II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 900

25. Professe Bernhandi
— —
eeiean ane Grinl und Schlesien
a
Auaschnitt aus:
Brünn.
·9 T2. 161 bendblatt
881
—rouen.
7—„Professer Bernhardi“, Schnitzlers neuestes Bühnenwerk,
macht gegenwärtig wegen des Aufführungsverbotes der Wiener
Polizei in allen titeiarischen Kreisen viel von sich reden. Die Komö¬
die ist inzwvischen durch den bekannten Schauspieler Onno in Wien
und Prag vorgtreien worden, erlebte vor wengen. Tagen im Ver¬
liner Kleinen Theatel ihre Ulaufführung und ist überdies im Ver¬
lag von S. Fischer Berlin, als Buch erschienen, so daß trotz
des Verbotes dem Werle die größte Publizität gesichert ist. Zu¬
grunde llegt dem Stucke ein Konflikt zwischen Arztespflicht und
Prieserpflicht. Der jüdsche Professor Bernhardi, Direktor des
Spitals Elisabelhinne“ in Wien, hindert den Pfarter Reder, einer
Sterbenden die letzten Tröstungen der Religion zu bringen, denn
es gehöre, wie er sagt, zu seinen Pfl hten, wenn nichts anderes
mehr in seinen Kraften stehe, seinen Kranken, wenigstens soweit
als möglich, ein glückliches Sterben zu verschaffen. Während der
ziemlich heftig, aber höflich geführten Wechselrede stirbt die Kranke.
Aus diesem Vorfalle wird selbstverständlich — die Sache spielt in
Wien um 1900 — ein „Fall“ gemacht. Das Kuratorium der Anstalt
demissioniert, im Parlament wird eine Interpellation eingebracht,
gegen Bernhardi wird eine antisemitische Hetze arrangiert, an der
auch einige der „lieben“ Kollegen des Professors teilnehmen. Der
Unterrichtsminister, ein Medizinprofessor und alter Kollege Bein¬
hardis, der überhaupt eine ziemlich zweideutige Rolle spielt, nimmt
trotz gegenteiligen Versicherungen gegen Bernhardi Partei und ver¬
anlaßt sogar eine Anklage gegen ihn wegen Religionsstörung. Auf
die falsche Aussage der Krankenschwester und des Mediziners Hoch¬
roitzpointner (der natürlich aus dem heiligen Lande Tirol stammt!)
wird Bernhardi zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Ohne auf
seine Freunde zu hören, die eine Revision des Urteils herbeiführen
wollen, sitzt Bernhardi seine Strafe ab, nachdem er noch vorher
die Gennglnung hatte, daß ihm Pfarrer Reder unter vier Augen
zugesteht, daß er als Arzt nicht anders handeln konnte. Im letzten
Akt kommt es zu zwei großen Unterredungen Bernhardis mit dem
Unterrichtsminister und mit einem Original von einem tschechisch¬
pessimistischen, ironisch paradoxen Hofrat. Dem Unterrichtsminister
sagt Bernharti, daß er keinen politischen Kampf zu führen gedenke,
sondern auch weiter seine menschliche und äiztliche Pflicht tun
werde. Der Hofrat hat in der Kenödie das letzte M#t. Er sucht
Be#nsa di ren der Unllugheit seines Verhaltens zu überzengen,
und als ihm Bernhardi schließlich geradewegs erllget, er hälte in
— —
seinem Fall genau so gehandelt, sagt er: „Möglich. — Da wär' ich
halt — entschuldigen schon, Herr Professor, — g'rad' so ein Viel
gewesen wie Sie.“ — Wie man schon aus dieser kurzen Wiedergabe
ersehen kann, ist das Stück nach keiner Richtung befriedigend. Es
beginnt wie ein richtiges Tendenzstück mit einem kräftigen Auf¬
tait, flaut dann immer mehr ab (die beiden Parteien nähern sich
und entfernen sich wieder voneinander), um schließlich in einigen
scherzhaften, ironisch=satirischen Wendungen ganz zu versanden. Auch
sonst hat Schnitzler mit diesem Werk, das er dem Andenken Max
Buckhards widmet (Burckhard hat mit dem Hofrat in der Komödie
manches gemeinsam), keinen besonders glücklichen Griff getan. Die
Charakteristik der vielen Personen, den Helden nicht ausgeschlossen,
bleibt in den Anfängen stecken. An lebendigsten hat Schnitzler den
Hofrat nach der Wirklichkeit, selbsverständlich mit vielen poetischen
Lizenzen und übertreibungen, gezeichnet. Die Handlung schleppt
sich träge hin und ermangelt kräfiger Impulse, wie sie ein gutes
Theaterstück braucht. Am wirksamßen ist noch (wie auch der Erfolg
der Uraufführung bewies) der drtte Alt, eine Sitzung des Arzte¬
kollegiums des Elisabethinums. dur der stellenweise elegant und
geistvoll geführte Dialog zeigt den alten Schnitzler.
