II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 772

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BERLIN SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Charlottenburger Neue Zeit
Ausschnitt aus der Nummer vonk ö. MAN 1920
„Professor Bernhardi.“
„ (Theater in der Königgräher Straße.
Zur ganz großen Tragödie scheint es anzu¬
setzen, als „Komödie geht es aus: Zeitstück war
dieses Drama von dem Kampf zwischen ärztlicher
Pflicht und Klerikalismus schon zwanzig Jahre
vor der Erfindung des inzwischen total abge¬
wetzten Schlagworts vom „Zeittheater“.
Damals galt Schnitzlers Werk als uner¬
hört mutig und noch jetzt zündet der Mittelakt
und wirkt mitreißend.
Eine neue Generation weiß nicht recht, ob die
Vorgänge Erfindung oder Historie sind — tat¬
sächlich hat der Dichter wohl Dichtung und Wahr¬
heit durcheinandergemischt — und so entsteht ein
Erfolg, der dem Stoff, der dramatischen Verar¬
beitung und — zum allergrößten Teil wohl -
der Darstellung gilt.
Kortner ist Professor Bernhardi. Er
soll sich nach dieser Rolle schon lange gesehnt
haben, sie gibt ihm tolle Möglichkeiten, sich nach
allen Seiten seiner vielfältigen und komplizierten
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Natur auszuleben, von der überlegenen Ironie
bis zum alles überrennenden Fanatikertum der
Ueberzeugung. Ganz großartig wieder,
und alles was man so insgeheim gegen den
Großindustriellen der Schauspielkunst auf dem
Herzen hat, schmilzt vor der Leistung dahin wie
die berühmte Butter vor der Sonne.
Temperamentvoll und sympathisch gibt sich
Heinz Salfner, Bressart stellt einen ulkigen
Kauz von altem Gelehrten auf die Beine,
Schnell und Mamelok geben Streber= und
Hetzertypen, Kalser erinnert etwas zu sehr an
Paul Morgan.
2 Penetrant, zum Ohrfeigen unsympathisch ge¬
staltet der begabte junge Rudolf Platte den
Schleicher cand. med. Hochroitzpointner. Paul
Oitto als Unterrichtsminister Prof. Dr. Flint ist
resichlich farblos; Säule des letzten Aktes dagegen
Paaul Hörbiger als Hofrat Dr. Winkler, sozu¬
# sagen der fleischgewordene liebenswürdige Wiener
Hofrat der Vorkriegszeit, zum Entzücken, ernst
und schlicht, Ernst Stahl=Nachbaur als
Priester.
(Nebenbei, wenn's wirklich so war, wie's
Schnitzler hier schildert, war doch das viel¬
geschmähte alte Oesterreich, von dem parlamen¬
tarisch wohlbegründeten Ueberwiegen des Kleri¬
kalismus abgesehen, doch geradezu ein demo¬
kratisches Musterland, mit all' den Tugenden
und Miesigkeiten des übersteigerten Parlamen¬
tarismus, die uns jetzt auch erfreuen.)
Jedemfalls: unter Barnowskys Regie eine
Muster= und Meisteraufführung, die endlose Bei¬
falls=Stürme weckt und einen Dauererfolg ver¬
bürgt.
Dr. W. H. Stern.
er