25. ProfessenBernhandi
#a
Schnitzlers -Pr fessor Bernhardis
Joh.
neue studiert
stra
Im Volkstheater
(
Jetzt, da der Umsturz nicht nur die Zensur
weggefegt hat, ist man im ersten Augenblick
ein wenig erstaut, die Wiederaufführung eines
pfl
Stückes mit vielleicht überholter „Tendenz“ an¬
gekündigt zu sehen. Aber schon nach den An¬
—
fangsszenen muß man zum großen Schrecken
bemerken, daß jenes einst bekämpfte Stück
nicht nur aktuell geblieben ist, sondern erst
aktueller geworden ist. Wären auch Bernbardi
und der Pfarrer gar nicht so polare Gegen¬
sätze, blicbe unerhört viel „Heutiges“ übrig.
Der Professor könnte sehr leicht und vornehm
dem Priester einen Rückzug ermöglichen.
Allein um den Preis einer mehr als verzeih¬
lichen Notlüge, die das Gewissen eines Frei¬
geistes wie Bernhardi niemals belasten könnte.
Aber der Anlaß der Ereignisse des Stückes
Der
tritt weit zurück hinter diese selbst. Welche
Ulri
Fülle von Menschen, scharfumrissen, wirklich
abe
geschen, strotzend von eigenem Leben, Wie
Bru
mutet doch die Denkungsweise dieser ver¬
schiedenen virorum obscurorum dem Univer¬
sitätsleben von 1928 an! Herr Hochroitzpointas
damals noch cand, med. hat sich sicher seither
Am
zu einem rührigen Heimwehrmenn entwickelt.] Der I
Nun ein wirklicher Dichter kann so viel Wirk¬
eein,
lichkeit in ein Werk pressen, so das Wesent¬
liche schamen und dabei doch weit über der
Sache steben. Denn eeine Satire fällt bald nach
rechts und links aus. Und so endet das Stück,
daß als Gewissenstragödie begonnen hat, mit
den achselzuckenden Lächeln der Güte und
des Verstehens.
Wilhelm Klitsch ist ein prachtvoller Bern¬
hardi. Wenn er äußerlich ruhig und mit
schwerer Körperlichkeit, aber lodernd vom
inneren Feuer des Temperements die Bühne be¬
tritt, verbreitet er zwingend die Aura jenes
guten Menschen, der man, wie Nothnagel sagte,
sein muß, um ein guter Arst sein zu können.
Den ärztlichen Stab dee „Elisabethinums“
stellten Hans Homma, Karl Skraup, Viktor Kut¬
echera, Otto Schmöle, Walter Brandt, Karl
Forest, Karl Ehmann, Mihail Xamtho, Otto Sol¬
taz, Hans Jaray, Richard Sallaba und Louis
Böhm dar, jeder eine Figur, die man oft und oft
in Spitalsbetrieben gesehen zu haben glaubt.
Kurt Lossen und Anton Edthofer als Mi##ter
und Präsidialist ließen mit zarter Fonchalence
die Erinnerung an die liebenswürdige Unaus¬
stchlichkeit eines k. k. Ministeriums wach¬
werden, während Karl Maixner in der heiklen
Rolle des Pfarrers, Felix Krones, Eduard
Loibner und Elisabeth Markus ein ausgezeich¬
netes Ensemble ergeben.
Der Erfolg des von Forest inszenierten
Stückes war stark und groß, das Publikum ging
willig mit und bei vielen Stellen, die auch auf
das Heute gemünzt sein konnten, setzte auf
Grat
offener Szene spontaner Beifall ein. Daß „Pro¬
fessor Bernhardt“ noch heute lebendig wirkt,
spricht für den Dichter Schnitzler, dessen
seine
dichterische Kraft stärker ist als jede Absicht
L. nahen
zur Tendenz
sich sei
Mit dem Messer gegen di¬
2.
em
s:
3:
box 31/4
ng, daß er einer Dag.:
will
Thealer= und Kunstnachrichten.
lände
suche
(Deutsches Volkstheater.) Arthur Schnitzler auf dem
Leber
Theater zu begegnen ist immer eine Freude, eine der leider in
Liebe¬
den letzten Jahren allzu selten gewordenen. Immer ist eine
besser¬
Stunde mit ihm eine lebendige, oft eine der wenigen lebendig in
Bilde.
