II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 837

box 31/7
25. Professor Bernhardi



raz# aufführung des Werkes. Und die Ursache des Verbotes? Sie! So rekapituliert einer der Professoren die Geschehnisse im
ofossor Vernharol ist wahrhaftig wieder nicht zu erraten. Im Jahre 1828 hat Elisabethinum, dessen Direktor Professor Bernhardi ist. Das
etwas bedenklich, daß die Zen¬
Kaiser Franz den Wunsch ausgesprochen, Grillparzers: „Ein Ende kommt rasch nach. Bernhardi hätte eine Besprechung
den päpstlichen Inquisitions¬
treuer Diener seines Herrn“ ausschließlich zu besitzen. „Das
der Angelegenheit im Parlament vereiteln können, wenn er
em Magister Sacri Palatii und
ist die mildeste Tyrannei, von der ich noch gehört“ schreibt der
sich verpflichtet hätte, bei der Neubesetzung einer Abteilung
irdigen Dominikanern herrührt.
Dichter in sein Tagebuch. Im Jahre 1913 hat die Zensur
Demokrikos.
seiner Anstalt für den unwürdigen Kandidaten jener Partei zu
erkannt, daß „Professor Bernhardi“ als Buchdrama eingesargt
stimmen, die das religiöse Gefühl zum Handelsobjekt politischer
ger Poet, ein scharfsichtiger
zu bleiben habe. Das ist die geschmackloseste und vernunft¬
Bestrebungen macht. Bernhardi tut nicht mit. So wird wider
erfolgreicher Romancier, ein
widrigste Tyrannei, von der die Welt gehört ...
ihn die Anklage wegen des Verbrechens der Religionsstörung
Eines aber mangelt ihm:
Sehen wir, was geschehen.
erhoben. Das Urteil lautet auf zwei Monate Kekrer, trotz der
enn es ihn drängt zu reden.
„Ein armes Menschenkind liegt todkrank im Spital, ein günstigen Aussage des beteiligten Pfarrers, der in einer inter¬
ichtig machen. Es war schon
junges Geschöpf, das das bischen Jugend und Glück und Sünde, essanten, die Gedanken zweier Weltanschauungen berührenden
i das Schauspiel „Freiwild“
wenn Sie wollen, teuer genug mit Todesangst und Qual Privatunterredung gesteht, daß Bernhardi innerhalb seines
der Bühne verschwinden
und mit dem Leben selbst bezahlt. In den letzten Pflichtenkreises als Arzt gar nicht anders handeln konnte, als
ehr hohen Wunsche gemäß.
Stunden kommt es zu Euphorie. Sie fühlt sich wohl, sies er getan. Angesichts der belastenden Aussagen einer Kranken¬
der Blitz, der in ein Haus
ist wieder glücklich, sie ahnt nicht den nahen Tod. schwester und eines vielseitigen Kandidaten der Medizin aus
Grund. Sie auszulösen, ge¬
Genesen glaubt sie sich, sie träumt auch davon, daß Tirol war der Spruch des Gerichtes nicht anders zu erwarten
n Theaterstück bekommt ein ihr Geliebter kommen wird, sie abzuholen, sie hinauszu= gewesen. Bernhardi wandert in den Kerker, er fügt sich mit
oberleutnant eine Ohrfeige.
führen aus den Räumen des Elends und des Leids ins Leben der Ruhe des Stoikers in das Unvermeidliche. Er dünkt sich
des Offiziersstandes raten.
und ins Glück. Es war vielleicht der schönste Augenblick ihres
weder Held noch Märtyrer; lediglich ein Mensch, der seine
farinski ist ein ganz nieder¬
Lebens, ihr letzter Traum. Und aus diesem Traum wollte
Pflicht getan hat. Die Erregung verteilt Schnitzler auf die
er das Recht auf das goldene
Professor Bernhardi sie nicht mehr zu der furchtbaren Wirk¬
Nebenpersonen, sie haben die Streifragen zwischen Juden und
es gemeinsamen Heeres und lichkeit erwachen lossen. Das ist seine Schuld! Dieses Ver¬
Antisemiten, zwischen Orthodoxen und Freigeistern zum Tönen
#te es sich zur Ehre rechnen,
brechen hat er begangen! Dies und nichts mehr. Er hat den
zu bringen. Bernhardi will seine Ruhe, auch dann, als sich
u heißen. Die anständigen
Pfarrer gebeten, das arme Mädel ruhig hinüberschlummern
die hysterische Schwester Ludmilla unter dem sanften Drucke
feige, die klatschend auf des
zu lassen. Gebeten! Wenn er auch minder höflich gewesen ihres Beichtvaters selber der falschen Zeugenaussage bezichtigt
rd das Schauspiel verboten.
wäre, jeder müßte es ihm verzeihen. Was für eine ungeheure und die Wiederaufnahme des Prozesses jene wundervolle Glo¬
Kuriositäten. Und Artur
Verlogenheit gehört dazu, um den ganzen Fall anders anzu= rie verspricht, die sich im Leben so gut macht wie auf der
nt i. R. sein.
sehen als rein menschlich. Wo existiert der Mensch, dessen Bühne.
litzler hat inzwischen andert= religiöse Gefühle durch das Vorgehen Bernhardis in Wahrheit
Der Fall, auf dem Schnitzler seine Komödie aufbaut, wird
nd Theaterstücke geschrieben. versetzt worden wären? Und gibt es einen, wer anders ist zu einem bedeutsamen Ausschnitt aus der Geschichte des öster¬
tel: „Professor Bern= daran schuld als diejenigen, in deren Interesse es eben lag, daß
reichischen Parteienkampfes. Aus dem Schauspiel hätte ange¬
rlin.) Das Buch zu lesen,
religiöse Gefühle verletzt werden sollen in deren Interesse es
sichts dessen Gefüges leicht ein Tendenzstück werden können,
ir den Staat, so scheint es,
liegt, daß es Leute gibt, die religiöse Gefühle verletzen. Und
ein Zweckding, das mit großen Worten sich breitspurig hin¬
die Figuren der Komödie
gebe es nicht Strebertum, Parlamentarismus, menschliche Ge¬
stellt und die Parteien ködert oder reizt. Schnitzler ist dieser
würden, was ihr Schöpfer
meinheit — Politik mit einem Wort, wäre es jemals möglich
Versuchung aus dem Wege gegangen; er stellt sich über den
ar
ngt die Zenfur die Bühnen= gewesen, aus diesem Fall eine Affäre zu machen?“
Alltag und zeigt uns mit dem bedauernden Achselzucken des