II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 528

„Wiener=Neustädter Zeitung,
Foder aus Kaposvar fuhr am 31. Oktober
abends mit der Bahn von Wien nach Wiener¬
Neustadt. Er hatte zwei Handtaschen, die er
ober seinem Sitz auf den Gepäcksträger legte
und sodann einschlief. In Theresienfeld wurden
die Passagiere auf die Endstation aufmerksam
gemacht und als Dr. Foder um die Handtaschen
griff, mußte er zu seinem Schrecken wahrnehmen,
daß ihm eine derselben gestohlen worden war.
Diese Tasche enthielt 700.000 Kronen, teils un¬
gestempelte, teils gestempelte Noten, ferner
andere Gebrauchsgegenstände im Werte von
über 2000 Kronen. Das Abteil war sehr stark
besetzt und ohne Beleuchtung.
Kognak auf der Straße. Am
30. Oktober um 10 Uhr nachts hielten Sicher¬
heitswachleute hinter der Lokomotivfabrik zwei
Arbeiter an, die gefüllte Rucksäcke trugen. Bei
Nachschau wurde in denselben 70 Flaschen
Medizinal=Kognak gefunden. Die Arbeiter gaben
an, daß sie kurz vorher auf der Reichsstraße
nächst der Flugzeugfabrik eine Kiste fanden.
Sie öffneten die Kiste-
sie enthielt Koknak
füllten sich die Rucksäcke und gingen sodann
zur Fabrik. Tatsächlich wurde im Straßen¬
graben die Kiste, die ein Fuhrmann verloren
haben dürfte und dis noch 13 Flaschen Kognak
enthielt, aufgefunden.
Ein Diebspaar. Am 30. Oktober
wurde in der Pleyergasse der Wehrmann der
Munitionsfabrik Franz Pelz und dessen Gattin
wegen bedenklichen Besitzes von zwei Rucksäcken
mit 50 Kilogramm Wachs angehalten. Pelz
gibt an, daß ihm dasselbe ein Jude in die
Wohnung gebracht habe und sollte er es ihm
heute nach Wien bringen. In seiner Wohnung
wurden noch 12 Kilogramm Wachs und
8 Blechkannen mit 40 Kilogramm Spirituslack
und 4 leere Lackkannen vorgesunden. Dieses
Wachs soll Eigentum des Juden sein, während
er den Spirituslack in der Munitionsfabrik
gestohlen hat.
Italienische Arbeiter für Deutsch¬
österreich. Wie eine Badener Korrespondenz
meldet, haben mehrere Wiener Baufirmen, da¬
runter Firma Pittel & Brausewetter, da keine
Arbeiter zu bekommen sind, um 400 italienische
Arbeiter angesucht.
— „ „
Die Schüler= V
Apersamlung
im Fefisdale Bed Staatsgymuasiums
in Wr=Neustadt anläßlich h
ter¬
skandales bei der¬
M =des
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tretung des Obergymnasiums in der Direktions¬
kanzlei und machte dem Leiter der Anstalt
Dr. Schön Mitteilung von den Vorfällen
während der Aufführung des genannten Stückes
und den Vorkommnissen unmittelbar nach dessen
Beendigung. Der Leiter Dr. Schön hatte bis
zu diesem Zeitpunkte nicht einmal von der
zweiten Aufführung dieses Stückes Kenntnis.
Die Abordnung gab einen kurzen Bericht über
die Beschimpfungen und Mißhandlung einzelner
Mittelschüler und bat im Namen der Schüler
der oberen Klassen des Gymnasiums, der Landes¬
real= und Maschinenbauschule und des Landes¬
Lehrerseminars um Ueberlassung des Festsaales
zur Abhaltung einer gemeinsamen Versammlung,
in der gegen die erlittenen Beleidigungen Protest
erhoben werden sollte. Der Festsaal des Gymna¬
siums sei innerhalb der Schulräumlichkeiten der
einzige Ort, der die Zahl der Teilnehmer fassen
könne. Die Abordnung erklärte, daß bei den
Direktoren der beiden anderen Schulen ebenfalls
Vertreter vorsprechen werden, mit dem An¬
suchen, den Unterricht für einen Protest= und
Sympathiestreik für die oberen Klassen frei¬
zugeben. Dr. Schön erklärte, er werde sich mit
den beiden Direktionen ins Einvernehmen setzen,
riet aber von einem Streike ab, sagte für den
Fall des Einverständnisses mit den beiden
anderen Direktionen den Festsaal zu, um die
Schüler nicht in ein öffentliches Lokal zu
zwingen, sie besser überwachen und vor unüber¬
legtem Tun zurückhalten zu können. Er ersuchte,
dem Unterrichte nicht fern zu bleiben und die
Versammlung auf den Nachmittag zu verlegen.
Der Unterricht im Untergymnasium müsse un¬
bedingt aufrecht erhalten bleiben. Schließlich
wurde die Abhaltung der Versammlung um
12 Uhr mittags vereinbart, vorbehaltlich der
Zustimmung der beiden anderen Mittelschulen.
Nach seiner Unterrichtsstunde (8—9) erfuhr der
Leiter Dr. Schön, daß der größere Teil des
Lehrkörpers von den Vorfällen bereits in
Kenntnis gesetzt sei. Gegen 11 Uhr hatte er
eine Besprechung mit dem Direktor der Real¬
schule, der bereits von dem unliebsamen Er¬
eignisse gehört hatte, aber vonseiten der Schüler
seiner Anstalt noch keinen genauen Bericht hatte.
Bei der nachmittägigen Besprechung der Schüler
konnte der Vorschlag des Leiters Dr. Schön
nicht durchgesetzt werden. Die Vertreter der
Seiden anderen Mittelschulen erklärten, mit
Zustimmung ihrer Direktionen Freitag 9 Uhr
den Unterricht abzubrechen und ins Gymnasium
zu marschieren. Das erfuhr Dr. Schön Freitag
vor 8 Uhr, der nun alle Vorbereitungen traf,
damit die Versammlung in Ruhe durchgeführt
werde. Telephonisch berieten die drei Direktoren
über die zu treffenden Maßnahmen zur Beru¬
higung der Schüler. Es wurde vereinbart, daß
die Direktoren an der Versammlung teilnehmen
sollten. Ebenso wurden die Professoren, die keinen
Unserricht hatten, gebeten, sich zur Aufrechter¬
haltung der Ordnung zur Verfügung
z stellen.
Um 9 Uhr fanden sich die Schüler der
beiden anderen Anstalten während der Unter¬
richtspause ein und begaben sich in voller Ruhe
mit den Obergymnasiasten in den Festsaal. Die
Direktoren der Realschule und des Landes¬
Lehrerseminars ließen ihr Fernbleiben ent¬
schuldigen, weil sie durch die unvermutete An¬
kunft eines Vertreters der Schulbehörde aus
Wien abgehalten seien.
Zur Beruhigung der Schüler und Ueber¬
wachung hatten sich eingefunden: LAbg. Prof.