II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 761

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25. Professor Bernhandi
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Der Tag, Berlin
Ausschnitt aus der Nummer vom: 4 3. JAN 1930
„Professor Bernhardi“ / Theaterin der Königgrätzer Straße
Hatte man ein Paradestück für Kortner ge¬
sophistischen Verschleierungen. Deshalb ist auch
Kucht? Kaum, denn der Professor Bernhardi ge¬
die Titelrolle so schwer darzustellen.
Thört nicht zu den Rollen, mit denen ein Schau¬
Der Professor Bernhardi, eine für seine Ueber¬
spieler Gipfel erstürmt. Es ist wohl so, daß die
zeugung leidende Nathan=Natur, soll offenbar
Dreyfusiaden in die Mode gekommen sind. Ihre
ein gütiger und weiser Mensch sein. Weisheit
Beweisführung ist billig, da sie in vergangenen
aber kommt in Worten weniger zum Ausdruck
Tagen unter anderen als den heute gegebenen
als im Wesen — ganz abgesehen davon, daß die
Voraussetzungen entstanden sind. Wenn unter
Worte bei Schnitzler wohl oft geistreich aber nicht
den geßenwärtegen Verhältnissen mit sentimen¬
weise sind; um so mehr muß der Schauspieler
talen Könenber von der Gesellschaft verfemte
menschliche Größe und Tiefe besitzen. Kortner
und in seixem Fortkommen geschädigte jüdische
erledigt seine Aufgabe mit kluger Sparsamkeit in
Bürger gegen die klerikalen und nationalen
den Mitteln, aber er ist nicht groß und nicht tief.
Er
Mächte in Schutz genommen wird, so ist das ein
bleibt die menschliche Wirkung schul¬
wenig geistreicher Scherz. Schnitzlers Stück
dig. Alle Spuren der Gedrücktheit, die der
vom schuldlos eingesperrten und dann mit viel
Autor nicht verwischen konnte, haften auch
Komplimenten rehabilitierten jüdischen Arzt ge¬
ihm an.
Lessings Nathan ist in seiner
hört ins österreichische Antiquariat bzw. in
Art ein König; Schnitzlers (und Kortners)
Schnitzlers persönlichen Erneuerungsfundus. Es
Bernhardi kann, trotz aller geistigen Kultur und
ist ohne die Größe, die eine typische Behandlung
zivilisatorischen Bildung, die Verwandtschaft mit
der jüdisch=nationalen Antithese verlangt; es
dem Ghetto nicht verleugnen. Kortner spielt
trägt vielmehr deutlich die Spuren persönlicher
zwar nicht „im Sinne“ des Autors, aber dessen
Versäuerung. Es ist in ihm, etwas hart ausge¬
Wesen entsprechend. Werner Krauß wäre in der
drückt, das Grundgefühl der gekränkten Leber¬
Lage, aus dem Bernhardi einen großen Menschen
wurst zu sehr fühlbar, trotz aller wortreichen,
zu machen. Aber der wäre dann nicht mehr
„naturgetreu“. Kortner ersetzt die menschliche
durch intellektuelle Ueberlegenheit und durch
Ironie, vermischt mit einer wenig glaubhaften
und anrüchigen Apathie: Meine Ruhe will ich
haben. Solche Resignation deutet, um im intel¬
lektuellen Jargon zu reden, auf Minderwertig¬
keitskomplexe.
Die Unterredung zwischen Bernhardi und dem
katholischen Pfarrer hat wohl vor 20 Jahren in
Oesterreich das Interesse wachgehalten. Wir emp¬
finden sie als Sophistik und auf die Dauer als
langweilig (wie das ganze Stück), obwohl Ernst
Stahl=Nachbaur den Pfarrer mit mensch¬
licher Wärme in einer Weise darstellte, daß die
im Untergrunde seiner Seele brodelnden, von der
Autorität der Kirche niedergehaltenen Konflikte
und Proteste wohl fühlbar wurden und mehr
sehen ließen als das Schicksal eines einzelnen.
Die Zahl der Professoren= und Doktoren=Dar¬
steller ist Legion. Paul Hörbiger als k. u. k.



Ernst Stahl=Nachbaur
liberaler Hofrat war großartig. Felix Bres¬
sart zeigte in seinem Nervenprofessor wieder
seine vortreffliche, humorvolle Beobachtungs= und
Nachahmungsgabe. Heinz Salfner vertrat mit
Glück das jugendliche Temperament unter den
Alten. Paul Otto spielte den Minister Flint
mit der richtigen öligen Glätte und in seiner Art
überzeugend, aber im Verhältnis zu Bernhardi
zu jung. Der teutonische Professor Ebenwald
wurde schon von Schnitzler mit viel Bissigkeit an¬
geleg
den
Ka
Grade