II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 750

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25. BrfeseBernandi
seitig befehdet, bespitzelt und dabei aktelang über Politik,
Vetternwirtschaft, Nationalismus, Antisemitismus, Futterkrip¬
penmoral disputiert.
Auch Schnitzler arbeitet hier, wie andere Tendenzdichter, nach
der Schwarz=Weiß=Technik, aber er schattiert geschickt, er biegt
viele Spitzen um, schleift Kanten ab und taucht die ganze
Problematik ins gemütlich Wienerische, so daß der naive Zu¬
schauer mit seiner Sympathie auf die „richtige" Seite fallen muß.
Das Ressentiment Schnitzlers hat heute, in gänzlich ver¬
Apote schabargenedun
länderten Zeitläuften, einen etwas tragilomischen Unterton und
es ist schuld, daß das Stück weniger packt und mitreißt als inter¬
essiert. Es wirkt als feingebaute, im Dialog (trotz mancher Red¬

A
seligkeit) wirksame Komödie und es gibt guten Darstellern reich¬
lich Gelegenheit, die Figuren zu vertiefen.
endasres seursenen runes-aussemerrredao
Und Barnowsky hat diese Darsteller und er versteht es, ihre
BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Freude an den Rollen noch zu steigern
Frit Kortner spielt den Bernhardi als überlegenen,
geistig sicheren und ironisch betupften Märtyrer; er vermeidet
alles, Pathos des zu Unrecht Gekränkten und Bestraften. Er
Deutiche Tageszeitung, Berlin
mgst die Figur dädurch einheitlicher, untheatralischer. Er spielt
Abend=Ausgabe
#ch, glücklicherweise, nicht in den Vordergrund, er könnte es viel¬
leicht auch nicht; denn aus dem guten Ensemble, das Barnowsky
Ausschpitt aus der Nummer vom: 2 4 UAN 7930
zur Verfügung hat, ragen ein paar durchaus ebenbürtige Künst¬
ler neben Kortner auf, ja manchmal schieben sie ihn sogar ein
hwenig in den Hintergrund.
„Professor Bernhardi.“
Da ist der Minister Paul Otto, ein mit Ironie geladener
Theater in der Königgrätzerstraße.
Lebenskünstler, ein Diplomat von starken Graden. Dann der wie¬
nerische Hofrat Paul Hörbiger, ein bis zum kleinsten Strich
Schnitzlers beinahe zwanzig Jahre alte mödie
witzig gezeichneter Komödientyp, doch kein Kulissenmensch, son¬
Brauchte de) Regisseur nur ein bißchen blankzuputzen.
dern quicklebendiger Kerl.
Victloy Barnowsky, der das Stück vor Jahren schon
Felix Bressart läuft als Professor Cyprian wie ein
mit Exfa##geführt hat, übersteigert auch heute nichts und
in die Medizin verirrter Franz Liszt über die Szene. Erwin
bläht die Tockhenz nicht auf; sie kommt in Filzpantoffeln daher,
Kalser hat beste jüdische Beweglichkeit. Georg Schnell,
ist aber gut gewachsen und hat ein prägnantes Gesicht.
[Heinz Salfner, Friedrich Ettel und andere sind mög¬
Diese Aerzte=Komödie hat nicht die Schärfe der Shawschen
liche Typen.
Satire; denn Schnitzlers Aerzte sind ja keine Scharlatane, sondern
Als Priester ist Ernst Stahl=Nachbaur ein Mensch
verfangen sich nur in den Maschen der kleinen Menschlichkeiten,
von fein geschliffener Dialektik, die sich mit dem Wesen der
sind karrieresüchtig und denken dabei manchmal mehr an Auf¬
Figur deckt und in der großen Aussprache nach der Verurteilung
stieg und Titel als an ihre Patienten. Daß dabei gelegentlich
Bernhardis glänzend bewährt.
einer stirbt, der hätte gerettet werden können, verträgt sich ganz
gut mit ihrer Berufsethik.
Ueberhaupt sind alle Dialoge und Disputationen psycholo¬
gisch und sprachlich gut abgewogen und machen die Vorstellung
In allen fünf Akten triumphiert oder unterliegt diese Ethik.
auch für den zum Genuß, der die geschickt gespannenen dünnen
Vom Konflikt zwischen Arzt und Priester am Bett einer Sterben¬
Tendenzfäden deutlich sieht.
den, der die Basis für die Komödie ist, verbreitet sich Schnitzler
Die Claque des Theaters hat manchmal eine falsche Witte¬
bekanntlich ins Politische und macht aus der Aerzteschaft eines rung. Nach dem dritten Akt ist der Beifall des Publikums stark,
Krankenhauses eine hitzige Kampfgenossenschaft, die sich gegen am Schluß wesentlich abgeschwächt.
Hugo Kubl.
Unberechnet
„sees Samwann
Made
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Berlin SO 16 Rungestrasse 22-24


2 3. Ji. 1930.
Schnitzler: „Professor Bernhardi.“
Königgrätzer Strasse.
Hier ist ein Tendenzstück mit, mit, mit Kunst. Darum ist es
heute frisch wie am ersten Tag. Trotz veründerten politischen
Umständen. Weil es neben der Tendenz ein Kunstwerk ist.
Darum parkt es heute Menschen und reisst sie fort — als
wär’ es gestern geschrieben.
Ein grosser Erfolg. Um Kortner. Nicht nur um ihn.
Kr.