II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 565

25. Professerad
Klese & Seidel
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Zeitung:
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Ort:
Ozernoväta
batum. —

Feuilleton.
Professor Bernhardi.
Kopsdie in 5 Akten von Arthur-Schulitzler.
Zur Erstanfführung am Stadttheater Samstag, den
17. September.
Es ist der Vorzug und der Fehler von Arthur
Schnitzlers Komödie, daß Professor Bernhardi kein „Held“
bleibt, trotzdem er Gelegenheit hatte, einer zu werden.
Er verweigert — Jude in einem erzkatholischen Lande! —
dem Priester den Zutritt zu einer Sterbenden, damlt sie
von ihrem Schicksal nichts erfahre. Unhell, du bist im
Zuge! und es war kein kleines Kunststück des Technikers
Schnitzler, wie er dies Unheil sich hatte bereiten lassen.
Gleich der erste Aki weckt das Gefühl der S.cherheit, daß
der Dichter die Welt, aus der er ein Stück herausschnitzen,
fein Stück herausschnitzlern will — nämlich die Welt von
Aerzten, von allerlei Aerzten, und von Oesterreich, dem
Oesterreich der hundert Sprachen und nicht ganz so vielen
Konfessionen — bis in ihre verräterischen Winzigkelten
kennt. Es ist leicht, mit ein paar Facha#esdrücken wie
Sepfis, Tabes und Tumor die Almoshäre eines Kranken¬
hausen mitzuteilen. Winiger leicht ist es, von vierzehn
Aerzten in jedem Akt diejenigen einzuführen, oyne deren
Besonderheiten keine Reibung, also kein dramatischer
Diolog entstünde, und diejenigen zurückzuhalten, die für
die Steigerung der nächsten Aktes gebraucht werden.
Schnitzler geht dabel mit einer Planmäßigkeit vor, die zu
verfolgen ein Vergnügen ist. Erst allmählich lernt man
dieses Aerziekollegium in all seiner Buntheit kennen: die
Kleingeistee und die Enthustasten, die Dunkelmänner und
die Dünkelmänner, die echten und die falschen Biederleute,
die Zionisten und die Ueberläufer, die Antisemlten und
die Misanthropen, die Choleriker und die Phelgmatiker.
Selbst diese hat der Fall Bernhardt aufgestört. Wie jeder
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„Professor Bernhardi.“ Komödie von Arthur
Schmelern Diese amnsante, 5 Akte lange Komödie des
Rassenhasses, Nationalitätenhaders und Kollegenneides
satirische Beleuchtung Alt=Oesterreichs. Nun Alt=Oester¬
reich zu Grabe getragen, amüsiert die geschickt gemachte
Komödie, erwärmt eber nicht zu Existenzanerkennung.
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Wenig beißende Satire, die am Platze wäre, Flüssigkeit
des Dialoges, eine „musterhafte“ Komiteesitzung, zwei
oder drei zute Aktschlüsse, lebhaftes Tempo, das redlich
im gan¬
durch tüchige Regiestriche beschleunigt wird —
aber beileibe nicht das
zen Einmal etwas anderes

