II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 498

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Slitz-Blala.
18. Mzmstr 6ls.— I7!
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Aus der Theaterkanzlei.
Stadttheater Bielitz.
Heute gelangt in Serie blau Ludwigs?
„Professor Bernhardi.“
Anzengrubers grandioses Volksstück „Das 4.
Gebot“ zur Aufführung.
Im alten Oesterreich durfte Schnitzlers
Donnerstag steht in Serie rot die be¬
Komödie nicht aufgeführt werden. Sieliebte Operette „Jungfer Sonnenschein“ am
brandmarkte gerade die Parteien, die am
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Spielplan.
Ruder waren und sehr wohl die Macht hat¬
Freitag und Sonntag wird in vollstän=?
ten, eine unbequeme Stimme zum Schweigen
diger Neustudierung die Operette „Zigeuner=
zu bringen. Erst die neue Zeit. die uns end¬
liebe“ gegeben.
lich Freiheit der Meinungsäußerungen brach¬
Samstag findet die nächste Aufführung
te, gab uns die Möglichkeit, das Stück auf der mit großem Erfolge gegebenen Komö¬
der Bühne zu sehen. Es ist auch, abgesehen
die
„Professor Bernhardi“ von Arthur
von seiner Tendenz, interessant und litera¬
Schnitzler statt.
risch wertvoll besonders durch die feine und
Montag wird den Abonnenten der Se=w.
streng durchgeführte Charakterzeichnung der
rie braun eine Aufführung des Volksstückes
handelnden Personen. Es spielt in Wiener
„Das 4. Gebot“ geboten.
se
medizinischen Kreisen, die Milieuschilderung
Dienstag, den 24. Dezember bleibt die un
ist ausgezeichnet, um so begreiflicher, als
Bühne geschlossen.
Schnitzler selbst Arzt ist. Auch der Held des
Mittwoch, den 25. Dezember (Außer
Stückes ist Arzt und Direktor eines Kran¬
kenhauses. Er hindert einen Priester, eine Abonnement) Erstaufführung: „Der Feld=ssti
herrnhügel.“
Sterbende zu versehen, weil er sich verpflich¬
Donnerstag (Außer Abonnement): „Zis
tet glaubt, die Kranke bis zum letzten Augen¬
geunerliebe.“
blick in ihrem glücklichen Wahne zu lassen,
daß sie genesen sei. Diese Tat wird, da
—— X
Bernhardi ein Jude ist, von den Antisemi¬
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ten und Klerikalen absichtlich als bewußte
Religionsstörung hingestellt und zu einer
Affäre aufgebauscht, die schließlich den Pro¬
fessor vor Gericht und ins Gefängnis
bringt. Die Gegenparteien möchten ihn
nun als Helden und Märtyrer für sich ge¬
winnen, er aber, der in allem nur seinem
empfindlichen und starren Rechtsgefühl ge¬
folgt ist, will nach wie vor von Politik nichts
wissen. An demselben Tage, an dem er den
Kerker verläßt, bezichtigt sich die Kranken¬
schwester, auf deren Aussage hin er verur¬
teilt worden war, der falschen Zeugenaus¬
sage. Dies bedeutet Wiederaufnahme des
Verfahrens, aber vor dieser Art Genugtu¬
ung will Bernhardi lieber die Flucht ergrei¬
fen. „Wozu denn?“ meint er, „Soll ich den
ganzen Schwindel noch einmal mitmachen?
Jetzt in anderer Beleuchtung? Alle vernünf¬
tigen Menschen wissen doch, daß ich unschul¬
dig gesessen bin, und die zwei Monate, die
nimmt mir ja doch keiner ab.“
Die Aufführung war ein Wagnis, das
mißglücken mußte. Woher vor allem die
Darsteller für die vielen bedeutenden Rollen
nehmen! Die Aerzte, lauter Männer von
ausgeprägtester Eigenart, ein jeder der Ver¬
treter eines ganz bestimmten Typus, wur¬
den von gänzlich unzulänglichen Kräften dar¬
gestellt, die teilweise nicht einmal ihre Rol¬
len zu beherrschen schienen. Alle wirkten
zu jung und unbedeutend. Die Herren
Klein und Schauer z. B. waren nette Medi¬
zinstudenten, keineswegs aber Professoren.
Wie wenig wurden überhaupt die Andeu¬
tungen, die der Dichter selbst für die Dar¬
stellung gibt, beachtet! Um nur einige Bei¬
spiele zu nennen: Professor Ebenwald, der
„leider, mit zuweilen etwas übertriebenem
österreichischen Akzent“ zu reden hat, wurde
von Herrn Wohl als schleichender Intrigant!—
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