II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 626

25. Prefesse—-Bernand1

Seite 8 — Folge 253
Theater und Kunft.
11
„Professor Bernhardi.“
Deutsches Volkstheater.
Im alten Oesterreich ist Artur
Bern=B
Schniglers „Professe
hardi“ als Kampfruf gewertet worden. Die
Zensur hatte damals ihre Konsequenzen ge=sw
zogen und ein Bühnenwerk verboten, das zwar
an heille Dinge rührte, dies aber mit über¬Al
legenem Geiste und dem reinem Gefühle
edelster Menschlichkeit tat. Nur wer selbst M
parteilich ist, vermag in dieser Dichtung
Parteiliches zu finden und gleicht damit jenen De
Pharisäern, die Artur Schnitzlers feineses
Porträtkunst in meisterhafter Weise wiedergibt.
Professor Bernhardi handelt aus rein ge
idealen Motiven, wenn er dem Priester den
Eintritt in das Krankenzimmer des sterbenden der
jungen Mädchens versagt. Denn die Unglück= zu
liche befindet sich im Zustand der Euphorie, der
höchsten Glückseligkeit, die unmittelbar vor Kra
dem Ende sich einzustellen pflegt. Sie denkt Ber
nicht an den Tod, sondern fühlt sich gerettet
und glaubt, von ihrem Freunde ins Leben mer
zurückgeführt zu werden. Der Priester ver¬
meint von seinem nicht weniger idealen füh
Standpunkt aus, dem Mädchen die Tröstungen
R
der Religion nicht vorenthalten zu dürfen.
(Sul
Aus dieser Meinungsverschiedenheit ergibt
sich der den Uebelwollenden bis auf die Spitze Dir¬
getriebene Konflikt und damit der Hauptteil
der dramatischen Handlung. Mit ingrimmig=th
überlegenem Humor offenbart der Dichter auf
wie die „lieben Kollegen“, die ungünstig ge=Kon
wordene Situation Professor Bernhardis zu W.
ihrem persönlichen Vorteil ausbeuten. Einessta,
Welt von Mißginst und Strebertum tut sich folg.
in ihrer ganzen Erbärmlichkeit auf, lediglich
von den Lichtern blitzender Ironie über=Kerse
Först
funkelt.
Das Stück bringt keine eigentliche Thea¬
Mor¬
Lösung — literarische Beckmesser mögen ihm Huge¬
dies als Fehler ankreiden —, aber es ist groß inne.
in seiner Idee und noch größer in seiner
prachtvollen Schilderung des Ewig=Unend=heute
Gäst
lichen.
Wilhelm Klitsch bot als Träger der
Hauptrolle eine überaus eindrucksvolle Mor
Leistung. Den Hofrat gab Edthofer mit Brau
jener schlampig=wienerischen Komik, deren tag,
Ton unwiderstehlich wirkt. Ueberaus mar=„Je
kante Figuren schufen ferner die Herren
Homma, Lessen, Brandt, Schmöle, heute
Kutschera, Forest und Xantho. Das der 1
Publikum nahm die Aufführung mit stürmi= Ansa
schem Beifall entgegen.
orch
Adele Strauß gegen eine Saise
arbeitung“,skonter
Manl:„„
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menderen Aufgade zum Abschied doch vier ale Er
lieber gewesen.
(Deutsches Volkstheater.) „Professor schen E
Bernhardi“ von Schnitzler ist neu ein¬
Oper „
studiert in einigen Rollen neu besetzt in das Re¬
Urauffi
pertoire aufgenommen worden. Tendenzstücke
Schwe
halten der Zeit nicht stand. Der demonskrative
Niede
Beifall, der wiederholt im Hause auf offener
Bühne losbrach, beweist aber, daß „Professor¬
Curt A
Bernhardi“ noch immer so wirkt, wie damals als
das Ende der Zensur die Erstaufführung ermög¬
lichte. Darf ein Arzt dem Priester den Zutritt zu
6
einer Schwerkranken verweigern, die in der
Hoffnung lebt, daß sie noch gesunden kann? Das
ist der Kern des Stückes, das an packenden und
ergreifenden Szenen überreich ist. Seinerzeit hat
Direktor Bernau die Titelrolle gespielt, die
jetzt Herr Klitsch inne hat. Herr Klitsch ist ein
Dur
guter Sprecher, er hat aber den Bernhardi etwas
hörde,
zu scharf umrissen dargestellt. Menschlicher wirkte
Berta T
der Pfarrer des Herrn Karl Meixner, den
straft is
früher Herr Onno gespielt hat. Karl Forest
Hebamm
in der Rolle des Doktor Löwenstein bot ein
meist m
Wunder der Charakterisierungkkunst. Der Minister
Sie wurk
des Herrn Lessen und der Hofrat des Herrn
daß sie
Edthofer waren hervorragende Leistungen.
griffe:
Das sehr gut besuchte Haus erwies den Dar¬
stellern und dem Stücke rauschende Ehren.
eine Frei#
(Carltheater.) Gastspiel des Moskauer
kriegsjal¬
[Jüdischen Akademischen Theaters.
Umgebur
[„Die Reise Benjamins III.“ nach Men= war. und
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Bühne und Kunst
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jaße
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Deutsches Volksthealer
sien,

