II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 572

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lassen, gibt Schnitzler die Heiterkeit als Aus= spricht. Er alletn singt das Rezitativ und gibt ihmig
Professor Bernhardi.
weg. Diese Verlegenheit, diese Mutlosigkeit,
Linie, er allein hat die Bindung der Töne, in der
diese Flucht vor den Konsequenzen entfernt uns
Residenzthealer.
Stimme und Musikalität die tiefste und innigste und d
heute von „Professor Bernhardi“. Einen tiefen,
süßeste Verbindung eingehen.
Arthur Schnitzlers Komödie „Professor
hoffnungslosen Menschen= und Weltanschauungs¬
Bernhardi“ hätte eins der besten deutschen Dis¬
Die Heckmann=Bettendorf singt mit ihm
konflikt am Schluß gewissermaßen für nicht
kussionsstücke werden können, wenn es den Aus¬
die Donna Anna. Daß sie keine Heroine ist, kanng
gewesen zu erklären, einen aufwühlenden Gegen¬
gleich zwischen dem Anekdotischen des Konflikts
man ihr nicht zum Vorwurf machen. Aber daß sie
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satz mit einer Witzpointe aus der Welt zu
(der Arzt verweigert einem Priester den Zutritt
ihre Stimme, die in einer, selienen Mischung passio¬
P
schaffen, das ist
noch in seinen besten,
zu einer ahnungslos Sterbenden) und der Aus¬
nierter Lieblichkeit gefangen nimmt, nicht technisch
ne
menschlich reichsten Vertretern — bezeichnend
wirkung des Konflikts (antisemitische und beruf¬
ehrgeiziger zur letzten Expansionsfähigkeit erzieht, ist

für das alte Oesterreich, das sich mit Anekdoten
liche Intriguen bringen den Professor für zwei
sehr schade. Sie hat innerhalb ihrer individuellen
aus jeder tragischen Verstrickung half.
Monate ins Gefängnis) gefunden hätte. Wenn
Grade auch die dramatischen Höhepunkte darstellerisch
Die Aufführung unterstrich die Schwächen
diese beiden Drehpunkte der Komödie: der Vor¬
schön gesteigert. Else Knepel als Zerline, ver¬
K
des Stücks. Sie zerfiel in skizzierte Chargen¬
fall im Krankenhaus, der die Gegner des Pro¬
wendet ihren zierlich=kindlichen Sopran sehr hübsch,
und theatralisch aufgepulverte Aktionsrollen.
fessors, und: die Gefängnisstrafe, die wieder den
aber dieser tSimme fehlt jede Sinnlichkeit, und sie
n
Welche Mätzchen wurden mit dem Dialekt
Umschlag zu seinen Gunsten bringt, organisch
klingt deshalb trotz allen guten Singens unmorzar¬
die Diskussion trügen und stützten, dann hätte getrieben. Herr Klein=Rhoden hätte die
tisch. Schützendorf ist kein guter Leporallo, er
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Charateristik für den intriganten Professor
„Professor Bernhardi“, ruhig ein Rede=, ein
bringt Meyrowitz mit seiner rhythmischen Sorglosig¬
re
Ebenwald aus dem leisen, gezogenen Tonfall keit zur Verzweiflung. Warum läßt er sich in der
Thesenstück sein können. Daß ihm heute — trotz
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der Aktualität der Gesprächsinhalte — die klare
des Wiener Dialekts gewinnen können. Statt letzten Szene von Stock, der den Masetto bis dahin
dessen gab er einen betonten Kulissenintriganten,
Wirkung versagt bleibt, liegt nicht an dem
sang und seinerseits abgelöst werden muß, vertreten?

der an besonders wirkungsvollen Stellen den
Fehlen einer dramatisch fortschreitenden „Hand¬
Meyrowitz dirigiert, die Tempi heben sich sehr gut
Dialekt parodierte. Aehnliches geschah fast
lung“ sondern daran, daß die Gewichte der
disponiert von einander ab, diese herrlichste Musik
überall. Und man mußte schon froh sein, wenn
Gespräche nicht verteilt sind. Die Aktion bleibt
würde bei mehr Proben sicher noch dramatischer und
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die Darsteller wenigstens Typen gaben
isoliert. Sie wird zum Anlaß von Gesprächen
heiterer herauskommen. Man entsetzt sich wieder, wenn
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so wenig waren sie Gestalter. Herr Keller¬
über sie genommen; aber sie wird nicht Keim¬
zwischen phantastischen Gebäudevariationen der natu¬ #e
Nebri als Minister charakterisiert noch
zelle für die Entwicklung von Gesprächen.
ralistisch rohe Wirtshaustisch steht und Don Gio=sti
immer mit Aeh=Aeh=Zwischenlauten und be¬
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Ein Thesenstück müßte sich auseinanderfalten
vanni in einer Art Blumenmuschel sitzend an einen##
trachtet noch immer seine Fingernägel beim
wie ein Drama (nur eben nicht in Vorgängen,
grünkrollen Disch seines Jahrhunderts speist. O,te
Sprechen. Einzig Herr Salfner wirkte als
sondern in Ansichten). Es bedarf, wie das
welche Konfusion!
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zusammenfassend charakterisierender Schauspieler.
Drama, des produktiven Konflikts (der sich nur
Er kommt zwar über die Burschikosität nicht
anders abwandelt als im Drama).
Schnitzler
hinweg. Diese Burschikosität aber ist abgewandelt
aber gewinnt die Führung der Gespräche über
und echt. Das ist sehr viel für diesen Abend,
Religion, Rasse, Staat, Kirche, Beruf, Indivi¬
der sich, was das Stück betrifft, allerdings weit
dualität weniger aus dem Konflikt, als aus der
über den früheren Spielplan der Rotters erhebt
Skizzierung von Episodenfiguren. Schnitzler
und deshalb als Hoffnung begrüßt werden soll.
führt immer neue Modelle von Aerzten ein, die
Herbert Ihering.
den Ideen und Vorgängen weiterhelfen
sollen. „Professor Bernhardi“ ist auf der einen
Seite ein Konfliktsdrama, auf der anderen ein
Jadlowker als Don Ottavio.
Diskussionsstück und schließlich eine Novellen¬
Staatsoper.
sammlung. So entfaltet sich das Thesenstück
nicht zur letzten Souveränität. Oder vielmehr:
Inmitten einer künstlich erregten Bewegung
weil Schnitzler nicht die letzte innere Freiheit steht er in edler Gelassenheit auf der Bühne. Eine
hatte, mußte es zerfallen. Denn im Grunde ist Atmosphäre der Stille bildet sich um ihn, bevor er
die Brüchigkeit dieses in einzelnen Szenen
seine Arien singt und sie schließt sich um ihn, wenn
menschlich überzeugenden und — eben durch die
er geendet hat. In derselben wundervollen Ruhe,
innere Unfreiheit — fast ergreifenden Schau¬
die nachwirkend im Hörer zurückbleibt, verläßt er die
spiels nur ein Abbild der Resignation des
Szene. Ein solcher Takt im Abgehen ist auf der
Duhters. Einer nihilistischen Resiqnation. Denn
Opernbühne sonst unerhört Man frägt nicht nach
statt aus dem Thema die große innere Heiierkeit der Ausdehnung der Stimme, nicht nach ihrer Un¬
für den Schluß zu gewinnen, statt die Heiterkeit versehrtheit, man gibt sich ihrem Klang hin, derl
aus den Menschen und Ideen heroorwachsen zu ergreifend und gefaßt etwas Schicksalhaftes aus¬
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