den Wert seines Da¬
bar sehr modulationsfähige Organ verhielt kunstvoll
Priester zurück. und das Mädchen stirbt, nach dem
seins und die Berechtigung schöner Hoffnungen.
eine starke, innerliche Glut. In dem ganzen Men¬
Dogma ihrer Kirche schwer am Wichtigsten geschädigt.
schen gab sich ein schöner liebenswerter Fanatismus,
Der Konflikt liegt klar, und wer der Tat des Pro¬
Schnitzlers „Professor Bernhardi“ ..
dessen Schwäche, die ja seine größte Kraft bedeutet,
fessor Bernhardi auf Schritt und Tritt aus ihren in¬
Die letzte
man ehren muß. Neben diesen beiden Gestalten be¬
dramatische Arbeit des österreichischen Dichters, den
nersten Beweggründen heraus folgte, zweifelt keinen
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gann sich bereits jetzt auf der Bühne eine ganze
die Hannoveraner schon gut kennen und für den sie
Augenblick diesem wahren, starken Menschen volles
Reihe origineller Medizinercharaktere zu
immer etwas übrig hatten, so vollkommen fern seine
Recht zu seinem Verstoß gegen einen von ihm nicht
scharen.
geglaubten Glauben zuzugestehen.
Da ist der Streber mit den parlamentarischen Ver¬
differenzierte, zugespitzte, psychologisch ganz tiefgra¬
Trotzdem liegt
bindungen, gegeben durch Hugo Klafft mit Deut¬
ebenso klar auf der Hand, daß der Geistliche eine Re¬
bende Art, verbunden mit einer gewissen kühlen Le¬
lichkeit und doch künstlerischer Zurückhaltung. Da
bensverachtung und auch jener feinen liebenswürdi¬
ligionsstörung empfinden muß und daß ihm alle
kommt schiefen Hauptes mit der Brille auf der Nasen¬
gen, im Grunde aber schwächlichen Sentimentalität!
Menschen seiner Anschauung, zumal sie den eigent¬
spitze der Nervenarzt Cyprian hereingefegt. von Max
des etwas dekadenten Wieners — so vollkommen fern
lichen Vorgang nur aus der Ferne berichtet erhalten,
Kronert köstlich charakterisiert. Max Caro der
diese Art gerade dem bodenfesten einfachen und
darin folgen werden. Mischt sich noch Antisemitis¬
schon nach dem kurzem Hiersein offenbare Beliebtheit
mus hinein und kommen die spezifisch wienerischen
robust gesunden Wesen des Niedersachsen ist. Sollte
genießt, stellt einen Dr. Löwenstein, Dozent für Kin¬
darin so etwas wie eine heimliche Liebe für das Ge¬
Verhältnisse dazu, die Schnitzler schildert (und die
derkrankheiten hin, dessen bieder betontes Judentum
übrigens einige Zeit zurückliegen), dann ist die wü¬
gensätzliche liegen? Das farbenschillernde, pikante,
immer wieder lockende und -
Gelegenheit zu freundlichsten Scherzen gibt, daneben
tende Hetze gegen den überzeugungstreuen Arzt ge¬
nie ganz befriedigende
Femininum anzuschauen, behagt der fremdartig an¬
aber eine tiefe, echte Menschlichkeit verrät. Hans
geben, und Professor Bernhardi würde auf dem
gereizten Männlichleit?
[Conradi, ein junger, recht beachtenswerter Dar¬
Scheiterhaufen enden, wenn diese Strafart nicht
steller, gibt den Dr. Adler, einen offenen, ehrlichen
doch schon aufgegeben wäre. Bernhardi bekommt nur
Ein bühnenmäßig kaum dagewesenes Experiment
Feind der darum leicht zum Freunde werden kann.
zwei Monate Gefängnis und auch diese eigentlich
ist dieser „Bernhardi“. Ein Theaterstück ohne Frau¬
Den Sohn Bernbardis zeigt Hans Ritterskamp,
nur, weil in dem ihm gemachten Prozeß die günsti¬
enrollen — nur ein einziges, weibliches Wesen läßt
eine sehr jugendliche Kraft von liebenswürdigster Er¬
gen Zeugen ihre Aussagen vorsichtig zurückhalten,
sich am Anfang für Minuten blicken — aber mit einer
scheinung und schon jetzt vornehm verständigem Spiel.
ändere die ihrige belastend übertreiben, so daß —
Garde von sage und schreibe zwanzig Mannsfiguren!
Einen ganz üblen Schleicher und Opportunitätsmen¬
nach den Erfahrungen alter Juristen nichts Seltenes
Zwanzig, von denen mindestens fünfzehn durchaus
schen macht Alfred Krüger aus seinem Kandidaten.
der tatsächliche Vorgang völlig entstellt wird.
peinliches, lebensechtes Charakterspiel verlangen!
Dies so etwa die Erscheinungen des ersten Akte
Und trotz dieser fehlenden Weiblichkeit — ein Spötter
Professor Bernhardi hat dem allen gegenüber nur
denen als einzige Dame Maria Marnoff als
einen Wunsch: den nach Ruhe und neuer, menschen¬
meint: deswegen — packt die Komödie vom ersten
Krankenschwester hübsch und fein assistiert.
heilender Arbeit. Er steht über der ganzen Angele¬
Augenblick bis zum letzten, sie spannt, sie belustigt,
sie gibt lang ausschwingende Stimmungen sie litzelt
Der zweite Akt bringt in deduktiver Enneikelung
genheit. Er verbietet sogar jedes Rechtsmittel, ob¬
den Verstand. Alles in klug erfundener Symphonie.
wohl nachträglich der Hauptbelastungszeuge reuig
der dramatischen Konstruktion die nächsten Folgen der
umfällt. Das üble Erlebnis wird den Menschen und
Tat Bernhardis. Die Hetze gegen ihn setzt an. Neue
Ich sage: klug erfunden. Ich halte den „Bern¬
Erscheinungen mischen sich ins Spiel. So ein bygan¬
Arzt Bernhardi um keines Haares Breite von dem
hardi“ nicht für einen Höhepunkt des Dichters
tinernder Frauenarzt, dessen glänzende Figur Bruno
Wege seiner Ueberzeugungen abgebracht haben. Piel=[Reichardt lebensecht vorführt, und ein alter
Schnitzler, dessen elementarste, reinste Aeußerungen leicht hat es nur seine Menschenkenntnis, die schon Studienfreund Bernhardis, jetzt Unterrichtsminister,