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25. Professor Bernhandi
Ins Vins Juneachr n
# Theater und Kunst.
Hinter den Kulissen.
Artun=Schu### bei den Proben. — Wenn Theaterkassiere rielancholisch
werdess. Zellssirstriche und estreiche. — Der Librettist als Komiter.)
„Proseisor Bernhaldi“ war die Sensation der Woche.
Dieses Stück, das in ganz Deutschland anstandslos und so ost
gespielt werden konnte ### München und anderen
Städten hatte es Serienaufführungen wie eine Operetie — kam
hier mit mehrjähriger Verspätung zu um so größeren Theater¬
ehren. Der Beifall galt nicht nur dem Werk, es schien, als
wollte das Publikum den Dichter für die lange Wartezeit
belohnen. Ein gewissenhafter Statifiiker hat über zwanzig
Hervorrufe gezählt. Artur Schnitzler wohnte allen Proben seines
Stückes bei. Da er sein Werk in einigen Städten gesehen hatte,
konnte er sich hier die dabei gewonnenen Erfahrungen zunutze
machen. So erhielt das Stück jetzt sozusagen die allerletzte Feile,
die konzentrierteste Form. Der Dichter ist voll schöner Selbst¬
kritik. Wie jeder echte Künstler fürchtet er am meisten die eigene
Kritik. Er ist so streng sich selbst gegenüber und so künstlerisch¬
gewissenhaft, daß er schon manchen Akt seiner Stücke zwei-, drei¬
mal geschrieben hat. Aus seiner Autobiographie, wenn er sie
einmal schreibt, werden wir wohl erfahren, wieso der letzte Akt
seines „Professor Bernhardi“ jetzt der beste geworden ist.
Dieses Stück hat eine Spieldauer von drei Stunden.
Dabei ist hier kein Wort zu viel. Schnitzler gehört zu den
Antoren, die vernänstigen Striche sucgängsich sind. Er hat uchtst
den Eigensinn und Dünkel der großen Theatergötter (die ja soviel
Menschliches an sich haben). Er ist bei den Proben mit dem
Star“ ebenso liebenswürdig wie mit dem kleinsten Episodisten
Bei den Proben im Volkstheater wurde er rasch der erklärte
Liebling. Direktor Bernau singt das Lob des Dichters in den
höchsten Tonarten. Er erklärt, es sei ein Vergnügen, mit ihm
zusammen zu arbeiten. Bekanntlich liest Schnitzler seine Werke
trefflich vor, er versteht es, seine künstlerischen Absichten
auch
ausgezeichnet zum Ausdruck zu bringen, er ist.
es
Herr Bernau erzählt,
ein trefflicher Regisseur.
sei ihm noch selten passiert, daß ihm ein Dichter
gesagt habe: „Lieber Direktor, geben Sie mein Stück erst in
der nächsten Spielzeit.“ Das hat Schnitzler getan, er läßt sein;
„Casanova“=Stück heuer nicht aufführen, um nicht an einem
Theater mit zwei Werken in einer Saison herauszukommen. Nicht
jeder Dichter ist so genügsam.
Wie stark das Interesse für „Professor Bernhardi“ beim
Publikum war, beweist die Tatsache, daß die ersten vier Vor¬
stellungen bereits im Vorverkauf ausverkaust waren. Als die
Theatersperre versügt wurde, mußten die Kassiere des Volks¬
theaters das Geld für die zur Premiere und zur zweiten Auf¬
führung gelösten Karten zurückerstatten. Das waren beinahe
19.000 Kronen — das nahm sich selbst der Kassier zu
Herzen.
Beim Theater geht es eben nicht ohne Ueberraschungen. Hie
und da meldet sich sogar jetzt noch die Zensur. Es kommen früher
eingereichte Stücke zurück, in denen der Rotstift wenn auch nicht
gewütet, so doch ein bißchen herumgestrichen hat. So wurde in
einem Schauspiel der Satz beanstandet: „Der heiße Atem meines
Mundes sagt es dir.“ Die Temperatur des Atems“ wurde vom
Zensor beanstandet In einem Militärstück hat man „oben“ ver
schiedene kleinere Striche vorgenommen. Nun hat die Zeit selbst
das ganze Stück verboten.
In Benatzkys Operette „Die tanzende Maske“ wurde —
„Kagran“ gestrichen. Was an „Kagran“ Staatsgefährliches ist —
das weiß wohl außer dem Zenfor kein Irdischer. Auch das Milien
dieser Operette wurde beanstandet. Es kam öfter vor, daß die
früheren Verwalter des öffentlichen Geschmacks sich an Dingen ge¬
stoßen haben, in denen sonst niemand was Verfängliches sah. So
wurde seinerzeit in Rudolf Hawels Volksstück „Die Patrioten“
das dort öfter vorkommende Wort „Zentralen“ gestrichen. Ebenso
das Wort „die Exzellenz“. Was sich der Zensor bei diesen
Strichen gedacht oder nicht gedacht hat, kann kein gewöhnlicher
25. Professor Bernhandi
Ins Vins Juneachr n
# Theater und Kunst.
Hinter den Kulissen.