Man weiß nicht recht, warum der „Professor Bern¬
ude
hardi“ wieder Gelegenheit erhält, sein rührendes Schicksal wied
dem Theaterpublikum zu geneigter Beurteilung vorzutragen. übut
zog
Das Stück zählt nicht zu Schnitzlers besten Arbeiten; alle wie
Im,
Theatergewandtheit vermag die schon reichlich altmnodische
Frau
Sache mit ihren gut, aber auch verblüffend einseitig gesehenen
gedee
sen
Zuständen nicht mehr interessant zu machen. Diese Art ven
hen
ihr „
Kämpfergerechtigkeit ist blind genug und das Stück selbst,
die 1#0
dessen Voraussetzungen schon 1911 nicht so fibelsimpel waren,
brack
ist auf ein winziges Endchen Geschehen placiert, kein Wunder, knapt
ist?
wenn es schwankt und mit dem halben, schalen Schluß vinze
schließlich fällt. Passacaglia über einen Leitartikel!
noch
Die Neustudierung des Deutschen Volkstheaters hat Forest
ein #
Litzi
sehr sehenswert besorgt; man sieht eine lebendige Aufführung Kin
hen
res
eines halbtoten Stücks. Den Bernhardi gibt jetzt Klitsch,
in
Der
sehr männlich, im sicheren Besitz seiner reifen Schauspieler¬
brach
mittel, gesünder, als die Figur aussieht, zu ihrem Vorteil,
won
er gibt eine runde Gestalt. Neben ihm ergötzt Homma als
erwäl
kus¬
Biedermann Ebenwald, mit bodenständiger Echtheit, feinster
Son#
zur
Charakteristik erfrischt Edthofer als „anarchistischer“
Ignd
Zer¬
Hofrat Winkler durch Laune und humoristische Weltverachtung. spruk
hsel.
Forest selbst gibt — wie früher auch — den Löwenstein,
Schy
echt aus der Schreigasse, hat tausend und eine Nuance, sehr
griff.
88,
unterhaltlich und feh#g. Das übrige Ensemble, neu oder
Pau¬
alt eingespielt, war musterhaft, kaum eine Figur blieb blaß.
die
zeit Besonders ist noch Lessen zu nennen, der den sanguinschen dem
er¬
Dampfplauderer und Streber Flint sehr überzeugeno ge¬ anzu¬
ich¬
dankenflüchtig und augenblickstrunken gibt. Die übrigen: nacht¬
ich
Kutschera, Brandt, Schmöle, Ehmann, Xantho,
Fälli
ich¬
Soltau, Jaray, Meixner, Krones, Loibner,
Folg
18
Böhm, Skraup und Sallaba waren durchaus am Platz;
mit
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Elisabeth Markus verwaltete die einzige Frauenrolle sicher
spres
und getren. An Beifall für die Künstler, hie und da auch
Dur
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für einige sehr deutliche und darum dankbar begrüßte Sen¬
die
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tenzen, Tendenzen fehlte es nicht.
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Aus den Wiener Theatern
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geste