II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 741

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den Temperamenten verhaftet. In der
liche besucht den Verurteilten, um ihm
Exposition wird einiges versäumt. Die
Confidencen zu machen. Er hat seine
Theater in der Königgrätzerstraße:
erste Begegnung Bernhardis mit dem
Schuldlosigkeit eingesehen. Er glaubt in
Geistlichen macht einen flauen Eindruck,
Bernhardis Haltung Vorurteile zu ent¬
Professor Bernhardi
wodurch der Konflikt noch konstruierter
decken und zicht sein Geständnis zurück.
erscheint. Vielleicht lag es hier an der
Schließlich kommt es zur Aussöhnung der
Ob sich ein Debattierstück Arthur
Premierennervosität. Bis auf ein paar
Meinungskontraste. Die Szene endet mit
Schnitzlers, das Situationen und Farb¬
dilettantisch störende Typen bietet die
einem Händedruck. Ihr Sinn, so nahe er
stoff altösterreichischen Verhältnissen ent¬
Regie eine Vielzahl von Gestalten auf,
an eine Philosophie der Menschlichkeit zu
nahm, von Neuem behaupten würde, stand
die zur klinischen Atmosphäre passen,
kommen glaubt, bleibt problematisch. Es
nicht so sicher. Die Besorgnisse wurden
jede Redewendung, jede Episode durch
ist ein Spiel mit Worten. Vielleicht hat
durch die Aufführung widerlegt. Das
physiognomische Merkmale zu decken
der Dichter unbewußt an eine Auffüh¬
Thema interessierte, der Aufmarsch wohl¬
wissen. Es geschicht ohne Aufdring¬
rung im alten Burgtheater gedacht, und
getroffener Charaktere und Strebertypen
lichkeit. Ganz vorzüglich spielt Er¬
an die Mentalität seiner Herren. Diese
ergab Wirkungen. Das Stück behandelt
win Kalser einen jüdischen Hitz¬
Szeue hätte ruhig wegbleiben können.
die Konflikte eines Klinikers, der einem
kopf. Die Gefahren des Jargons wer¬
Eine dramaturgische Ueberholung des
Geistlichen den Zutritt zum Krankenbett
den von ihm durch Leidenschaft über¬
Werkes wäre überhaupt empfehlenswert.
verweigert. Er will eine ahnungslose Pa¬
rannt. Man spürt den Fanatiker. Sehr
Der Hauptkonflikt selber erscheint im
tientin, der nur noch ein paar Lebens¬
viel Spieleifer auch in den Figuren, die
Man
Entstehungsstadium gekünstelt.
stunden vergönnt sind, vor dem Todes¬
von Felix Bressart und Heinz Salfner
fragt sich, weshalb Prof. Bernhardi dem
schrecken bewahren. Es wird durch die
aus der üblichen Episodencharakteristik !
Geistlichen so schroff begegnet. Es fehlt
Voreiligkeit einer Krankenschwester ver¬
herausgehoben werden. Für Charakteri¬
das zwingende Moment. Trotz schütterer
eitelt. Während der. Auseinandersetzung
stiken in anderer Richtung, in welcher
Voraussetzungen kommt es zu Konse¬
zwischen Professor Bernhardi und dem
gemütliche Unverbindlichkeit zum Aus¬
quenzen. Sie werden lebhaft gezogen. Sie
Pfarrer meldet sich bereits der Tod.
druck kommt, wurden Paul Otto und Hör¬
ergeben Charakteristiken von Verhält¬
Diese düstere Tatsache der Verfrühung
biger angesetzt. Schon ihre Masken sagen
nissen und Menschenart. Man sicht Klein¬
gibt dem Arzt recht. Der Zwischenfall
aus. Ihr Ton, das unerbittliche Pflegma
fanatiker des Rechtes, hemmungslose
wird zu Affairen aufgebauscht, die durch
ihres Spiels erzielen Illusionen der Wirk¬
Streber, Schacherer mit Gesinnung und
die Erfüllung parteiischer Wünsche bei¬
lichkeit. Es sind Gestalten, die man er¬
Vorteilen. Das Drama entwickelt sich
zulegen wären. Bernhardis Charakter
lebt.
zur Komödie, die Witz und Temperament
widersetzt sich. Da er Jude ist, kommt as
Mit der Figur Bernhardis erneuert Fritz
vereinigt. In einem glänzenden Sitzungs¬
mit Hlilfe des Parlamentes zum Prozesse
Kortner den Respekt vor seinen künst¬
akt lösen sich Spannung und Laune ab.
wegen Religionsstörung. Der berühmte
Der Zuschauer wird erregt und kann da¬
lerischen Fähigkeiten. Er spielt ihn mit
Kliniker erhält eine Freiheitsstrafe, büßt
bewundernswert schlichter, auffalland un¬
bei lachen. Im Abbild des alten Oesier¬
sie ab und wird von seinen Anhängern mit
auffälliger Charakteristik, die sich auf
reich werden auch heutige Verhältnisse
Triumph abgeholt. Die Hauptbelastungs¬
glaubhafte Neuschenart, auf ein von
getroffen. Anwesende Aerzte behaupten:
zeugin klagt sich nachher des Meineides
Selbstvertrauen erfülltes Naturell kon¬
genau wie bei uns! Auch was über Par¬
an. Der Kampf ums Recht klingt in ein
zeutriert. Er ist sparsam in Ausbrüchen,
lamentarier ausgesagt wird, klingt nicht
happy end aus.
er distanziert sich zu der erregten Um¬
zeitfern. Das Theater spiegelt sich in
Die günstige Aufnahme des Werkes
gebung, er begnügt sich mit Frontalan¬
einer Affaire und das Publikum bestätigt
enthebt nicht der kritischen Revision. Als
griffen des Witzes und der überlegenen
ihm die neuerwachte Vorliebe für rhe¬
wortreich und pedantisch in der Charak¬
entscheidenden Momenten
Laune. In
torische, von Wortduellen geschürte Auf¬
teristik der Hauptgestalt wurde es schon
bleibt die Vollkraft einer Kämpfernatur
tritte. Die Bühne, die nach Neuem darbt,
vor Jahren empfunden. Die Vollenergie
nicht aus. Sie haben um so mehr Gewicht.
dreht sich wieder einmal um ihre Achse.
eines Kampfstückes wird durch diploma¬
Um dieses geschlossene Spiel entsteht
Die frische Neuinszenierung Bar¬
tische Versuche gebremst, die Gegensätze
Spannung. Das Theater wird reicher.
nowskys, der dem Werke schon vor Jah¬
in einer höheren Region der Betrachtung
ren ein Gesicht gab, ist erfolgreich be¬
Emil Faktor.
auszugleichen. Entschiedenheit wird öfter
müht. den rhotorischen Ueberfluß zugun¬
durch die Dialektik umständlicher Sätze
„Gaunerkomödie“ heißt das neue Stück von
sten der Komödie abzudämpfen. Ein ab¬
vertreten. Im vierten Aufzuge kommt es
zu einer merkwürdigen Szenc., Der Geist- 1 solutes Pathos kommt nicht auf, es ist in 1 Peter Martin Lampel.

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