P. K.

box 31/7
Heute ist dant der gesteigerten Intensitat der Land=s ein Einkommen do
wirtschaft, dank ihrer Vertnüpfung mit der Industrie, nach dem Gesetz
nicht einen solchen Wit
Ende machen würde.
Feuilleton.
Vertrauensmann des
ja der ganze Kampf g
Zu Arthur Schnitzlers neuestem
ihn persönlich wenden
Drama.
Diese Vorbemer
zu kennzeichnen, in di
Wir hören jetzt aus München, daß dort Schnitzlers
Die Art, wie man die
neuestes Drama „Professor Bernhardi“, das sich
fluß auf die Bewertt
eine Komödie nennt (Verlag S. Fischer, Berlin), zur Aufführung
und sie ist ein Gradm
auf der Bühne anstandslos zugelassen wurde, während das
Aufführungsverbot in Oesterreich bis jetzt aufrecht erhalten ge¬
waltung im allgemei
blieben ist. Hat sich ja doch der Zensurbeirat, von dem man
aber heute mehr als j
widerstrebt daher alle
sich weiß Gott was alles versprach, ebenfalls im Sinne des
Roheit und Kulturwi
Verbotes entschieden. Vielleicht haben unsere Preßbehörden sogar
Tagespresse bei der B
bedauert, nicht auch in der Lage gewesen zu sein, das ganze
Buch mit Beschlag zu belegen. Das darf man wohl nach der
vorgehen, sonst verfäll
heute geltenden Konfiskationspraxis annehmen, die sich nach¬
Beschäftigt sich ein Ku
gerade zu einem öffentlichen Skandal ausgebildet hat. Man
seiten des Katholizism
weiters mit Konfiskati
sucht in neuester Zeit diese Praxis mit den kriegerischen Zeit¬
ein angesehener Schrif
läuften zu begründen; das ist aber bloßes Gerede. Denn schon
Dichtung ein Drama
vor der Kriegsgefahr, überhaupt seitdem Herr v. Hochenburger
Das Theater ist bei
„Justizminister ist, hat ein Wüten gegen die Presse angehoben,
reinen Willkür der Ve
das selbst in Oesterreich ohne Beispiel ist und das die
wenig geneigt, die Fr
Aera Hochenburger für alle Zeiten denkwürdig er¬
dort von der politi
scheinen läßt. Wenn diese Wut sich bloß gegen die
Stückes verboten ist
sozialdemokratische Presse wendete (obwohl sie natür¬
lich an dieser sich am meisten austobt), so könnte
an den Verwaltungs
richterliches Verfahren
man noch immer annehmen, daß bei den scharfen Klassen¬
des Innern die letzte I
gegensätzen die bürgerlichen Parteien schweigen, weil es gegen
ihre erbittertsten Feinde geht. Aber auch die bürgerlichen Blätter
Verwaltungsgerichtsho
nur in Bezug auf das
verfallen zahlreich der Beschtagnahme und die bürgerlichen
Abgeordneten schweigen und die bürgerliche Presse schweigt auch.
Würdigung der ang
So weit geht die Sache, daß Staatsanwalte immune Berichte
grundsätzlich nicht ein
aus dem Reichsrat konfiszieren und daß sogar Gerichte erster
bloß ein administrative
dramatische Dichter schr
Instanz solche Beschlagnahmen bestätigen. Damit, so sollte man
glauben, wäre nun der Gipfel des Skandals erklommen. Aber
ist der Umstand, ob er
nein, das Aeußerste leistet die bürgerliche Mehrheit des
größten Bedeutung. Ma
sp bleibt ihm nur der
Abgeordnetenhauses, die diesen offenbaren Gesetzesverletzungen
Reser ist ein gebildeter
der Staatsanwalte, die angeblich Hüter der Gesetze sein sollen,