der Erinnerung haftenden. Welche Klarheit der Figurenzeichnung,
maße
welche Anmut und wieder schlagende Kraft des Wortes, welcher
Mach,
Geist, nicht bloß Geistreichelei, in der Erfassung persönlicher und
lassen
Einen solchen
sozialer Zustände, ja einer ganzen Epoche
Opere
Schnitzler=Abend bereitete uns das Deutsche Volkstheater durch
idylle
die Wiederaufführung des „Professor Bernhardi“
kleid,
bekanntlich eines der ruhmreichsten Blätter in der Geschichte dieser
szenei.
Bühne, ein Werk, das im Repertoire „steht“, aber daraus dennoch
Kostü,
geglitten ist. Man hört öfter: hier seien — wie übrigens in dem
die
ganzen Schnitzler=Werk — Probleme von gestern, des gewesenen
Schla
Oesterreich gespiegelt. Wer aber gewisse Vorgänge bei der Be¬
Drun
setzung wichtiger öffentlicher Stellungen, nicht bloß an den
augen.
Fakultäten und keineswegs nur an der medizinischen, beobachtet,
Mod#=
weiß: es sind noch Probleme von heute. „Professor Bernhardi“.
gesdh
dieses kulturelle Sittenbild, wird, dies ist künstlerisch zu hoffen,
süßlich
gesellschaftlich gesprochen, zu befürchten, auch morgen noch von
aktueller Bedeutung sein. Und das eigentliche geistige Ferment
dieses Schauspieles, die Antithese zwischen Glauben und Wissen¬
schaft, wobei jede Meinung von ihrer Warte aus Recht behält,
ist, wie das mit den Jahren noch gesteigerte Interesse an „Pro¬
fessor Bernhardi“, der Tragikomödie des anständigen Menschen,
ihrer Gedanken=, Gestalten= und Gefühlswelt, erweist, von
dauernder Bedeutung. Der anständige Mensch, der diese Selbst¬
Richte
verständlichkeit gar nicht erst pathetisch betont, sich auch bei aller
von St
Klugheit und sonstiger Menschendurchdringung ein gewisses
Hofrat,
naives Vertrauen zur Redlichkeit der anderen bewahrie — dieser
Autoby
männlich wahre Mensch wird von Wilhelm Klitsch klar und
vom (
wahr, mit Zügen feinster Beobachtung dargestellt. Er hat im
Unfall.
Aeußern und besonders im Blick den Ausdruck der großen
Dampf¬
Aerzte: das überlegen Betrachtende, das Gütige und doch
wagen
immer wieder Ironische, weil sie, die Naturkenner, der Zweifel
zu ver
an dem Erfolg ihrer Bemühungen nie verläßt. Und prachtvoll ist
Jerss
es bei Klitsch, dessen Kunst sich immer mehr vereinfacht und ab¬
seiner
gedämpft hat, wie aus der Zurückhaltung plötzlich das Tempera¬
den B#
ment aufflammt, wenn an dem Nerv seines wahrhaftigen Da¬
den E
seins kindlich gerührt wird. Die Randfiguren dieses Aerzteschau¬
strenge
spieles waren und sind neuerdings durch einige Neubesetzungen,
mit Ri
im Volkstheater höchst charakteristisch, repräsentiert. Herr
und eis
Homma gibt den Professor Ebenwalder mit jener ergötzlichen
Beklag
humorvoll listigen Verschlagenheit, die seiner besten Gestaltungen
Dr. Hi#
eignet. Karl Forest, zugleich der verdienstliche Regisseur des
ein, an
erneuerten Bernhardi, gibt als Dr. Löwenstein eine Type von
der Ves
als zweideutiger
zwingend komischer Kraft, Herr Less
nach d
Minister Flint, der jener trügerischen Kraft der Komödie der
Betrag
Worte selbst erliegt, erntete mit Recht durch das vollbesetzte Haus
Beifall bei offener Szene. Kutschera hat als Dr. Pflugfelder
Prec
einen sonoren Ton gewinnender Ehrlichkeit, Edthofer als
Herr K¬
Hofrat Dr. Winkler vieles von dem weltmännischen, durch
Bennoge
Schärfe noch pikanteren Charta des Vorbildes dieser Figur, Max
werke,
Burckhardts. Herr Meixner ist ein scharfkamtiger Pfarrer.