Beste Schnitzlers. — Die Darstellung war eine fast durch¬
wegs vorzügliche. Der reiche Beifall galt hauptsächlich
den darstellenden Künstlern. In erster Linie der Professor¬
Bernhardi Herrn Rudolf Zeisels. In guter Maske, der
rechte Vorwurf eines Gelehrten, der das Gegenteil der
gewohnten Groteske ist. Ihm tüchtig zur Seite die Her¬
ren Lenoir, Strauß (siehe Flachsmann), Hartberg, Recke,
Eisner, Teller, Maluschinsky, Ecker, Jamnitz, Wolfram,
Schill (unbeholfen), Marlitz (sehr fein), Götz, Bortner.
Eine sehr angenehme Ueberraschung Herr Fischer=Colbri
als Pfarrer Reder. Diskreter, feiner Ton, gute Haltung
vollkommene Rehabilitierung. Vielleicht nach dem
schmählichem Fiasko im Klassischen im Modernen weit
bessere Verwendung. Viel zu fein dargestellt der Hoch¬
reitzpointner des Herrn Faerber. Diese Kriechernatur
müßte weit besser charakterisiert werden können. In der
kleinen Rolle der Krankenschwester Frl. Karla Gerl recht
gut am Platze. Die Spielleitung Herr Dr. Rudolf Beer.
Prächtiges Zusammenspiel, tadellose Dialogführung, eine
sehr gut inszenierte Aufführung. Direktor Beer konnte
S.
im Namen des Autors danken.
„Ein Tag im Paradies.“ Abgesehen von der
auerkennenähr¬
unter der
spürt, wie ernst es gemel
einzelne sich zu dem Falle stellt, enthüllt ihn, macht ihn
daß eben doch ein ganz
verächtlich oder unerheblich oder liebenswert. Der will
diesem Zustand der Unh
Bernhardi halten, jener will ihn stürzen. Die Gegensätze
Zwiespalt ein Drama, ein
platzen auf einander. Es gibt in jedem Akt parlamen¬
Komödie zu machen. Daß
tarische und unparlamentarische Redeschlachten, die das
die zupack, nachdem sie
Interesse nicht sinken lassen, aber niemals ein Drama zu¬
hat eine Hand, eine wun
stande brächten, wenn nicht auch Bernhardt von dem Ge¬
Wenn sich sein Arzt und
lärm in einen Konflikt getrieben würde — in den Konflkt,
so brechen sie belleibe n
der unvermeidlich ist: daß er an der Berechtigung seiner
Toleraaz, überbieten eina
Handlungsweise irre wird. Dieser Konflikt erfährt im
eine ästhetische Freude du
Laufe der fünf Akte mannigfache Wandlungen und Ver¬
mente, dle Geschmeidigke
schiebungen, Retardierungen und Aufschwellungen, ohne
Höflichkeit ihrer Ucgange
ole er die fünf Akte gar nicht füllen könnte; und er er¬
zahlreichen Anlänfen mit
fäht am Ende der fünf Akte eine Schlichtung, die wahr¬
seinem Rocke ziemt, den
scheinlich keinen Zuschauer befriedigt hat.
vermessen. Wär ers doch
Die eine Hälfte dieser Zuschauer kam von Gutzkow
mitto. Wir sehen, daß er
und Ibsen und hatte sich nicht schlecht gefreut, mit welcher
und zuerst protestiert, zul
Kühnheit der Gesianungsgenosse Thomas Stockmanns
Mann hat seinen Beruf,
gegen jeden Zwang für die Ueberzeugung des freien
Wahlheimat — aber wo
Mannes eingetreten war, mit welch strömender Bered¬
oder gleitet von einer sch
samkeit der Glaubensge fosse Uelel Acostas liderale Apercus
Wurschtigkeit — aber w#
gegen die Kirche und für die Wissenschaft geformt —
durch die er uns trotzdem
und zugleich bestritten hatte, daß er das tue. Jetzt war
er? Ein Titelheld. Der M
man bittee enttäuscht, daß Bernhardi unterkroch, klein¬
gerabe die Seele — eine
beigab, sich in den Quetlemus rettete. Ec war fälschlich
stückes, das zwar keine L#
beschuldigt worden, jenem Priester an der Tür des Sterbe¬
Anfang bis zu Ende dies
zimmers einen Stoß vor die Brust versetzt zu haben,
kelnden Gerede gespangt
hatte seine zwei Monale wegen Religionsstörung abge¬
geheuren Länge ist, weil
fessen, wir von seinen Anhäugern im Teiumph aus dem
nicht lohnt. O, du mein
Kerker geholt worden und s.y nicht ein, warum eine
(oder das Unglück), daß
Krankenschwester, die sich selbst des Meinelds bezichtigle,
Daß deine Sattriker, siat
ihn bestimmen sollte, die Unbequemlichkeiten eines Be¬
lächeln. Daß sie witzlglst
rufungsverfahrens auf sich zu nehmen. Für diese Zu¬
Daß sie, statt aufschrecke
schauer hätte Bernhardt bis zum letzten Augenblick für
Theaterstücke verfassen,
ein Prinztp kämpfen müssen und kelner besseren Ensicht
schätzest, wenn du sie ver
zugänglich sein dürfen.
Es ist ein Vorzug des Stückes, daß man