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25. PrfOrBernhand
und Arzt — nicht vor ihrem nahen Tode den Schrecken der Todes¬
angst preisgegeben werden. Dieser Vorfall, nicht als Politikum oder
System gemeint, sondern bloß durch die augenblickliche Situation
geboten erscheinend, hat nun eine Hetze gegen den Professor zur
Folge, aus der er als Besiegter und Sieger hervorgeht. Die Frage,
wie sich Arzt und Priester am Krankenbette als Mithelfer und Helfer
zueinander verhalten sollen, ist eine eminent wichtige und dabei
doch eigentlich nur eine Teilfrage aus dem großen ungelösten Komplex:
Wissenschaft und Kirche.
Die Zustände im alten Österreich, die gerade in diesem Stücke
vielleicht wie in keinem zweiten mit einer so großen Wahrheits¬
liebe, Sicherheit und Schärfe geschildert sind, haben die Frage
nicht nur keiner Lösung zuzuführen vermocht, sondern vielmehr
auch jede Lösung gewaltsam zu verhindern gesucht. Die neue Zeit,
die auch nichts gegen die Aufführung dieses Stückes einzuwenden
hatte, ist dazu berufen, hier eine menschlich-würdige Einigung zu
schaffen, die beiden Parteien ihr Recht gibt.
Daß es hier natürlich vollkommen gleichgültig ist, welcher
Konfession der Arzt, der hier mit seiner oder einer fremden Kirche
in Konflikt geraten kann, im einzelnen Falle angehört, ist wohl
selbstverständlich. Professor Bernhardi, wie ihn Schnitzler, der Arzt,
der Sohn des Arztes und Spitalsdirektors schildert, ist Jude. Dieser
Umstand bietet dem Dichter natürlich Gelegenheit, die vollen Ge¬
fahren, die Klerikalismus und Antisemitismus für die Gesellschaft und
insbesondere für den menschlichdenkenden Arzt in sich bergen, mit
einer bewundernswerten Aufrichtigkeit zu schildern.
purch 2, 3 Sätze lückenlos erfaßt. Und gerade wieder die Arzte —
es kommen ihrer in diesem Stücke nicht weniger als 15 vor —
sind ganz besonders treffend wiedergegeben. Bernhardi selbst, der
aufrechte Mann, nichts fürchtend als die Gesetze der Menschlichkeit.
Dann die übrigen, die meist mehr Politiker als Arzte darstellen.
Der Professor, der noch immer Kouleurstudent und derjenige, der
schon Christ ist; der Frauenarzt mit dem gepflegten Bart: der kleine
praktische Arzt ohne Protektion, ohne Geld, Bezirksarzt in Ober¬
hollabrunn (vielleicht die am besten gezeichnete Figur der ganzen
Komödie) als Gegenstück zum Professor der Medizin, der durch
geschickte Schachzüge Minister wird und sich zu halten sucht, wie
es nur ein Minister im alten Österreich konnte. Der Sohn des
Professors, der rasch sein Assistent wurde, und der Professor, dessen
Verwandter Abgeordneter ist, der also im Spital selbst hohe Politik
betreiben zu müssen glaubt. Lauter Menschen, die, seit dieses
Stück geschrieben ist, Typen wurden.
Welchen Rang dieses Stück in Schnitzlers künstlerischer Lauf¬
bahn einnimmt, ist wohl heute nicht leicht zu sagen. Wenn es auch
e Tendenzstück ist, das weit über seinen unmittelbaren Rahmen
und über seine Tendenz hi
und Allzumenschliches behang
stück bleiben und die Schw
Beziehung aus sich nehmen
herrschung des Milieus irgendw.
Menschlich bleibt das Stück
ganz besonders wertvoll. Ben
Liebeskonflikt, in der Haupth
gibt, ein in Schnitzlers Werk
dafür, daß sein Gebiet weit
seichte Erotik.
