II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 769

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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Der Montag Morgen, Berlin
Ausschnitt aus der Nummer vom:
2 7. JAl 1930
Mueiun Dne ohn
Arthur Schnitzler
Max Burckhardt, ein wirklich „radikaler“ Katholik

wie Lammasch. Weniger schienen mir die übrigen
1 Professor Bernhardi
Schauspieler den Ton zu treffen. Aber der große
Applaus war mir altem Oesterreicher doch eine
Theater in der Königgrätzer Straße
große Freude. Oesterreichs Rebellen waren nicht
Fritz Kortner spielt in einer sehr guten
die schlechtesten.
Inszenierung des „Theaters in der Königgrätzer
Straße“ den braven alten Professor Bern¬
hardi von Arthur Schnitzler. Das war
für seine Zeit ein kühnes österreichisches Theater¬
stück. Ein jüdischer Professor, Direktor eines k. k.
Krankenhauses, verbietet einem Pfarrer, der mit
dem hl. Abendmahl kommt, aus medizinischen
Gründen den Zutritt zu einer Sterbenden, woraus
(nicht nur im Stück; es handelt sich um einen
wirklichen Vorfall) ein fürchterlicher Skandal ent¬
steht. Heute ist dieses Problem völlig veraltet.
Nehmen wir ein katholisches deutsches Land von
heute, etwa Bayern, so wird kein jüdischer Spitais¬
direktor einem Pfarrer den Eintritt in die Kran¬
kenzimmer zu verbieten brauchen. Weil nämlich
kein Inde Direktor eines öffentlichen Spitals wer¬
den wird. Man sieht deutlich die wüste Reaktion
in der alten österreichischen Monarchie, und den
gewaltigen Fortschritt in der deutschen Republik
von heute.
Es ist wohl das erste rein politische Stück der
modernen deutschen Literatur. Aber es unterschei¬
det sich sehr von dem heutigen politischen Drama.
Bei Schnitzler wird streng darauf geachtet, daß
jede politische Weltanschauung — von der deutsch¬
nationalen bis zur bürgerlich=radikalen — neben
ihren dunklen Schattenseiten auch ihre Lichtseiten
zeigt. Man wird das ein Kompromiß nennen. Es
ist aber nur eine Mode. Um 1910 war eine Art
menschliche Gerechtigkeit in der Literatur Mode.
Heute ist es Mode, im politischen Drama jeden,
der noch etwas rechts von den Kommunisten steht,
als wüsten Schurken und wurzellosen Hysteriker
zu schildern.
Die Aufführung war ganz echt im Dekorativen,
in der Atmosphäre, und in der Gestaltung Kort¬
ners. Ich stamme zufällig aus diesem radikal¬
liberalen akademischen Milien der k. u. k. Mon¬
archie, bin also kompetent. Es war wunderbar.
Kortner sah genau so aus und sprach genau so, wie
diese prachtvollen radikalen österreichischen Profei¬
soren und Hofräte von 1913, ein Tandler, ein
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