box 3177
ess
25 Br Bernhand
wenn die Figuren der Komödie Leben bekämen, wenn
wären? Und gibt es einen, wer ande
Feuilleton.
sie erzählen würden, was ihr Schöpfer weiß, fühlt und
als diejenigen, in deren Interesse es
sieht. Also untersagt die Zensur die Bühnenaufführung
giöse Gefühle verletzt werden sollen,
des Werkes. Und die Ursache des Verbotes? Sie ist
esse es liegt, daß es Leute gibt, die
Artur Schnitzler: „Professor Bernhardi“.
wahrhaftig wieder nicht zu erraten. Im Jahre 1828
verletzen. Und gebe es nicht Strebertug
hat Kaiser Franz den Wunsch ausgesprochen, Grillpar¬
mus, menschliche Gemeinheit —. P
Artur Schnitzler ist ein tüchtiger Poet, ein scharf¬
zers „Ein treuer Diener seines Herrn“ ausschließlich zu
Wort — wäre es jemals möglich ge
sichtiger Beobachter der Wirklichkeit, ein erfolgreicher
besitzen. „Das ist die mildeste Tyrannei, von der ich noch
Fall eine Affäre zu machen?“
Romancier, ein Dramatiker von anerkanntem Ruf. Eines
gehört,“ schreibt der Dichter in sein Tagebuch. Im
aber mangelt ihm: er hat nicht gelernt zu schweigen,
So rekapituliert einer der Profess
Jahre 1913 hat die Zensur erkannt, daß „Professor
wenn es ihn drängt zu reden. Solches muß ihn der
nisse im Elisabethinum, dessen D
Bernhardi“ als Buchdrama eingesargt zu bleiben habe.
Zensur verdächtig machen. Es war schon ein bißchen
Bernhardi ist. Das Ende kommt rasch
Das ist die geschmackloseste und vernunftwidrigste Tyran¬
hätte eine Besprechung der Angelegen
kurios, als vor Jahren das Schauspiel „Freiwild“ nach
nei, von der die Welt gehört ...
wenigen Aufführungen von der Bühne verschwinden
vereiteln können, wenn er sich verpflic
Sehen wir, was geschehen.
Neubesetzung einer Abteilung seiner
mußte. Damals hieß es, einem sehr hohen Wunsche ge¬
unwürdigen Kandidaten jener Partei
mäß. Wünsche hoher Stellen sind wie der Blitz, der in
„Ein armes Menschenkind liegt todkrank im Spital.
das religiöse Gefühl zum Handelsobj##
ein Haus fährt, ohne Wahl, ohne tieferen Grund. Sie
ein junges Geschöpf, das das bißchen Jugend und Glück
auszulösen, genügen unfaßbare Dinge. In jenem Theater¬
strebungen macht. Bernhardi tut nich
und Sünde, wenn Sie wollen, teuer genug mit Todes¬
stück bekommt ein innerlich stark defekter Kavallerie=
wider ihn die Anklage wegen des
angst und Qual und mit dem Leben selbst bezahlt. In
oberleutnant eine Ohrfeige. Man könnte somit auf
Religionsstörung erhoben. Das Urtei
den letzten Stunden kommt es zu Euphorie. Sie fühlt
Beleidigung des Offiziersstandes raten. Doch nein; die¬
Monate Kerker, trotz der günstigen
sich wohl, sie ist wieder glücklich, sie ahnt nicht den
teiligten Pfarrers, der in einer inter
ser Oberleutnant Karinski ist ein ganz niederträchtiger
nahen Tod. Genesen glaubt sie sich, sie träumt auch
danken zweier Weltanschauungen ber
Polake. Längst schon hat er das Recht auf das gol¬
davon, daß ihr Geliebter kommen wird, sie abzuholen.
sie hinauszuführen aus den Räumen des Elends und
unterredung gesteht, daß Bernhardi
dene Portepee verscherzt; kein Offizier des gemein¬
Pflichtenkreises als Arzt gar nicht
des Leids ins Leben und ins Glück. Es war vielleicht
samen Heeres und der österreichischen Landwehr könnte
es sich zur Ehre rechnen, Kamerad des Herrn v. Karinski
der schönste Augenblick ihres Lebens, ihr letzter Traum.
