II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 499

fesur Uirericht und ins Gesangut¬
bringt. Die Gegenparteien möchten ihn
nun als Helden und Märtyrer für sich ge¬
winnen, er aber, der in allem nur seinem
empfindlichen und starren Rechtsgefühl ge¬
folgt ist, will nach wie vor von Politik nichts
wissen. An demselben Tage, an dem er den
Kerker verläßt, bezichtigt sich die Kranken¬
schwester, auf deren Aussage hin er verur¬
teilt worden war, der falschen Zeugenaus¬
sage. Dies bedeutet Wiederaufnahme des
Verfahrens, aber vor dieser Art Genugtu¬
ung will Bernhardi lieber die Flucht ergrei¬
fen. „Wozu denn?“ meint er, „Soll ich den
ganzen Schwindel noch einmal mitmachen?
Jetzt in anderer Beleuchtung? Alle vernünf¬
tigen Menschen wissen doch, daß ich unschul¬
dig gesessen bin, und die zwei Monate, die
nimmt mir ja doch keiner ab.“
Die Aufführung war ein Wagnis, das
mißglücken mußte. Woher vor allem die
Darsteller für die vielen bedeutenden Rollen
nehmen! Die Aerzte, lauter Männer von
ausgeprägtester Eigenart, ein jeder der Ver¬
treter eines ganz bestimmten Typus, wur¬
den von gänzlich unzulänglichen Kräften dar¬
gestellt, die teilweise nicht einmal ihre Rol¬
len zu beherrschen schienen. Alle wirkten
zu jung und unbedeutend. Die Herren
Klein und Schauer z. B. waren nette Medi¬
zinstudenten, keineswegs aber Professoren.
Wie wenig wurden überhaupt die Anden¬
tungen, die der Dichter selbst für die Dar¬
stellung gibt, beachtet! Um nur einige Bei¬
spiele zu nennen: Professor Ebenwald, der
„leider, mit zuweilen etwas übertriebenem
österreichischen Akzent“ zu reden hat, wurde
von Herrn Wohl als schleichender Intrigant
gespielt . Der Pfarrer des Herrn Beyer
sprach mit höchst überflüssiger Salbung; die¬
ser Vertreter der 0Kirche soll ein kluger und
energischer junger Mann sein. — Daß ein
Wiener Journalist, obendrein Doktor, nicht,
wie es Herr Tutter machte, zu jüdeln pflegt,
sollte man als allgemein bekannt voraus¬
setzen. Herr Torelly markierte nur den
Schreimann, trotzdem die Rolle das nicht
verdient. Vielleicht glaubte er das seinem
Pseudonym schuldig zu sein? Als Winkler
war er zu wenig „höfrätlich“ nämlich gar
zu munter. — Etwas glaubwürdiger war der
Professor Pflugfelder des Herrn Jores.
Wirklich verständnisvoll faßte Herr Frank
die Rolle des Flint auf, dieses heißen Kop¬
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fes mit kaltem Herzen, der zu Bernhardi
ein wirkungsvolles Gegenstück bietet. Um
endlich zu diesem selb stzu kommen: er wur=te
de von Herrn Richter zwar mit der nötigensch
Lebhaftigkeit und Güte ausgestattet, doch
de
fehlte das vom Dichter geforderte „wlet=sg,
männische Gehaben“, die leichte Ironie, und #
er wirkte mehr wie ein biederer Landdoktor
als ein Gelehrter. — Die zahlreichen Strei¬
chungen waren manchmal geradezu sinnstö=b
rend, z. B. in der Szene zwischen dem Pfar¬
rer und Bernhardi, die für das Verständ¬
nis des Stückes gerade so wichtig ist! Ueber=|5
haupt hätte ein solches Stück wohl ein Recht
auf unverkürzte Darstellung.
A. Z.
—.—
Setschhmg Pact
tuh
Z#orieneen 19.0
—U.
Professor Bernhardi“. Freitag, den 13.
I. (M., häkte die Theaterdirektion mit der Erstauf¬
führung der in Oesterreich verbotenen Komödie
„Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler, uns
aufgewartet. — Man kann es Schnitzler, dem jü¬
dischen Dichter der Wiener Lebewelt, nicht verden¬
ken, daß er einmal auf Kosten christlich germanischer
Ideale und der kath. Religion seinen Geist spielen
läßt und aus der Personifikation von „Licht, Wahr¬
heit und Fortschritt“ einen Juden formt, den die
„Dunkelmänner“ („Klerikale und Nationale“) zwar
ins Gefängnis zu hetzen, doch ihm den moralischen
Triumph zu nehmen, nicht vermögen. Wir wundern
uns nur, daß die Theaterdirektion es für zeitgemäß
hält, nach einem Stück zu greifen, das künstlerisch
belanglos, eine so tendenziöse Verherrlichung des
Judentums beinhaltet. Wenn sie wenigstens die
zur Aufführung dieser tragischen „Komödie“ not¬
wendigen Kräfte hätte! Die Operettenkräfte hatten
doch ihren Rollen kaum Ehre gemacht. Uns dünkt
es, daß da für die Direktion nur Geschäftswerte
ausschlaggebend waren. Oder hat man etwa das
christliche Empfinden herausfordern und kränken
wollen? — Sei dem wie immer, das eine mag
die Theaterdirektion zur Kenntnis nehmen, daß der¬
artige auffallende Tendenzstücke Stimmungen her¬
vorrufen können, die weder ihr noch dem jüdischen
Publikum erwünscht sind. Eine Besprechung der
Darstellung des Stückes halten wir für überflüssig,
der Spielleitung sei nur mitgeteilt, daß man ihr
die Unkenntnis katholischer Einrichtungen nur bis
zu einem gewissen Maße nachsehen könne. Es geht
denn doch nicht an, daß man einen katholischen
Geistlichen zur letzten Oelung mit dem Meßkelch
S.
gehen läßt.