Josef K
Herr Schmöle, ein scharfer Dr. Flitz, Her. Brandt ein
das Kle¬
massiver Dr. Tugendvetter, Herr Ehmann ein reservierter
Fräuleiz
Dr. Schreimann, Herr Skraup, Xantho, Voltau,
herau
Jaray, Sallaba, Krones und Loibner, junges, frisch
Precht
geführtes Deutsches Volkstheater. Fräulein Markus als
Sie belt.
Krankenschwester, die einzige weibliche Gestalt dieses Männer¬
auf Erse
schauspiels, ist von jener herben Weichheit, die ihre Volks¬
Nach de
gestaltungen auszeichnet. Der wieder ausgenommene „Professor
Prozeß
Bernhardi“ war, wie eine aktuelle Neuheit, wieder ein großer Er¬
folg für den Dichter und das Deutsche Volkstheater. P. W. geglichen
Die
Om Bu„ f L
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Schnitzlers -Pr fessor Bernhardis
Joh.
neue studiert
stra
Im Volkstheater
(
Jetzt, da der Umsturz nicht nur die Zensur
weggefegt hat, ist man im ersten Augenblick
ein wenig erstaut, die Wiederaufführung eines
pfl
Stückes mit vielleicht überholter „Tendenz“ an¬
gekündigt zu sehen. Aber schon nach den An¬
—
fangsszenen muß man zum großen Schrecken
bemerken, daß jenes einst bekämpfte Stück
nicht nur aktuell geblieben ist, sondern erst
aktueller geworden ist. Wären auch Bernbardi
und der Pfarrer gar nicht so polare Gegen¬
sätze, blicbe unerhört viel „Heutiges“ übrig.
Der Professor könnte sehr leicht und vornehm
dem Priester einen Rückzug ermöglichen.
Allein um den Preis einer mehr als verzeih¬
lichen Notlüge, die das Gewissen eines Frei¬
geistes wie Bernhardi niemals belasten könnte.
Aber der Anlaß der Ereignisse des Stückes
Der
tritt weit zurück hinter diese selbst. Welche
Ulri
Fülle von Menschen, scharfumrissen, wirklich
abe
geschen, strotzend von eigenem Leben, Wie
Bru
mutet doch die Denkungsweise dieser ver¬
schiedenen virorum obscurorum dem Univer¬
sitätsleben von 1928 an! Herr Hochroitzpointas
damals noch cand, med. hat sich sicher seither
Am
zu einem rührigen Heimwehrmenn entwickelt.] Der I
Nun ein wirklicher Dichter kann so viel Wirk¬
eein,
lichkeit in ein Werk pressen, so das Wesent¬
liche schamen und dabei doch weit über der
Sache steben. Denn eeine Satire fällt bald nach
rechts und links aus. Und so endet das Stück,
daß als Gewissenstragödie begonnen hat, mit
den achselzuckenden Lächeln der Güte und
des Verstehens.
Wilhelm Klitsch ist ein prachtvoller Bern¬
hardi. Wenn er äußerlich ruhig und mit
schwerer Körperlichkeit, aber lodernd vom
inneren Feuer des Temperements die Bühne be¬
tritt, verbreitet er zwingend die Aura jenes
guten Menschen, der man, wie Nothnagel sagte,
sein muß, um ein guter Arst sein zu können.
Den ärztlichen Stab dee „Elisabethinums“
stellten Hans Homma, Karl Skraup, Viktor Kut¬
echera, Otto Schmöle, Walter Brandt, Karl
Forest, Karl Ehmann, Mihail Xamtho, Otto Sol¬
taz, Hans Jaray, Richard Sallaba und Louis
Böhm dar, jeder eine Figur, die man oft und oft
in Spitalsbetrieben gesehen zu haben glaubt.
Kurt Lossen und Anton Edthofer als Mi##ter
und Präsidialist ließen mit zarter Fonchalence
die Erinnerung an die liebenswürdige Unaus¬
stchlichkeit eines k. k. Ministeriums wach¬
werden, während Karl Maixner in der heiklen
Rolle des Pfarrers, Felix Krones, Eduard
Loibner und Elisabeth Markus ein ausgezeich¬
netes Ensemble ergeben.