konnte, als er getan. Angesichts der
Und aus diesem Traum wollte Professor Bernhardi sie
sagen einer Krankenschwester und
zu heißen. Die anständigen Leute haben ein Recht auf
nicht mehr zu der furchtbaren Wirklichkeit erwachen
Kandidaten der Medizin aus Tirol
die Ohrfeige, die klatschend auf des Polen Wange
des Gerichtes nicht anders zu erwarte
lassen. Das ist seine Schuld! Dieses Verbrechen hat
fährt. Und doch ward das Schauspiel verboten. Rätsel
hardi wandert in den Kerker, er fügt
er begangen! Dies und nichts mehr. Er hat den Pfar¬
der Zensur, österreichische Kuriositäten. Und Artur
des Stoikers in das Unvermeidliche
rer gebeten, das arme Mädel ruhig hinüberschlummern
Schnitzler durfte nicht mehr Leutnant i. R. sein.
weder Held noch Märtyrer; lediglich
zu lassen. Gebeten! Wenn er auch minder höflich
Das ist ziemlich lange her. Schnitzler hat inzwischen
seine Pflicht getan hat. Die Erregung
anderthalb Dutzend Novellen, Romane und Theater¬
gewesen wäre, jeder müßte es ihm verzeihen. Was für
ler auf die Nebenpersonen, sie haben
stücke geschrieben. Zuletzt eine Komödie mit dem Titel:
eine ungeheure Verlogenheit gehört dazu, um den gan¬
„Professor Bernhardi". (Verlag S. Fischer, Berlin.)
zwischen Juden und Antisemiten, zwi
zen Fall anders anzusehen als rein menschlich.
und Freigeistern zum Tönen zu br
Das Buch zu lesen, ist nicht verboten. Eine Gefahr
Wo existiert der Mensch, dessen religiöse Gefühle durch
für den Staat, so scheint es, würde es jedoch bedeuten, das Vorgehen Bernhardis in Wahrheit verletzt wordenI will seine Ruhe, auch dann, als si
ess
25 Br Bernhand
wenn die Figuren der Komödie Leben bekämen, wenn
wären? Und gibt es einen, wer ande
Feuilleton.
sie erzählen würden, was ihr Schöpfer weiß, fühlt und
als diejenigen, in deren Interesse es
sieht. Also untersagt die Zensur die Bühnenaufführung
giöse Gefühle verletzt werden sollen,
des Werkes. Und die Ursache des Verbotes? Sie ist
esse es liegt, daß es Leute gibt, die
Artur Schnitzler: „Professor Bernhardi“.
wahrhaftig wieder nicht zu erraten. Im Jahre 1828
verletzen. Und gebe es nicht Strebertug
hat Kaiser Franz den Wunsch ausgesprochen, Grillpar¬
mus, menschliche Gemeinheit —. P
Artur Schnitzler ist ein tüchtiger Poet, ein scharf¬
zers „Ein treuer Diener seines Herrn“ ausschließlich zu
Wort — wäre es jemals möglich ge
sichtiger Beobachter der Wirklichkeit, ein erfolgreicher
besitzen. „Das ist die mildeste Tyrannei, von der ich noch
Fall eine Affäre zu machen?“
Romancier, ein Dramatiker von anerkanntem Ruf. Eines
gehört,“ schreibt der Dichter in sein Tagebuch. Im
aber mangelt ihm: er hat nicht gelernt zu schweigen,
So rekapituliert einer der Profess
Jahre 1913 hat die Zensur erkannt, daß „Professor
wenn es ihn drängt zu reden. Solches muß ihn der
nisse im Elisabethinum, dessen D
Bernhardi“ als Buchdrama eingesargt zu bleiben habe.
Zensur verdächtig machen. Es war schon ein bißchen
Bernhardi ist. Das Ende kommt rasch
Das ist die geschmackloseste und vernunftwidrigste Tyran¬
hätte eine Besprechung der Angelegen
kurios, als vor Jahren das Schauspiel „Freiwild“ nach
nei, von der die Welt gehört ...
wenigen Aufführungen von der Bühne verschwinden
vereiteln können, wenn er sich verpflic
Sehen wir, was geschehen.
