II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 763

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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Berlin am Morgen, Berlin
Ausschnitt aus der Nummer vom:
2 5. JAl 1960
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Zutritt zu einer Sterbenden, die nichts von
dem unmittelbar bevorstehenden Tod weiß.
Ein Michael Kolhaas
Das Mädchen soll durch das Erscheinen des
Priesters nicht um das hoffnungsselige Glüg
wider Billen
ihrer letzten Stunde gebracht werden. Gegen
den Direktor, der Jude ist, wird von den
Schnitzlers „Professor Bernhardi“.
Klerikalen und Deutschnationalen eine Hetze
im Theater in der Königgrätzer Straße
veranstaltet. Zu den „äußeren“ gesellen sich
Artbur Schnitzlers Komödie „Proses¬
die „inneren“ Feinde: die nationalistischen
sor Bernhardi“ war einmal — lang,
Mitglieder des Professorenkollegiums. Der
Unterrichtsminister, ein Studienkollege des
lang ist's her * ein Kampfstück, ein Tendenz¬
Angegrifsenen, läßt diesen trotz feierlichen
stück. Aber wa##r nahezu 20 Jahren
Versprechungen im Stich. Falsche Zeugen¬
Kampfrus und Krausforderung war, ist
heutenür mehr Weschichtsbild. Der Gegner
aussagen tun ein Uebriges und Professor
gegen den Schnitzter einstmals aurannte, das
Bernhardi wandert auf zwei Monate ins Ge¬
alte Oesterreich mit seinem durch Schlamperei
fängnis. Soweit wäre alles schön und gut.
gemilderten Absolntismus, ist nicht mehr und
Aber Schnitzler läßt seinen Helden nur zu¬
die von Schnitzler als Gegner senes Oester¬
fällig und unbewußt in den Kampf geraten;
reich geschaffenen Komödienhelden haben in¬
er läßt ihn sich mit seinem Gegner, dem
zwischen Glanz und Feuer, Rüstung und
Priester, 'versöhnen; er entkleidet ihn des
letzten Restes von Heldentum, indem er ihm
den Verzicht auf die Fortsetzung des Kampfes
in den Mund legt („Meine Ruhe will ich
haben, sonst nichts“). Und getreu dieser ver¬
söhntichen, ausgleichenden Tendenz nimmt
der Dichter auch dem Schluß seiner Komödie
jede Schärfe: die falsche Zeugin widerruft

ihre Aussage und Bernhardi wird auf diese
In sansterPlanderei
Weise rehabilitiert.
versickert das Stück.
In der guten Aufführung Victor Bar¬
nowstys wird das, was von dem Stück über¬
haupt lebendig zu machen ist, lebendig: die
stickige österreichische Atmosphäre von
Schranzentum, Bigotterie, Schlendrian, Be¬
schränktheit und Gmüat. Kortner spielt
außerordeutlich einprägsam und lebendig den
„Michael Kohlhaas wider Willen“; er dämpft
das Pathos der Rolle und kommt uns des¬
halb doppelt nahe. Vortrefflich ist der streit¬
bare jüdische Dozent Löwenstein des Erwin
Kalser; sehr gut auch Felix Bressart
als zittriger, aneköotenerzählender Professor
Cyprian. Paul Otto ist ein salbungsvoll
redender Unterrichtsminister und Paul
Hörbiger ein Hofrat aus dem K. K. Mini¬


sterium füx Kultus und Unterricht, wie er
im Buche, nein, im Leben steht. Eine unver¬
F. C. W.
geßliche Leistung.
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Fritz Kortner in der Titelrolle von
rthur SchnitzlersPofessor
uhardi“, das gestern im
in der Königgrätzer Straßte
Theater
neu aufgeführt wurde.
Helmbusch verloren und sie, die uns vor
vielen Jahren begeisterten, stehen heute etwas
dürftig vor uns: Viertel= und Achtelhelden
wider Willen, die zufällig in einen Kampf,
verwickelt werden, von dem sie, taum daß
er angefangen hat, schon nichts wissen wollen.
„Professor Bernhardi“ ist ein Stück der
vorletzten Konsequenzen — die letzten werden
nicht gezogen. — Der Direktor eines klini¬
schen Instituts verweigert einem Priester den
R