II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 435

andzeichnen. Eine Gruppe zeigi die vielseitige Verwendung der Leder¬
abfälle für Ersatzsohlen, für Pantinenblatter, Kriegsstiefelschäfte,
Heeresausrüstungsgegenstände, für Kunstleder und zur Gewinnung von
Oel und Fett. Das ausgestellte neue Schuhwerk, hergestellt unter
der Verwendung von Holzsoblen und Schäften aus Papiergewebe,
macht durch Gefälligkeit der Form einen guten Eindruck. Der er¬
reichte Grad der Haltbarkeit dürfte dazu beitragen, das den Holzsohlen
und dem Kriegsschuhwerk bisher vielfach noch entgegengebrachte Mi߬
trauen zu überwinden. Statistische Darstellungen zeigen den be¬
deutenden Umfang, den die Herstellung von Ersatzsohlen angenommen
hat. In den ersten neun Monaten dieses Jahres wurde es dem
Handwerk, durch Ueberweisung von 144 Millionen Paar Ersatzsohlen
und Zuteilung von Ledermengen durch die Kontrollstelle für freige¬
gebenes Leder ermöglicht, die Besohlung von 35 Millionen Paar
Schuhwerk vorzunehmen.
* Da der Höchstpreis für 1 Liter Vollmilch auf 46 # fest¬
gesetzt ist, so
entfallen auf
4 Liter 114 J. Die Fettstelle Groß
Berlin, welche ursprünglich den ! Literpreis nach unten, auf 11.
abgerundet hatte, hat jetzt angeordnet, daß die Abrundung des 1 Liter¬
preises nach oben, also auf 12 # erfolgen darf. Die Bestimmung,
daß, wenn mehrere Milchportionen zusammen bezahlt werden, die
Gesamtmenge bei der Preisberechnung als Einheit gilt, bleibt un¬
verändert.
* Neue Wildhöchstpreise sind festgesetzt worden. Sie be¬
deuten gegenüber den bisher geltenden Preisen, die gegen die noch
früheren schon erhöht waren, eine abermalige Erhöhung. Außerdem
hat der Staatssekretär des Kriegsernährungsamts die Produzenten¬
preise für Schweine von mehr als 15 bis einschließlich 75 kg
erheblich erhöht, indem er für sie Stückzuschläge eingeführt hat.
* Im Lehrervereinshause tagte am Dienstag eine Versammlung
Groß Berliner Hausbesitzer, um Stellung zu nehmen zu den
Bestrebungen des Bürgerausschusses Groß Berlin“
Stadtrat Dr. Licht=Schöneberg bemühte sich, die Aufgaben des
Bürgerausschusses klarzulegen und durch einzelne ausführliche Angaben
die große Zerrissenheit in Groß Berlin vor aller Augen zu führen.
Er wies u. a. darauf hin, wie der Berliner Haus= und Grund¬
besitz samt dem in den Nachbarorten schon allein durch die
verschiedenen Belastungen mit Steuern, Abgaben und Zuschlägen
in ganz außerordentlichem Maße getroffen werde, noch mehr
aber durch das Durcheinander auf dem Gebiete der Bau¬
ordnungen, polizeilichen Bestimmungen, der Zuschläge und Tarife für
Gas=, Wasser= und Elektrizitätsentnahme sowie des Feuerschutzes, der
heute in vielen Vororten noch recht unvollkommen sei. Hier könne
und müsse möglichst bald Wandel geschaffen werden und dazu könne
und wolle der Bürgerausschuß nach besten Kräften beitragen.
Stadtverordneter Handeldrichter
Eisenberg=Wilmersdorf
pflichtete dem Vorredner bei. Er bedauerte lebhaft die große
Zersplitterung,
die sich auch darin schon wieder zeige, daß
neben dem Bürgerausscu; gleich ein Bürgermeisterausschuß
und eine Vorortgemeinschaft b gründet seien, die geeint mehr erreichen
könnten. Von einer großen in emeindung sowie einer Umgemeindung
der leistungsfähigen westlichen Vororte nach Berlin versprach Stadtv.
Eisenberg sich keine besonderen Vorteile. Wenn der Bürgerausschuß
sich frei von Sonderbestrebungen halte und keine Sonderinteressen
verfolge, werde er sehr bald zu einer mit Freuden zu begrüßenden
Arbeitsgemeinschaft auszugestalten sein und die übrigen Gründungen
überflüssig machen.
Präsident a. D. Professor Dr. von der
Borght wünschte vor allem Aufklärung über die Ziele des
Bürgerausschusses im Hinblick auf die von mehreren Seiten
in den Vordergrund geschobene Frage der Eingemeindung mehrerer
Orte nach Berlin.