Neubesetzung einer Abteilung seiner
mußte. Damals hieß es, einem sehr hohen Wunsche ge¬
unwürdigen Kandidaten jener Partei
mäß. Wünsche hoher Stellen sind wie der Blitz, der in
„Ein armes Menschenkind liegt todkrank im Spital.
das religiöse Gefühl zum Handelsobj##
ein Haus fährt, ohne Wahl, ohne tieferen Grund. Sie
ein junges Geschöpf, das das bißchen Jugend und Glück
auszulösen, genügen unfaßbare Dinge. In jenem Theater¬
strebungen macht. Bernhardi tut nich
und Sünde, wenn Sie wollen, teuer genug mit Todes¬
stück bekommt ein innerlich stark defekter Kavallerie=
wider ihn die Anklage wegen des
angst und Qual und mit dem Leben selbst bezahlt. In
oberleutnant eine Ohrfeige. Man könnte somit auf
Religionsstörung erhoben. Das Urtei
den letzten Stunden kommt es zu Euphorie. Sie fühlt
Beleidigung des Offiziersstandes raten. Doch nein; die¬
Monate Kerker, trotz der günstigen
sich wohl, sie ist wieder glücklich, sie ahnt nicht den
teiligten Pfarrers, der in einer inter
ser Oberleutnant Karinski ist ein ganz niederträchtiger
nahen Tod. Genesen glaubt sie sich, sie träumt auch
danken zweier Weltanschauungen ber
Polake. Längst schon hat er das Recht auf das gol¬
davon, daß ihr Geliebter kommen wird, sie abzuholen.
sie hinauszuführen aus den Räumen des Elends und
unterredung gesteht, daß Bernhardi
dene Portepee verscherzt; kein Offizier des gemein¬
Pflichtenkreises als Arzt gar nicht
des Leids ins Leben und ins Glück. Es war vielleicht
samen Heeres und der österreichischen Landwehr könnte
es sich zur Ehre rechnen, Kamerad des Herrn v. Karinski
der schönste Augenblick ihres Lebens, ihr letzter Traum.
konnte, als er getan. Angesichts der
Und aus diesem Traum wollte Professor Bernhardi sie
sagen einer Krankenschwester und
zu heißen. Die anständigen Leute haben ein Recht auf
nicht mehr zu der furchtbaren Wirklichkeit erwachen
Kandidaten der Medizin aus Tirol
die Ohrfeige, die klatschend auf des Polen Wange
des Gerichtes nicht anders zu erwarte
lassen. Das ist seine Schuld! Dieses Verbrechen hat
fährt. Und doch ward das Schauspiel verboten. Rätsel
hardi wandert in den Kerker, er fügt
er begangen! Dies und nichts mehr. Er hat den Pfar¬
der Zensur, österreichische Kuriositäten. Und Artur
des Stoikers in das Unvermeidliche
rer gebeten, das arme Mädel ruhig hinüberschlummern
Schnitzler durfte nicht mehr Leutnant i. R. sein.
weder Held noch Märtyrer; lediglich
zu lassen. Gebeten! Wenn er auch minder höflich
Das ist ziemlich lange her. Schnitzler hat inzwischen
seine Pflicht getan hat. Die Erregung
anderthalb Dutzend Novellen, Romane und Theater¬
gewesen wäre, jeder müßte es ihm verzeihen. Was für
ler auf die Nebenpersonen, sie haben
stücke geschrieben. Zuletzt eine Komödie mit dem Titel:
eine ungeheure Verlogenheit gehört dazu, um den gan¬
„Professor Bernhardi". (Verlag S. Fischer, Berlin.)
zwischen Juden und Antisemiten, zwi
zen Fall anders anzusehen als rein menschlich.
und Freigeistern zum Tönen zu br
Das Buch zu lesen, ist nicht verboten. Eine Gefahr
Wo existiert der Mensch, dessen religiöse Gefühle durch
für den Staat, so scheint es, würde es jedoch bedeuten, das Vorgehen Bernhardis in Wahrheit verletzt wordenI will seine Ruhe, auch dann, als si