II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 527

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uen
Neustadt. Er hatte zwei Handtaschen, die er
Dr. Schön Mitteilung von den Vorfällen
ober seinem Sitz auf den Gepäcksträger legte
während der Aufführung des genannten Stückes
und sodann einschlief. In Theresienfeld wurden
und den Vorkommnissen unmittelbar nach dessen
die Passagiere auf die Endstation aufmerksam
Beendigung. Der Leiter Dr. Schön hatte bis
gemacht und als Dr. Foder um die Handtaschen
zu diesem Zeitpunkte nicht einmal von der
griff, mußte er zu seinem Schrecken wahrnehmen,
zweiten Aufführung dieses Stückes Kenntnis.
daß ihm eine derselben gestohlen worden war.
Die Abordnung gab einen kurzen Bericht über
Diese Tasche enthielt 700.000 Kronen, teils un¬
die Beschimpfungen und Mißhandlung einzelner
gestempelte, teils gestempelte Noten, ferner
Mittelschüler und bat im Namen der Schüler
andere Gebrauchsgegenstände im Werte von
der oberen Klassen des Gymnasiums, der Landes¬
über 2000 Kronen. Das Abteil war sehr stark
real= und Maschinenbauschule und des Landes¬
besetzt und ohne Beleuchtung.
Lehrerseminars um Ueberlassung des Festsaales
zur Abhaltung einer gemeinsamen Versammlung,
Kognak auf der Straße. Am
30. Oktober um 10 Uhr nachts hielten Sicher¬
in der gegen die erlittenen Beleidigungen Protest
erhoben werden sollte. Der Festsaal des Gymna¬
heitswachleute hinter der Lokomotivfabrik zwei
siums sei innerhalb der Schulräumlichkeiten der
Arbeiter an, die gefüllte Rucksäcke trugen. Bei
Nachschau wurde in denselben 70 Flaschen
einzige Ort, der die Zahl der Teilnehmer fassen
Medizinal=Kognak gefunden. Die Arbeiter gaben
könne. Die Abordnung erklärte, daß bei den
an, daß sie kurz vorher auf der Reichsstraße
Direktoren der beiden anderen Schulen ebenfalls
Vertreter vorsprechen werden, mit dem An¬
nächst der Flugzeugfabrik eine Kiste fanden.
Sie öffneten die Kiste —
suchen, den Unterricht für einen Protest= und
sie enthielt Koknak
füllten sich die Rucksäcke und gingen sodonn
Sympathiestreik für die oberen Klassen frei¬
zur Fabrik. Tatsächlich wurde im Straßen¬
zugeben. Dr. Schön erklärte, er werde sich mit
den beiden Direktionen ins Einvernehmen setzen,
graben die Kiste, die ein Fuhrmann verloren
haben dürfte und dis noch 13 Flaschen Kognak
riet aber von einem Streike ab, sagte für den
enthielt, aufgefunden.
Fall des Einverständnisses mit den beiden
anderen Direktionen den Festsaal zu, um die
Ein Diebspaar. Am 30. Oktober
Schüler nicht in ein öffentliches Lokal zu
wurde in der Pleyergasse der Wehrmann der
zwingen, sie besser überwachen und vor unüber¬
Munitionsfabrik Franz Pelz und dessen Gattin
legtem Tun zurückhalten zu können. Er ersuchte,
wegen bedenklichen Besitzes von zwei Rucksäcken
dem Unterrichte nicht fern zu bleiben und die
mit 50 Kilogramm Wachs angehalten. Pelz
Versammlung auf den Nachmittag zu verlegen.
gibt an, daß ihm dasselbe ein Jude in die
Der Unterricht im Untergymnasium müsse un¬
Wohnung gebracht habe und sollte er es ihm
bedingt aufrecht erhalten bleiben. Schließlich
heute nach Wien bringen. In seiner Wohnung
wurde die Abhaltung der Versammlung um
wurden noch 12 Kilogramm Wachs und
12 Uhr mittags vereinbart, vorbehaltlich der
8 Blechkannen mit 40 Kilogramm Spirituslack
Zustimmung der beiden anderen Mittelschulen.
und 4 leere Lackkannen vorgefunden. Dieses
Nach seiner Unterrichtsstunde (8—9) erfuhr der
Wachs soll Eigentum des Juden sein, während
Leiter Dr. Schön, daß der größere Teil des
er den Spirituslack in der Munitionsfabrik
Lehrkörpers von den Vorfällen bereits in
gestohlen hat.
Kenntnis gesetzt sei. Gegen 11 Uhr hatte er
Italienische Arbeiter für Deutsch¬
eine Besprechung mit dem Direktor der Real¬
österreich. Wie eine Badener Korrespondenz
schule, der bereits von dem unliebsamen Er¬
meldet, haben mehrere Wiener Baufirmen, da¬
eignisse gehört hatte, aber vonseiten der Schüler
runter Firma Pittel & Brausewetter, da keine
seiner Anstalt noch keinen genauen Bericht hatte.
Arbeiter zu bekommen sind, um 400 italienische
Bei der nachmittägigen Besprechung der Schüler
Arbeiter angesucht.
konnte der Vorschlag des Leiters Dr. Schön
nicht durchgesetzt werden. Die Vertreter der

Heiden anderen Mittelschulen erklärten, mit
Zustimmung ihrer Direktionen Freitag 9 Uhr
den Unterricht abzubrechen und ins Gymnasium
zu marschieren. Das erfuhr Dr. Schön Freitag
vor 8 Uhr, der nun alle Vorbereitungen traf,
damit die Versammlung in Ruhe durchgeführt
werde. Telephonisch berieten die drei Direktoren
über die zu treffenden Maßnahmen zur Beru¬
higung der Schüler. Es wurde vereinbart, daß
die Direktoren an der Versammlung teilnehmen
sollten. Ebenso wurden die Professoren, die keinen
Unserricht hatten, gebeten, sich zur Aufrechter¬
heltung der Ordnung zur Verfügung
i stellen.
Um 9 Uhr fanden sich die Schüler der
beiden anderen Anstalten während der Unter¬
richtspause ein und begaben sich in voller Ruhe
mit den Obergymnasiasten in den Festsaal. Die
Direktoren der Realschule und des Landes¬
Lehrerseminars ließen ihr Fernbleiben ent¬
Die Schüler¬
schuldigen, weil sie durch die unvermutete An¬
kunft eines Vertreters der Schulbehörde aus
perzammlung
N0
Wien abgehalten seien.
im Feftsdale Bbed Staatsgymuasiums
Zur Beruhigung der Schüler und Ueber¬
in Wr=Neustadt anläßlich
wachung hatten sich eingefunden: LAbg. Prof.
skandales bei
wacue des
Dr. Beirer, Prof. Dr. Appelt in Vertretung
4129
Ok¬
„Profess
am oe
der Direktion der Realschule, Prof. Gidaly,
Nr.=Reder 1919.
Dr. Keist, Prof. Boguslavsky. Vom
Am Donnerstag, den 23. Oktober 1919,
Gymnasium waren anwesend: Der Leiter
erschien vor Beginn des Unterrichtes eine Ver=1 Dr. Schön, Prof. List, Dr. Mayr,
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