Er wünscht vielmehr den weiteren Aus¬
bau des Zweckverbandes Groß Berlin und frug: „Wie stellt sich der
Bürgerausschuß zu diesem Ausbau?“ Weiter wollte dann Präsident
v. d. Borght noch wissen, auf welchen Grundlagen und nach welchem
Modus in den einzelnen Orten die direkten Wahlen zum Zweckver¬
band erfolgen sollen. Reichdbankoberkalkulator Ladendorff Vor¬
sitzender der Wirtschaftlichen Vereinigung des Bundes der Berliner
Grundbesitzervereine, verlangte, falls das Hauebesitzerprivileg den
Hausbesitzern gekürzt oder genommen würde, eine gesicherte Ver¬
tretung des Hausbesitzes gleich der anderer Stände. Regierungsrat
Dr. Hoepker Burgermeister Dr. Deyendorff=Lankwitz und
Magistratssekretär F. Wege brachten dann noch besondere Wünsche
vor, die, im Interesse des Grund= und Hausbesitzes liegend, Zu¬
stimmung fanden.
* Für die völlige Sonntagsruhe. Der Zentralverband
der Handlungsgehilfen hat der Stadtverordnetenversammlung eine
Bittschrift überreicht: „umgehend ein Ortsstatut zu schaffen, durch
das die bisher zugelassene Verkaufszeit in den Nichtlebensmittelläden
an den Sonntageü umgehend beseltigt wird. Der Magistrat Char¬
lottenburg und die Gemeindebebörden von Pankow, Tempelhof usw.
haben mitgeteilt, daß sie ihr Verhalten von dem Berlins abhängig
machen wollen. Die Berliner Gewerbedeputation wird sich nun eben¬
falls mit dieser Frage beschäftigen und dann dem Magistrat Ver¬
anlassung geben, dazu Stellung zu nehmen.
* Eine größere Missionsveranstaltung des Verbandes Groß
7 Berlin der Berliner Missionsgesellschaft findet am.
2. Dezember, 8 Uhr in der Stadtmissionsliche (am Johannistisch),
statt. Anlaß dazu bietet der Heldenkampf unserer Truppen in
Deutschostafrika. Reichstagsabgeordneter D. Mumm wird über das
Thema sprechen: „Was sind uns unsere Kolonien?“, Missionsdirektor
D. Axenfeld über: Was schulden wir unseren Kolonien?“; das
Schlußwort hat der Verbandsvorsitzende P. Sarowy übernommen.
Der Eintritt ist frei.
Stücks nicht von vornherein provinzmäßig wirken soll,
müssen alle diese Rollen
so
besetzt sein, daß eine jede
zur Geltung kommt; mögen einzelne dieser Rollen noch so wenig um¬
fangreich sein, es muß in ein paar Worten und in ein paar Mo¬
menten Nachdruck, Ausdruck und Eindruck gegeben werden und sie
müssen in der Wiedergabe gegeneinander richtig abgewogen sein, sodaß
nicht ein ehrgeiziger Chargenspieler auf Kosten des Ganzen sich in
den Vordergrund drängt. Die Spielleitung Franz Bonnos hatte
das wohl erfaßt und ihre schwere Aufgabe in allgemeinen mit Ge¬
schick und Takt gelöst. Den Titelhelden, Professor Bernhardi, spielte
Georg Päschke der die Mischung von verantwortungsvollem Ernst,
Trotz und doch auch überlegener Philosophie fand und in kluger
Abrundung einen lebendigen, originalen
Charakter gab.
Richard Kirsch fand als Unterrichtsminister weltmännische
Gewandtheit und repräsentierende Geste, die ein Inneres zu ver¬
bergen hatten, in dem es stark menschelte. Daneben müssen die
Leistungen Alfred Brauns (Pfarrer Reder) und Max Pateggs
(Hofrat Winkler) besonders unterstrichen werden. Im übrigen sei
für das viele Gute, das die einzelnen Darsteller sonst durchweg boten,
generaliter quittiert; nur sei bemerkt, daß Robert Aßmann
(Dr. Löwenstein) in dem Streben, recht nachdrücklich zu charakterl¬
sieren, zu stark ins Groteske geriet.
Dr. Wilhelm Brüstle.
Die Singakademie hat ihren schönen alten Brauch, am so¬
genannten Totensonntag das Gedächtnis der Gestorbenen zu ehren,
erfreulicher= und dankenswerterweise beibehalten; während aber aus¬
schließlich religiös=kirchliche Musik ursprünglich nur geboten wurde,
werden neuerdings auch mehr weltliche, freilich ernste, für eine Toten¬
feier passende Werke berangezogen. So geschah es auch diesmal.
