II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 764

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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Neue Preubische Kreurzeitung, Berlin
Ausschnitt aus der Nummer vom:
2 5. J4l 1980
Schnitzler: Drofessor Bernhardi.
Theater in der Königgrätzer Straße.
Es liegt ein dichter Staubschleier über dieser Milieu=Studie
aus dem Vorkriegs=Wien.
Zwei Jahrzehnte überdauert ein Stück nur, wenn es gedank¬
lich oder künstlerisch eine revolutionäre Tat darstellt.
Was faber Kimmern uns heute die kleinen — ja kleinlichen?
Begeben Feitenddieses Aerzte=Streites im Wiener Elisabethinum
Ein bisschen Fustandsklatsch, ein bißchen 48tum, ein bißchen Re¬
mantik, ein starker Schuß gemütlicher Resignation und —
sie
unverfälschte politische Tendenz: hie wahrheitsfanatisches, schnee¬
weißes Judentum, dort finstere klerikal=antisemitische Dunkel¬
männer!
Das alles breit=sentimental ausgewalzt und in den Konflikt¬
punkten mit lässiger Handbewegung beiseite geschoben.
Warum also die Aufwärmung? Das Stück hat eine Reihe
von „Bombenrollen“ und vor allem eine solche für Fritz
Kortner! Er spielt den jüdischen Professor, den Revolutionär
aus Zufall, zurückhaltender, als es sonst seine Art ist. Er ver¬
steht zuweilen sogar zu packen, vor allem, wenn er seine Welt¬
anschauung verbissen gegen die Hoheit des katholischen Priesters
(Ernst Stahl=Nachbaur) verteidigt. Aber hier zeigt sich auch
am deutlichsten der Knick in dem Wesen Kortners gegenüber der
Idealgestalt Schnitzlers. Diese verlangt immerhin ein Stück
warmen Menschentums, gepaart mit geruhsamer Behaglichkeit:
„Meine Ruhe will ich haben, sonst nichts!“ Kortner aber ist
immer der Fanatiker, auch wenn er ihn mit aller Kraft zurück¬
zudrängen sucht.
Das grelle Licht der Tendenz beeinträchtigte überhaupt die
unter Barnowskys Regie stehende Aufführung. Die streiten¬
den Professoren gebärdeten sich zuweilen wie echte Revolutionäre,
so daß man von der darauffolgenden gemütlichen Wurschtigkeit
überrascht war. So der liberale Brausekopf Heinz Salf¬
ners der wilde Antisemit Emil Mameloks, der jüdische
Eiferer Erwin Kalsers. Feine Charakterstudien boten Felix
Bressart als zitteriges Männchen, aber aufrechter Mensch.
Maximilian Wolff als übernationaler jüdischer Renegat
Georg Schnell als geschmeidiger Titeljäger und Rudolf
Platte als kriecherisches Lümpchen. Der eigentliche Reiz der
Darstellung aber war der Hofrat im Ministerium Paul Hör¬
bigers. Das echte goldene Wiener Gemüt. Liebenswürdiger
Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle, grundanständig und im
Kern seines Wesens allem Muckertum, aller Intrige abhold. Aber
„nur nit aufregen“! Die Dinge laufen, wie sie wollen. Wir!
können es doch nicht ändern! Er spielte Wien, er spielte —
Schnitzler.
Der Beifall war stürmisch — trotz allem!
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BERLIN SO 16, RUNGESTRSSE 22-24
Der Leutsche Berlir
Ausschnitt aus der Nummer vom: 2 5. JAN 1969
Professor Bernhardi (Theater der Königgrätzer Straße).
Diese Komödie Arthur Schnitziers aus dem Wiener Aerzte¬
#milien Vyn 1900 war, als sie vor zwanzig Jahren erschien,
anständege Haltung, mit der ein höchst kompliziertes Pro¬
blem, der Konflikt zwischen Arzt und Priester, im Zu¬
sammenhang mit der jüdischen Nationalität des Arztes
behandelt wird. An der Hochwertigkeit dieses Dialoges,
der jede Schärfe und flache Polemik vermeidet, könnten sich
unsere heutigen Zeitdichter ein Beispiel nehmen. Die Auf¬
führung unter der Regie Barnowskys war, obschon nicht
gerade wienerisch, im ganzen ausgezeichnet. Fritz Kortner
liegt die Rolle des Professors sehr viel besser als das
Heldische Shakespeares und Schillers. Vortrefflich die ver¬
schiedenen Medizinertypen Mameloks, Bressarts, Schnells und
Kalsers. Darüber hinaus wäre noch besonders zu nennen
Paul Otto als geschmeidiger Unterrichtsminister, Ru¬
dolf Klatte als Kandidat und vor allem der wirklich
echte k. und k. Hofrat Paul Hörbigers.
So errang
das Stück ohne Frauen einen starken Erfolg.
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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Berliner Morgenzeitung, Berlin
2 5. JAl 1960
Ausschnitt aus der Nummer vom:
1
„Professor Bernhardi“
im Theater in der Königgrätzer Strasse
Unsere Autoren und Theaterdirektoren sind auf der Suche
nach dem sogenahnten Zeitthealer, wobei sie mehr oder minder
meist minder — Glück haben. Und da entdeckt man nun
plötzlich, des Arthur Schnitzlers kurz vor dem Kriegsausbruch
geschriebens Komödie „Professor Bernhardi“ noch heute weit
aktueller wirkt'gs manche angepriesene Aktualität. Das Motiv
— Hämnkof der Konflikt zwischen dem Arzte, der dem Geistlichen
den Zutritt zu einer Sterbenden verweigert, um ihr die Erkennt¬
nis des herannahenden Endes zu ersparen, und der Kirche, die
ihr Recht auf die Seele geltend macht — hat eben unveränderte
Geltung, weil-die Menschen und überwiegend auch die Insti¬
tutionen, sich in diesen Jahren nicht wesentlich geändert haben.
Der Streit um echte und halbechte Arier, um Rechts- und Links¬
gerichtete, hie Klerikalismus, hie Liberalismus — das alles wird
mit scharf geschliffener Satire, mit subtilster Kunst der Menschen¬
gestaltung aufgezeigt. Unter Viktor Barnowskys vergeistigter
Regie wirkte das Stück lebendig wie einst. Eine starke Leistung
gab Kortner in der Titelrolle. Schlicht, ohne jedes Pathos, steht
sein Bernhardi da, dem alles Heldische fehlt, der mit tapferer Ironie
jenen Kampf kämpft, an dem bekanntlich schon die Götter
scheiterten. Um ihn gruppierte sich ein erlesenes Ensemble:
Paul Hörbiger als schwerenötrig-scharmanter Hofrat, Paul Otto
als verbindlicher Umfallminister. Ernst Stahl-Nachbaur als zelo¬
tischer Priester sowie das Aerztekollegium Felix Bressart, Heinz
Salfner, Erwin Kalser, Emil Mamelok, Georg Schnell und Herbert
Grünbaum. Der Beifall war sehr stark, zum Teil stürmisch, zum
Teil demonstrativ.