II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 529

„Wiener=Neustädter Zeitung“
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Püchler betreffend. Es entstand also auch keine
Prof. Trathnig, Bach, Dr. Fellner
Pause, nach der er seine Hetzrede auf die Juden
und Dr. Konschegg.
und die jüdische Regierung fortsetzte. Von Juden
Also nicht bloß die vier Herren, die im
und jüdischer Regierung ist von ihm kein Wort
Berichte der „Gleichheit“ vom 28. Oktober
gesprochen worden. Seine sogenannte Hetzrede
genannt waren; nicht anwesend war der in
hatte den ruhigen Abschluß der Versammlung
demselben Berichte als anwesend bezeichnete
zur Folge. Es sprach nur noch der zum Worte
geistliche Professor. Von Fremden hatten sich
gemeldete Prof. Gidaly, der die Schüler auf¬
eingesunden: der Schriftleiter der „Wr.=Neustädter
forderte, nach der Versammlung wieder die
Zeitung“ Dr. Thurner, ein Unbekannter,
Schule zu besuchen, was abgelehnt wurde.
einige Vertreter der Hochschulen.
Nach einigen Bemerkungen des Leiters der
Nach 9 Uhr wurde die Versammlung durch
Versammlung, daß die Vertreter der Mittel¬
den Schüler der 8. Gymnasialklasse Burger
schüler der Anregung des Prof. Dr. Schön ent¬
eröffnet, der als dem ersten Redner phil. Ku¬
sprechend nachmittags ein Beschwerdeprotokoll
kertz das Wort erteilte. Nach diesem sprach
abfassen werden, daß den Direktionen zu über¬
LAbg. Dr. Beirer. Nachdem beide Redner
reichen sei, wurde die Versammlung mit der
die Ursachen und Gründe der Versammlung
Absingung der ersten und letzten Strophe des
erörtet hatten, erhoben sie schärfsten Protest
studentischen Weiheliedes geschlossen. Die Schüler
gegen die Beschimpfungen der Mittelschüler durch
entfernten sich in der 10 Uhr=Pause in Ruhe
Vizebürgermeister Püchler und Soldatenräte.
und Ordnung aus dem Gymnasium. Die Ver¬
Besonders verwahrten sich beide Redner gegen
sammlung hat etwa 50 Minuten gedauert.
die tätliche Beleidigung des Gymnasiasten Leiß
LAbg. Dr. Beirer und Prof. Dr. Schön
durch Vbgm. Püchler; beide ermahnten die
führten nach Schluß der Versammlung im
erregten und gereizten Schüler zur Ruhe und
Vordergrunde des Festsaales noch ein längeres
Besonnenheit. Phil. Kukertz hob ausdrücklich
Gespräch, das einen Wunsch der Wähler des
hervor, daß weder die Direktionen noch die
Abgeordneten betraf. Als sie auf den Gang
Professoren sie angestachelt hätten, daß vielmehr
traten, war das Gymnasium von den ver¬
ihre Stellungnahme zur Aufführung des Stückes
sammelten Schülern bereits verlassen. Herr
„Professor Bernhardi“ und zu den nachfolgenden
Dr. Beirer, dessen Sohn das Gymnasium be¬
Ereignissen ihrem eigenen Wollen entsprungen
sucht, sprach noch mit einigen Mitgliedern des
sei. Es ist demnach unrichtig, wenn der Artikel
Lehrkörpers und verließ hierauf ebenfalls das
der „Gleichheit“ von einer abgekarteien Sache
Gebäude. Der Unterricht für das Untergymna¬
spricht. Professor Dr. Beirer wies auch mit
sium wurde in voller Ruhe weitergeführt.
Nachdruck zurück, die Demonstration als reak¬
Damit ist die Wahrheitsliebe des Bericht¬
tionären Putsch zu bezeichnen, und protestierte
erstatters der „Gleichheit“ über diese Versamm¬
gegen die Benennung der Schüler und Professoren
lung genügend gekennzeichnet, der seinen Bericht
als Monarchisten und Reaktionäre. Hierauf
mit den Worten schließt: „dann zogen die
sprachen die Schülervertreter der Realschule und
Studenten unter Vorantritt des Prof. Beirer
des Lehrerseminars, im Namen der Hochschüler
und der anderen
Macher geschlossen vom
Ing. Leister. Die Redner versicherten sich
Gymnasium weg“.
gegenseitige Solidarität, forderten Genugtuung
Der Lehrkörper /
für die angetanen Beschimpfungen und Mi߬
des Gymnasiumg.
handlung und hoben hervor, daß sie deutsch¬
fühlende Schüler seien und bleiben werden. Nun
richtete der Leiter der Versammlung an die
anwesenden Professoren die Aufforderung, zu
Theater.
ihren Schülern zu sprechen, und ersuchte namentlich
Dr. Schön, das Wort zu ergreifen. Dieser kam
Am Sonnabend nachmittags ging vor aus¬
der Aufforderung nach. Anknüpfend an die
verkauftem Hause Grillparzers „Ahnfrau“ in
Vorredner, betonte er, daß die Schüler an ihm
Szene. Das Drama war mit großer Sorgfalt
und an den Professoren deutschsühlende Berater
einstudiert worden und bot den Schausvielkräften
hätten, die ihre Erregung woyl begreiflich fänden.“
Er sagte ihnen zu, daß berechtigte Beschwerden
von den Lehrkörpern gerne geprüft würden, da
sie aber in dieser Aufregung zu einer sicheren
Fassung ihrer Beschwerden nicht kommen könnten,
mögen sie Vertreter aus ihrer Mitte wählen,
um die Beschwerden niederzuschreiben und ihren
Lehrkörpern vorzulegen, denen sie vollkommenes
Vertrauen bei der Beurteilung entgegenbringen
könnten. Er legt besonderes Gewicht darauf, die
genauen Beweise dafür zu erbringen, ob und
von wem die Beschuldigungen erhoben wurden,
daß die Direktionen und Lehrkörper die An¬
stifter des Theaterskandals gewesen seien.
Schließlich forderte er die versammelten Schüler
auf, die würdig verlaufene Versammlung mit
dem studentischen Weihelied zu schließen, ruhig
nach Hause zu gehen und sich jeder weiteren
Kundgebung zu enthalten. Er dankte noch dem
runchent-#-p-I
Professor Dr. Beirer, der denselben Appell mit
Essans noch anhaftete. Vielleicht macht der
warmen Worten in seiner Rede an die Schüler
Künstler noch einen Schritt weiter zur Moderne,
gerichtet hatte.
was bei klassischen Stücken diesen jedenfalls
mehr Kraft verleihen würde. Essans Jaromier
Dr. Schön hat also nicht sofort nach
ist eine Herrennatur, bei der die sentimentalen
Dr. Beirer das Wort ergriffen, wie es in dem
Regungen in den Hintergrund treten und bei
genannten Artikel der „Gleichheit“ heißt. Er hat
auch keine Frage gestellt, den Vizebürgermeister der das erotische Moment der Liebe des Räubers

Ein Paar schwe.
Praktikant
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