Ohne die beiden Wen
egeneinander ausspielen zu
Falle „Schöpfer“ - „Professor
die großen Konflikte („M
außerordentlich kleine fas ab
der mit den Verhältnissen voh
Dort Probleme menschlich-th
die bisweilen zu menschliche
theatralisch wirken. Man ma
beiden Werke denken wie 1
sagen müssen, daß sich Hans M
lichkeit des Schaffens, wie 8
durchgerungen hat — sie
sie allerdings beide, jedes
sind, zweifellos volle Anregu
Gesellschafto-Buchdruckerei
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25. PrfOrBernhand
und Arzt — nicht vor ihrem nahen Tode den Schrecken der Todes¬
angst preisgegeben werden. Dieser Vorfall, nicht als Politikum oder
System gemeint, sondern bloß durch die augenblickliche Situation
geboten erscheinend, hat nun eine Hetze gegen den Professor zur
Folge, aus der er als Besiegter und Sieger hervorgeht. Die Frage,
wie sich Arzt und Priester am Krankenbette als Mithelfer und Helfer
zueinander verhalten sollen, ist eine eminent wichtige und dabei
doch eigentlich nur eine Teilfrage aus dem großen ungelösten Komplex:
Wissenschaft und Kirche.
Die Zustände im alten Österreich, die gerade in diesem Stücke
vielleicht wie in keinem zweiten mit einer so großen Wahrheits¬
liebe, Sicherheit und Schärfe geschildert sind, haben die Frage
nicht nur keiner Lösung zuzuführen vermocht, sondern vielmehr
auch jede Lösung gewaltsam zu verhindern gesucht. Die neue Zeit,
die auch nichts gegen die Aufführung dieses Stückes einzuwenden
hatte, ist dazu berufen, hier eine menschlich-würdige Einigung zu
schaffen, die beiden Parteien ihr Recht gibt.
Daß es hier natürlich vollkommen gleichgültig ist, welcher
Konfession der Arzt, der hier mit seiner oder einer fremden Kirche
in Konflikt geraten kann, im einzelnen Falle angehört, ist wohl
selbstverständlich. Professor Bernhardi, wie ihn Schnitzler, der Arzt,
der Sohn des Arztes und Spitalsdirektors schildert, ist Jude. Dieser
Umstand bietet dem Dichter natürlich Gelegenheit, die vollen Ge¬
fahren, die Klerikalismus und Antisemitismus für die Gesellschaft und
insbesondere für den menschlichdenkenden Arzt in sich bergen, mit
einer bewundernswerten Aufrichtigkeit zu schildern.
purch 2, 3 Sätze lückenlos erfaßt. Und gerade wieder die Arzte —
es kommen ihrer in diesem Stücke nicht weniger als 15 vor —
sind ganz besonders treffend wiedergegeben. Bernhardi selbst, der
aufrechte Mann, nichts fürchtend als die Gesetze der Menschlichkeit.
Dann die übrigen, die meist mehr Politiker als Arzte darstellen.
Der Professor, der noch immer Kouleurstudent und derjenige, der
schon Christ ist; der Frauenarzt mit dem gepflegten Bart: der kleine
praktische Arzt ohne Protektion, ohne Geld, Bezirksarzt in Ober¬
hollabrunn (vielleicht die am besten gezeichnete Figur der ganzen
Komödie) als Gegenstück zum Professor der Medizin, der durch
geschickte Schachzüge Minister wird und sich zu halten sucht, wie
es nur ein Minister im alten Österreich konnte. Der Sohn des
Professors, der rasch sein Assistent wurde, und der Professor, dessen
Verwandter Abgeordneter ist, der also im Spital selbst hohe Politik
betreiben zu müssen glaubt. Lauter Menschen, die, seit dieses
Stück geschrieben ist, Typen wurden.
Welchen Rang dieses Stück in Schnitzlers künstlerischer Lauf¬
bahn einnimmt, ist wohl heute nicht leicht zu sagen. Wenn es auch
e Tendenzstück ist, das weit über seinen unmittelbaren Rahmen
und über seine Tendenz hi
und Allzumenschliches behang
stück bleiben und die Schw
Beziehung aus sich nehmen
herrschung des Milieus irgendw.
Menschlich bleibt das Stück
ganz besonders wertvoll. Ben
Liebeskonflikt, in der Haupth
gibt, ein in Schnitzlers Werk
dafür, daß sein Gebiet weit
seichte Erotik.
Ohne die beiden Wen
egeneinander ausspielen zu
Falle „Schöpfer“ - „Professor
die großen Konflikte („M
außerordentlich kleine fas ab
der mit den Verhältnissen voh
Dort Probleme menschlich-th
die bisweilen zu menschliche
theatralisch wirken. Man ma
beiden Werke denken wie 1
sagen müssen, daß sich Hans M
lichkeit des Schaffens, wie 8
durchgerungen hat — sie
sie allerdings beide, jedes
sind, zweifellos volle Anregu
Gesellschafto-Buchdruckerei