S
25. ProfzorBernhandibox 31/6
—
en ausenmer
SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Zeburgische Zeilung, Magdeburg
Ausschnitt aus der Nummer vom:
2 9. JMN 1930
„Der neue „Professor Bernhardi“.
Eines der größten Erfolge der Berliner Spielzeit wurde
die Nefsaufführung von Arthur Schnitzlers „Professor
Bernh###“ im Theater in der Königgrätzer
Straße.] Das alte Stück aus dem Vorkriegs=Oesterreich
traf auf eine günstige Publikumsdisposition. Der Zuschauer,
durch viele Stücke an Debatten auf der Bühne gewöhnt, auf
die Aufrollung von Affären eingestellt, interessierte sich auch
für die Affäre des Professors Bernhardi. Das Stück ist
lebendiger geblieben als viele der psychologischen Dramen
von Schnitzler. Die Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft
und Religion, zwischen Liberalismus und Klerikalismus, die
Antastung des jüdischen Problems fand aufmerksame Zu¬
Aber gerade dieses lebendige Stück von Schnitzler zeigt
die Grenzen der Vorkriegsdramatik auf. Alles wird an¬
geredet, alles wird nur angerührt und — im Schlußakt —
ironisch abgebogen. Mit einemmal soll alles nicht so schlimm
gewesen sein. Mit einemmal war der Kampf überflüssig.
Mit einemmal wird alles im gleichgültigen, trägen Pessimis¬
mus aufgelöst. Gefährliches happy end. Wiener happy end
lange vor dem Hollywooder happy end.
Die Aufführung wird ein Ereignis durch die Darstel¬
lung des Professors Bernhardi durch Fritz Kortner. Es
ist unbegreiflich, daß dieselben Leute, die von Kortners Pro¬
fessor Bernhardi begeistert sind, auch seinen König Philipp
angehimmelt haben. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Im „Don Carlos“ alles gesucht, gekünstelt, hintenherum
gedacht. Im Bernhardi — alles in Fluß, alles einfach, alles
selbstverständlich, alles leicht, alles lebendig. Professor Bern¬
hardi: ein Berufsmensch, der sich nach außen hin einen
ironischen Abwehrpanzer umlegt, ein Berufsmensch, dessen
Haltung von der Sache diktiert wird. Berufsmensch im
Gehaben, in der Kurzsichtigkeit, in der Handhabung des
Kneifers, Gang, Blick, Hände, Bewegung; eine Fülle von
Details, aber glänzend organisiert und zusammengehalten.
Endlich wieder ein neuer Kortner. Endlich wieder ein guter
Kortner.
Die übrige Aufführung war sehr sorgfältig, aber auch
sehr unösterreichisch. Von dem großen Personal waren
österreichisch, also richtig dargestellt im Grunde nur der An¬
walt von Herrn Behal, der Professor Pflugfelder von
Heinz Salfner, der Dr. Wenger von Herrn Halban.
Selbst Hörbiger gab als Hofrat Winckler mehr eine
Possensigur als eine typische Gestalt.
Es war ein wirklicher Erfolg, auch für den Regisseur
Herbert Iheringe“
Barnowsky.
25. ProfzorBernhandibox 31/6
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en ausenmer
SO 16, RUNGESTRASSE 22-24
Zeburgische Zeilung, Magdeburg
Ausschnitt aus der Nummer vom:
2 9. JMN 1930
„Der neue „Professor Bernhardi“.
Eines der größten Erfolge der Berliner Spielzeit wurde
die Nefsaufführung von Arthur Schnitzlers „Professor
Bernh###“ im Theater in der Königgrätzer
Straße.] Das alte Stück aus dem Vorkriegs=Oesterreich
traf auf eine günstige Publikumsdisposition. Der Zuschauer,
durch viele Stücke an Debatten auf der Bühne gewöhnt, auf
die Aufrollung von Affären eingestellt, interessierte sich auch
für die Affäre des Professors Bernhardi. Das Stück ist
lebendiger geblieben als viele der psychologischen Dramen
von Schnitzler. Die Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft
und Religion, zwischen Liberalismus und Klerikalismus, die
Antastung des jüdischen Problems fand aufmerksame Zu¬
Aber gerade dieses lebendige Stück von Schnitzler zeigt
die Grenzen der Vorkriegsdramatik auf. Alles wird an¬
geredet, alles wird nur angerührt und — im Schlußakt —
ironisch abgebogen. Mit einemmal soll alles nicht so schlimm
gewesen sein. Mit einemmal war der Kampf überflüssig.
Mit einemmal wird alles im gleichgültigen, trägen Pessimis¬
mus aufgelöst. Gefährliches happy end. Wiener happy end
lange vor dem Hollywooder happy end.
Die Aufführung wird ein Ereignis durch die Darstel¬
lung des Professors Bernhardi durch Fritz Kortner. Es
ist unbegreiflich, daß dieselben Leute, die von Kortners Pro¬
fessor Bernhardi begeistert sind, auch seinen König Philipp
angehimmelt haben. Ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Im „Don Carlos“ alles gesucht, gekünstelt, hintenherum
gedacht. Im Bernhardi — alles in Fluß, alles einfach, alles
selbstverständlich, alles leicht, alles lebendig. Professor Bern¬
hardi: ein Berufsmensch, der sich nach außen hin einen
ironischen Abwehrpanzer umlegt, ein Berufsmensch, dessen
Haltung von der Sache diktiert wird. Berufsmensch im
Gehaben, in der Kurzsichtigkeit, in der Handhabung des
Kneifers, Gang, Blick, Hände, Bewegung; eine Fülle von
Details, aber glänzend organisiert und zusammengehalten.
Endlich wieder ein neuer Kortner. Endlich wieder ein guter
Kortner.
Die übrige Aufführung war sehr sorgfältig, aber auch
sehr unösterreichisch. Von dem großen Personal waren
österreichisch, also richtig dargestellt im Grunde nur der An¬
walt von Herrn Behal, der Professor Pflugfelder von
Heinz Salfner, der Dr. Wenger von Herrn Halban.
Selbst Hörbiger gab als Hofrat Winckler mehr eine
Possensigur als eine typische Gestalt.
Es war ein wirklicher Erfolg, auch für den Regisseur
Herbert Iheringe“
Barnowsky.