Der Erfolg des von Forest inszenierten
Stückes war stark und groß, das Publikum ging
willig mit und bei vielen Stellen, die auch auf
das Heute gemünzt sein konnten, setzte auf
Grat
offener Szene spontaner Beifall ein. Daß „Pro¬
fessor Bernhardt“ noch heute lebendig wirkt,
spricht für den Dichter Schnitzler, dessen
seine
dichterische Kraft stärker ist als jede Absicht
L. nahen
zur Tendenz
sich sei
Mit dem Messer gegen di¬
2.
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3:
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ng, daß er einer Dag.:
will
Thealer= und Kunstnachrichten.
lände
suche
(Deutsches Volkstheater.) Arthur Schnitzler auf dem
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Theater zu begegnen ist immer eine Freude, eine der leider in
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den letzten Jahren allzu selten gewordenen. Immer ist eine
besser¬
Stunde mit ihm eine lebendige, oft eine der wenigen lebendig in
Bilde.
der Erinnerung haftenden. Welche Klarheit der Figurenzeichnung,
maße
welche Anmut und wieder schlagende Kraft des Wortes, welcher
Mach,
Geist, nicht bloß Geistreichelei, in der Erfassung persönlicher und
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sozialer Zustände, ja einer ganzen Epoche
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Schnitzler=Abend bereitete uns das Deutsche Volkstheater durch
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die Wiederaufführung des „Professor Bernhardi“
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bekanntlich eines der ruhmreichsten Blätter in der Geschichte dieser
szenei.
Bühne, ein Werk, das im Repertoire „steht“, aber daraus dennoch
Kostü,
geglitten ist. Man hört öfter: hier seien — wie übrigens in dem
die
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Oesterreich gespiegelt. Wer aber gewisse Vorgänge bei der Be¬
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setzung wichtiger öffentlicher Stellungen, nicht bloß an den
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Fakultäten und keineswegs nur an der medizinischen, beobachtet,
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weiß: es sind noch Probleme von heute. „Professor Bernhardi“.
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dieses kulturelle Sittenbild, wird, dies ist künstlerisch zu hoffen,
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gesellschaftlich gesprochen, zu befürchten, auch morgen noch von
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dieses Schauspieles, die Antithese zwischen Glauben und Wissen¬
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ist, wie das mit den Jahren noch gesteigerte Interesse an „Pro¬
fessor Bernhardi“, der Tragikomödie des anständigen Menschen,
ihrer Gedanken=, Gestalten= und Gefühlswelt, erweist, von
dauernder Bedeutung. Der anständige Mensch, der diese Selbst¬
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verständlichkeit gar nicht erst pathetisch betont, sich auch bei aller
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Klugheit und sonstiger Menschendurchdringung ein gewisses
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Minister Flint, der jener trügerischen Kraft der Komödie der
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Beifall bei offener Szene. Kutschera hat als Dr. Pflugfelder
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einen sonoren Ton gewinnender Ehrlichkeit, Edthofer als
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Hofrat Dr. Winkler vieles von dem weltmännischen, durch
Bennoge
Schärfe noch pikanteren Charta des Vorbildes dieser Figur, Max
werke,
Burckhardts. Herr Meixner ist ein scharfkamtiger Pfarrer.
Josef K
Herr Schmöle, ein scharfer Dr. Flitz, Her. Brandt ein
das Kle¬
massiver Dr. Tugendvetter, Herr Ehmann ein reservierter
Fräuleiz
Dr. Schreimann, Herr Skraup, Xantho, Voltau,
herau
Jaray, Sallaba, Krones und Loibner, junges, frisch
Precht
geführtes Deutsches Volkstheater. Fräulein Markus als
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Krankenschwester, die einzige weibliche Gestalt dieses Männer¬
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schauspiels, ist von jener herben Weichheit, die ihre Volks¬
Nach de
gestaltungen auszeichnet. Der wieder ausgenommene „Professor
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Bernhardi“ war, wie eine aktuelle Neuheit, wieder ein großer Er¬
folg für den Dichter und das Deutsche Volkstheater. P. W. geglichen
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