Zunächst wurde Max Regers vor nicht langer Zeit an derselben
Stelle erstmalig aufgeführte Vertonung von Eichendorffs „Der
Einsiedler“ für Baiiton, fünfstimmigen Chor und Orchester
geboten, ein tieftunerliches, kurzes Werk,
dessen melodische
Schönheit am eindrucksvollsten in dem
Baritonsolo und
dem
Schlusse zum Ausdruck kommt. Besonders gern
begegneten wir wieder einmal der Totenklage aus Schillers „Braut
von Messina" für Chor und Orchester von Georg Schumann,
einem geradezu gentale Stellen enthaltenden auch tonmaletisch fesselnden,
großzügigen und ergreifenden Werke, das freilich für die Ausführung
von großen Schwierigkeiten ist. Es schien mir, als ob diese diesmal
nicht so siegreich überwunden wurden wie früber. Der Direktor der
Singakademie hätte sehr wohl noch einige Proben mehr an sein
eigenes Werk wenden müssen. Dafür aber beschenkte er uns mit
einer herrlichen Wiedergabe des Brahmsschen „Deutschen
Requiems“, das bei der ersten Berliner Aufführung zwar auf
lebhaften Widerspruch seitens der Kritik gestoßen ist, längst aber
auch hier festen Boden gewonnen hat und als in seiner Art einzig¬
schön und ergreifend geschätzt wird. Ein wahrer Hochgenuß war die
Ausführung des Sopransolos in dem nachkomponierten Satz durch
Elisabeth Ohlhoff, deren Stimme wirklich einen beinahe über¬
irdischen innigen Ausdruck annahm. Sehr eindrucksvoll und tonschön
sang die Baritonsoli Carl Rehfuß, der in dem Regerschen Werke
sich bereits hervorragend bewährt hatte. Auch Adolf Schuetz an
der Orgel trug, wie auch das Philharmonische Orchester,
zu dem Gelingen des Abends sehr viel bei, aber die Zuziehung einer
zweiten Harfe sollte sich der große Chor der Singakademie nicht ver¬
sagen. Ebenso möchte ich diese Körperschaft wie ihren hochverdienten
Dirigenten wieder einmal daran erinnern, daß hier in Berlin Friedrich
Kiel gewirtt hat, dessen Requiem und Weihnachtsoratorien endlich auch
einmal wieder aufgeführt werden sollten, von seinem „Christus“ ganz
zu schweigen.
Seit Jahren finden hier sogenannte Elite=Konzerte statt, die
eine sehr große Anziehungskraft auf das große Publikum ausüben;
dieses will nun einmal anerkannte Größen hören und bevorzugt auch
eine bunte oder gemischte Vortragsordnung. Recht leer aber war die
Philharmonie bei dem zweiten Elitekonzert dieses Winters; offenbar
schätzte das Publikum die dabei wirkenden Künstler nicht als „große
Kanonen“ ein. Dabei aber kann kein Zweifel sein, daß zum mindesten
der Violoncellvirtuose Arnold Földesy
eine solche ist;
vielleicht ist sein Name nur noch nicht genügend bekannt. Einen
schöneren Ton, als er aus seinem Instrument zieht, dürfte man so
bald nicht hören; als Techniker ist er ein wahrer Hexenmeister, auch
trägt er dem Geschmack der breiten Massen Rechnung, indem er
kleinere Stücke, die vorwiegend der Unterhaltung dienen, bevorzugt, wie
z. B. Herberts Serenade, die der bekannten Moszkowskischen nachge¬
bildet erscheint. Er wurde auch ungemein gefeiert und spendete zwei Zu¬
gaben. Frau Frieda Kwast=Hodapp fand mit Beethovens
Appassionata auch reichen Beifall,
ebenso Elisabeth
van Endert, die in der ihr eigenen liebenswürdigen Art u. a.
von Brahms gesetzte Volkslieder spendete.
In dem großen Saal
schien sie sich stimmlich besonders wohl zu fühlen; hier merkt
man es auch nicht, wenn die für den Konzertgesang nun einmal
nötigen Feinheiten der Tonbildung und des Vortrags nicht an¬
gewendet werden.
In geradezu überraschender Weise verleugnete in dieser Hinsicht
Peter Unkel den Opernsänger bei seinem Arien= und Liederabend,
der ihm in dem gut besetzten Beethovensaal sehr starken und wirklich
herzlichen Beifall eintrug. Dieser noch junge Künstler, der bekanntlich
an unserem Königlichen Opernhause seit einigen Jahren als Helden¬
tenorist wirkt, ohne jedoch bei Neueinstudierungen oder Neuheiten in
erster Linie verwendet zu werden, muß, seitdem ich ihn zuletzt
gehört habe, sehr eingehend an der technischen Vervollkomm¬
nung seiner von Hause aus recht beträchtlichen und schönen
Stimmittel gearbeitet haben. Seinem Gesang haften nicht die
mindesten Untugenden an, alles klingt vortrefflich. Freilich hat man
manchmal das Gefühl, daß der Vortrag noch durchdachter, bewegter
und seelenvoller sein könnte,
B. in „Traum durch die Dämme¬
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