II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 855

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ganz kleiner Mangel haftet dem sonst prächtigen Funde an. und geglaubt haben. Aber man wollte sie schmähen, und darum
hat man sich nicht gescheut, zu bemerken, daß sie durch dieses
Besagter Pastetenbäcker Johann Lorenz Blumenhold ist, wie
ehrenwerte Verhalten im Alter die Sünden ihrer leichtsinnigen
urkundlich mehrfach bestätigt wird, am 3. März 1787 ge¬
Jugend wieder habe gutmachen wollen!
boren. Goethes Besuche in Sesenheim fallen in den Herbst
Und das alles hat sich einmal gewagt, deutsche „Forscher¬
1770 bis zum Sommer 1771 und später hat er Frie¬
arbeit“ zu nennen und ist geleistet worden von Leuten, die
derike nur noch einmal flüchtig im Jahre 1779 begrüßt,
an das Wesen und Wirken eines der größten deutschen Forscher,
Hier liegt also ein offenbares Wunder der Natur vor, dessen
an Goethe, angeknüpft haben. Es ist wahrlich kein Ehren¬
Feststellung nur gänzlich unvoreingenommenen Goethe¬
blatt der deutschen Wissenschaft gewesen, auf dem dieser Teil
„Forschern“ gelingen konnte.
der Friederiken=Literatur verzeichnet gestanden hat!
Auf die beiden weiteren angeblichen unehelichen Kinder
Friederikes braucht nicht näher eingegangen zu werden, da sie
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bislang zu gelehrten Forschungen noch keinen Anlaß gegeben
haben und nur „feststeht“, daß die Väter junge französische
„Professor Bernhardi.“
Offiziere gewesen sein sollen, während die Zeugen dieses
Von Hugo Erdmann, Hamburg.
Teiles der Schmutzlegende sich noch uneinig sind, ob diese
Offiziere in Saarlouis oder in Fort=Louis in
Das Stück von Arthur Schnitzler, das jetzt überall auf¬
Garnison gelegen haben. Diese beiden bisher noch „unbe¬
geführt wird und auch bei uns in Hamburg zur Darstellung
wiesenen“ Kinder werden nur darum hier mitgenannt, weil
gelangte, ist in erster Linie wegen des Problems bekannt ge¬
sie in Wirklichkeit doch etwas beweisen, nämlich wie unerhört
worden.
frivol manche Leute unter dem Vorgeben gelehrter Interessen
Der Direktor eines großen Wiener Krankenhauses, Pro¬
mit der Ehre eines Mädchens umgegangen sind, das zu all
fessor Bernhardi, verweigert einem katholischen Priester,
diesen Unterstellungen auch nicht den mindesten Anlaß ge¬
welcher einer Kranken die Tröstungen der katholischen Kirche
geben hat!
durch Ueberreichung der Sterbesakramente zuteil werden lassen
Denn Friederikes Bild, und das sei bei Gelegenheit ihres
möchte, den Eintritt zu ihr, da er es als Arzt nicht ver¬
hundertjährigen Todestages, an dem die Goethe=Freunde am
antworten könne. Er begründet das durch den eigentümlichen
3. April 1913 das schlichte Grab in Meißenheim mit Kränzen
Zustand, in dem sich die Kranke befinden soll, die, so seltsam
geschmückt haben, ausdrücklich betont, ist trotz der fortgesetzten
das auch sei, gerade jetzt auf ihrem Sterbebette neue Hoff¬
Beschmutzungsversuche rein geblieben. Der vierte Amtsnach¬
nung zum Leben gewonnen habe. Diese könne ihr aber durch
folger des alten Pfarrers Brion, der Sesenheimer Pfarrer
das Erscheinen des Priesters, den sie in keiner Beziehung er¬
Ferdinand Lucius, der Vater des bekannten Stra߬
warte, genommen werden. Es kommt zu einer heftigen Aus¬
burger Universitätsprofessors, hat im Jahre 1877 in seiner
einandersetzung zwischen Priester und Arzt, und da beide
Schrift „Friederike Brion von Sesenheim“ alles zusammen¬
durch stichhaltige Gründe ihre Handlungsweise motivieren,
getragen, was von dem Gedächtnis der Brions noch am Orte
entsteht selbstverständlich ein starker Konflikt, der, wie es in
erhalten war. Das war gar nicht so wenig. Daraus ist dann
Oesterreich nicht anders sein kann, sich auch auf das politische
allerdings hervorgegangen, daß alle die schmutzigen Gerüchte
Gebiet hinaus erstreckt.