Artun=Schu### bei den Proben. — Wenn Theaterkassiere rielancholisch
werdess. Zellssirstriche und estreiche. — Der Librettist als Komiter.)
„Proseisor Bernhaldi“ war die Sensation der Woche.
Dieses Stück, das in ganz Deutschland anstandslos und so ost
gespielt werden konnte ### München und anderen
Städten hatte es Serienaufführungen wie eine Operetie — kam
hier mit mehrjähriger Verspätung zu um so größeren Theater¬
ehren. Der Beifall galt nicht nur dem Werk, es schien, als
wollte das Publikum den Dichter für die lange Wartezeit
belohnen. Ein gewissenhafter Statifiiker hat über zwanzig
Hervorrufe gezählt. Artur Schnitzler wohnte allen Proben seines
Stückes bei. Da er sein Werk in einigen Städten gesehen hatte,
konnte er sich hier die dabei gewonnenen Erfahrungen zunutze
machen. So erhielt das Stück jetzt sozusagen die allerletzte Feile,
die konzentrierteste Form. Der Dichter ist voll schöner Selbst¬
kritik. Wie jeder echte Künstler fürchtet er am meisten die eigene
Kritik. Er ist so streng sich selbst gegenüber und so künstlerisch¬
gewissenhaft, daß er schon manchen Akt seiner Stücke zwei-, drei¬
mal geschrieben hat. Aus seiner Autobiographie, wenn er sie
einmal schreibt, werden wir wohl erfahren, wieso der letzte Akt
seines „Professor Bernhardi“ jetzt der beste geworden ist.
Dieses Stück hat eine Spieldauer von drei Stunden.
Dabei ist hier kein Wort zu viel. Schnitzler gehört zu den
Antoren, die vernänstigen Striche sucgängsich sind. Er hat uchtst
den Eigensinn und Dünkel der großen Theatergötter (die ja soviel
Menschliches an sich haben). Er ist bei den Proben mit dem
Star“ ebenso liebenswürdig wie mit dem kleinsten Episodisten
Bei den Proben im Volkstheater wurde er rasch der erklärte
Liebling. Direktor Bernau singt das Lob des Dichters in den
höchsten Tonarten. Er erklärt, es sei ein Vergnügen, mit ihm
zusammen zu arbeiten. Bekanntlich liest Schnitzler seine Werke
trefflich vor, er versteht es, seine künstlerischen Absichten
auch
ausgezeichnet zum Ausdruck zu bringen, er ist.
es
Herr Bernau erzählt,
ein trefflicher Regisseur.
sei ihm noch selten passiert, daß ihm ein Dichter
gesagt habe: „Lieber Direktor, geben Sie mein Stück erst in
der nächsten Spielzeit.“ Das hat Schnitzler getan, er läßt sein;
„Casanova“=Stück heuer nicht aufführen, um nicht an einem
Theater mit zwei Werken in einer Saison herauszukommen. Nicht
jeder Dichter ist so genügsam.
Wie stark das Interesse für „Professor Bernhardi“ beim
Publikum war, beweist die Tatsache, daß die ersten vier Vor¬
stellungen bereits im Vorverkauf ausverkaust waren. Als die
Theatersperre versügt wurde, mußten die Kassiere des Volks¬
theaters das Geld für die zur Premiere und zur zweiten Auf¬
führung gelösten Karten zurückerstatten. Das waren beinahe
19.000 Kronen — das nahm sich selbst der Kassier zu
Herzen.
Beim Theater geht es eben nicht ohne Ueberraschungen. Hie
und da meldet sich sogar jetzt noch die Zensur. Es kommen früher
eingereichte Stücke zurück, in denen der Rotstift wenn auch nicht
gewütet, so doch ein bißchen herumgestrichen hat. So wurde in
einem Schauspiel der Satz beanstandet: „Der heiße Atem meines
Mundes sagt es dir.“ Die Temperatur des Atems“ wurde vom
Zensor beanstandet In einem Militärstück hat man „oben“ ver
schiedene kleinere Striche vorgenommen. Nun hat die Zeit selbst
das ganze Stück verboten.
In Benatzkys Operette „Die tanzende Maske“ wurde —
„Kagran“ gestrichen. Was an „Kagran“ Staatsgefährliches ist —
das weiß wohl außer dem Zenfor kein Irdischer. Auch das Milien
dieser Operette wurde beanstandet. Es kam öfter vor, daß die
früheren Verwalter des öffentlichen Geschmacks sich an Dingen ge¬
stoßen haben, in denen sonst niemand was Verfängliches sah. So
wurde seinerzeit in Rudolf Hawels Volksstück „Die Patrioten“
das dort öfter vorkommende Wort „Zentralen“ gestrichen. Ebenso
das Wort „die Exzellenz“. Was sich der Zensor bei diesen
Strichen gedacht oder nicht gedacht hat, kann kein gewöhnlicher