II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 815

25
S
ProfzO-Bernhandi
Agsachnitt aus: aus Mlihren u. Schlezien¬
20 2
1
#lers
Voriesung von Schll „Professor Beruh##si“.
Der ersse „Leseabend der Czernowitzer Ortsgruppe
der „Fresen Schule“ am 15. d. vermittelte den Brün¬
nern die Bekanntschaft mit dem neuesten dramatischen Werk.
Artur Schnitzlers, mit dem an allen österreichischen Bühnen
polizeilich verbotenen „Professor Bernhardi“. Der Vortra¬
gende, Herr Professor Josef Gajdeczka, skizzierte zu¬
nächst Schnitzlers bisheriges Schaffen, worin die beiden
Grundprobleme des Lebens, Liebe und Tod, vorherrschten.
In seinem neuesten Werk überraschte Schnitzler Freund¬
und Feind: er schuf eine politische Komödie, in der die
Liebe gar keine Rolle spielt. Die österreichische Zensur ver¬
bot leider die Aufführung des Werkes, durch die, wie der
Vortragende besonders hervorhob, weder das Staatsge¬
bände erschüttert noch auch eine Kirche zum Einsturz ge¬
bracht würde. Nach diesen treffenden einleitenden Bemer¬
Uungen las Professor Gajdeczka mit großem künstlerischen
Verständnisse, in Tonfall und Sprechweise die einzelnen
Personen scharf auseinanderhaltend, die vollständige, von
starker Wirkung begleitete Komödie. Besonderen Eindruck
machten die glänzend herausgearbeiteten Szenen zwischen
Vernhardi und dem streberischen Unterrichtsminister Flint,
sowie zwischen Bernhardi und dem anarchistelnden Hofrate
Winkler. Reicher Beifall lohnte den Vortragenden für seine
vorzügliche Vorlesung. Nach beendigter Vorlesung dankte
der Obmann der Ortsgruppe Czernowitz der „Freien
Schule", Herr Ferry Löw, dem Vortragenden für die
treffliche Wiedergabe des Werkes und kündigte als nächste
Veranstaltung im März eine Vorlesung Karl Hans
Strobls (eigene Dichtungen) an. Unter den Gästen,
die den Saal bis aufs letzte Plätzchen besetzt hielten, be¬
sanden sich Mitglieder der Brünner Ortsgruppe mit ihrem
Obmanne Professor Kögler, Bürgermeister und Ge¬
meinderäte aus Czernowitz, Gemeinderat Beyer (Brüpn)
U. d.
box 31/6
Nr. 12

Hoffentlich werden die Brünner Genossen bald inlde
anderen Städten Mährens Nachahmer finden, damit die di¬
Sache der Kinderfreunde zum Wohle der Kinder immer hi¬
weitere Kreise ziehen möge.
Alle Organisationen, die sich näher informieren I
wollen, sollen den „Kinderfreund“, das Organ der Un
Kinderfreunde, Graz, Auenbuggergasse 35, abonnieren,
g
der für organisierie Arbeiter nur eine Krone jährlich
kostet und eine sehr schöne Jugendbeilage, die „Jugend=un
Emmy Freundlich (Wien). k#
post“, enthält.
(G
227
Iglauer Lokalberichte.
(„Freie Schule“.) Am 14. d. veranstallete des
die hiesige Ortsgruppe der „Freien Schule“ eine auf de
Geladene beschränkie Vorlesung von Schnißlers 5
Drama „Doktor Bernhardi“. Der Zudrang zu Ve
dieser Vorlesung war ein so großer, daß infolge Platz=rhie
mangel viele keinen Einlaß mehr finden konnten. Auchl dis
unsere Genossen waren sehr zahlreich erschienen und be¬ De
U
zeugten durch gespannte Aufmerksamkeit ihr Inleresse für
diese zeilgemäße Komödie, die unsere politischen Ver=ehr
st
hältnisse und die Verlotterung derselben bis hoch hinauf
so wahrheilsgetreu und schlagend beleuchtel, daß eine
hochweise Zensur ihre Aufführung auf der Bühne ver¬
S
boten hat. In der Regel verbirgt man aber nur oder
sucht zu verbergen, wofür man Ursache hat, sich zu —
schämen! Herr Obmann Herold eröffnete denf üh
Abend mit einer herzlichen Begrüßung und erkeilte zu=e
m
nächst Herrn Lehrer Springer das Wort, der unter
Hinweis auf die Vorgänge des Dramas und den Ideen=ole

gehalt desselben die Vorlesung der Komödie im Vereine
„Freie Schule“ näher begründete. Und nun hatten die be¬
bi
Versammellen Gelegenheit Herrn Willi Kraus, des
trefflichen Charaklerdarsteller unseres Stadttheaters, auch
se
als ausdauernden Vortragskünstler kennen zu lernen.
Es war ja wirklich keine geringe Aufgabe, durch nahezu

3½ Stunden das Publikum in Alem zu halten und
di
wenn dies Herrn Willi Kraus trotzdem gelang, so beweist###
dies nicht nur die Meisierschaft Schnißzlers in der Führung
st.
der Handlung dieser Komödie, sondern auch die vorzüg¬
liche Leistung des Vorlesers, der die einzelnen Personen
*
des Stückes scharf und konsequent zu charakterisieren
U
verstand. Wir fühlen uns daher sowohl der Ortsgruppen¬
leitung sowie Herrn Willi Kraus zu Dank verpflichtet,
daß sie uns die Bekannlschaft dieses dramatischen Kunst¬
werkes vermittelt haben. Wie uns bekannt geworden,
hat der Autor desselben, Herr Dr. Schnitzler in Wien,
die Vorlesung desselben ohne jede Entschädigung gestaltet
und so war die Ortsgruppe der „Freien Schule“ in der
erfreulichen Lage, keinen Eintrilt einheben zu müssen.
Bemerkt möge noch werden, daß viele da waren, die
man — nicht sah. Macht nichts, es gehl, wie man g
sieht, auch ohne sie.
.
220