„mit ihren inneren Widersprüchen und ihren meist ausschließen¬
Das ist in kurzen Zügen die Anlage des Konfliktes. Wie
den Angaben auf erdichtete oder erlogene Daten zurückzuführen
man sieht, kein übler Vorwurf, der einem Dichter, der in
sind". Besonders schließen die Akten eine Schuld Friederikes
erster Linie Psychologe sein mußte, die beste Gelegenheit ge¬
unbedingt aus. Sie ist etwa ein dutzendmal sowohl in Sesen¬
geben hätte, seine Schaffenskraft zu entfalten. Aber es gibt
heim selbst wie in Rothau, wo sie im Schlosse der fromm¬
Schriftsteller, die über ihre eigene Klugheit stolpern, sie kennen
kirchlichen Baronin von Dietrich, der Schützerin des
sich und das Publikum zu gut; und diese kühle Ueberlegen¬
edlen Oberlin, zu Gaste war, und in Meißenheim, wo sie
heit dem Stoffe gegenüber ertötet natürlich für sie die Mög¬
ihre letzten Lebensjahre bei ihrem Schwager, dem evangelischen
lichkeit, die handelnden Personen wirklich zu erleben. Schnitz¬
Pfarrer Marx verbracht hat, als Taufpatin bei den
ler, der Arzt war, trägt außerdem noch den ganzen Skeptizis¬
angesehensten Familien in den Kirchenbüchern ein¬
mus und Rationalismus seines Berufes mit sich, er bleibt
getragen. Das wäre in den Zeiten der streng gehandhabten
immer etwas „Chirurg“. Seine Menschen unterhalten sich,
Kirchenzucht einfach unmöglich gewesen, wenn das durch diese
wie zwei Kollegen seiner Fakultät sich wohl über einen inter¬
Bitte geehrte Mädchen nicht einen vollkommen unbescholtenen
essanten Fall unterhalten würden, nur ist alles in diesen Dia¬
Ruf genossen hätte. Wie beliebt und angesehen Friederike tat¬
logen geistvoller gefaßt und politisch gefärbt. Würde nun
sächlich durchs Leben gegangen ist, haben Lucins und andere
Schnitzler dieses Problem erlebt haben, wären es Menschen,
aus dem Munde von Angehörigen jener Familien bestätigt
um die man sich bemühen müßte, um deren Schicksal man
erhalten, bei denen Friederike verkehrt hatte. Gegen die Be¬
bangte, könnte man überhaupt bezweifeln, daß dieser
hauptung Schweppenhäusers, daß sie später „Männer zu
Konslikt so entstehen mußte; da nun aber Schnitzler diesen
angeln“ versucht habe, daß diese sich aber für die entblätterte
Fall künstlich konstruierte und er sich eine wahre psycho¬
Rose „bestens bedankt“ hätten, steht das Zeugnis von Frie¬
logische Begründung seiner Charaktere aus Mangel an
derikens überlebender Schwester, die erklärt hat, daß Friederike
dichterischem Können versagen mußte, stehen wir einem fast
aus unvergeßlicher Liebe zu dem aus diesem Grunde in der
unlösbarem Schulbeispiel gegenüber, zu dem wir in keiner
Familie Bezzu unbeliebten Goethe alle Bewerbungen aus¬
Weise innerlich Stellung nehmen können. Schnitzler hat diese
geschlagen ####e, und der bekannte Goethe=Forscher Düntzer
heimliche Verzweiflung seines Publikums wohl vorausgeahnt;
hat auf Grund dieser und anderer Bekundungen mit Recht von
ich kann mir wenigstens denken, daß er mit diabolischer Freude
der „würdigsten Dulderin der Liebe“ sprechen dürfen. Frie¬
an diesem kalten Konfliktsstoff gearbeitet hat und sich, behag¬
derikes musterhaftes, ehrwürdiges Leben in Meißenheim, ihre
lich im Zimmer auf und ab gehend, sagte: „Na, da werde ich
Herzensgüte und liebevolle Freigebigkeit sind auch von denen
bestätigt worden, die sonst das Gemeinste über sie gedruckt, den Herren Philosophen, Psychologen, Aerzten, jungen streit¬