S. WIL
S
25. Professor Bernhardi box 31/7
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZERE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
## Prese“t. Wien
er Wien
D
Diese Eigenlehre seines Genies hat Doktor Ignaz
Semmelweis, der in Budapest geborne Wiener Arzt, Erneu
in sich getragen. Nicht in hochgestimmter Gelehrsamkeit, Erneu
Feuilicion
die prunkende lateinische Namen führte und dem Laien die T
unverständlich blieb, sondern in jenem klaren, der N
„Doktor Semmelweis.“
praktischen Erfassen von Erfahrungen, bei denen man Malar
wähnt — bei den größten Wahrheiten ist es so —, sie fand,
Zur Erstaufführung im Deutschen Volkstheater.
wären immer dagewesen. Und doch war auch Semmel= Lokalg
weis, der Wegsucher der Antiseptik und Vorkämpfer gegen
Es mag wohl mit den überlieferten waffen¬
Listers und Pasteurs, dazu verdammt, den Ver= despar
klirrenden Vorstellungen von blitzender Wehr zu¬
an ihr
zweiflungskampf gegen Scholastik und starres Aka¬
sammenhängen, daß man das Heldenhafte nur
kampfesmutig von Mann zu Mann zu sehen pflegt. demikertum zu führen, bis man, erst nach seinem Tode,
Einmal hebt sich allerdings, von dunkelm Mythos um= begriff, daß Kindbettfieber nicht (nach damaliger An= Sterh
rauscht, aus der Legende die Gestalt des Arztes, die schauung) eine durch kosmische oder tellurische Ur= jun
gleichzeitig mit dem Ritter dem Tode gegenübersteht. sachen hervorgerufene Epidemie sei, sondern daß es ein
Der Ritter bricht rasselnd ins Knie, Arzt und Tod durch Verunreinigung der Instrumente, Hände und un
aber scheinen sich mit langem Blick in wortlosem Zwei= Wäsche untersuchender Aerzte von Bett zu Bett he
Be
getragen wird.
Sonst
kampf zu messen: Wer ist der Stärkere?...
Das Drama von Hans J. Rehfisch setzt mit tan
aber ging der Arzt vom Dottore der Steigreifkomödie
starkem, aber allzu programmatischem Auftakt vor dem Gesir
über Molière bis Shaw nur als komische Figur über
Wiener Allgemeinen Krankenhause ein, in dem um die
die Bühne. Wahrscheinlich, weil er vom Jahrmarkt¬
1850 das große Muttersterben wütete. Ein armer
schreier und fragwürdigen Wundermann herkommt
und mit Aeskulapstab Lockenperücke und Talar durch Teufel schreit nach Herausgabe seines jungen Weibes. Rehf
Denn es hat sich im Volke herumgesprochen, daß ein durch
äußere Würde den Mangel an innerer ersetzen wollte.
Nun trägt der Herr Doktor längst den stillen, schlichten erschreckend hoher Prozentsatz von Frauen aus der die
Bürgerrock oder den weißen Arbeitskittel. Etwas von Klinik des Professors Klein nicht mehr ins Leben seine
der stummen, ringenden Kraft gegen die dunkle Gewalt zurückfindet. Tag um Tag zittert das Ministranten= schlech
aber, von der mythischen Kampfansage, ist in ihnen glöckchen, das dem Priester auf dem Versehgange folgt, noch
allen, die da mit blanken Kleinwaffen am Operations= durch Gänge und Säle. „Die Studenten sind schuld“ von
tisch wirken oder, über? Krankenbett geneigt, den sagen die Leute, „die Studenten!“ Jawohl, die gerade
Herztönen und organischen Geräuschen lauschen, die Studenten, aber anders als das Volk es erfaßt: als unzu
nur sie zu deuten vermögen nach Wissenskunde oder Bazillenüberträger, ein Begriff, den man damals noch verbra
portri
nicht kannte.
der Kabbala ihres Genius.
S
25. Professor Bernhardi box 31/7
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZERE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
## Prese“t. Wien
er Wien
D
Diese Eigenlehre seines Genies hat Doktor Ignaz
Semmelweis, der in Budapest geborne Wiener Arzt, Erneu
in sich getragen. Nicht in hochgestimmter Gelehrsamkeit, Erneu
Feuilicion
die prunkende lateinische Namen führte und dem Laien die T
unverständlich blieb, sondern in jenem klaren, der N
„Doktor Semmelweis.“
praktischen Erfassen von Erfahrungen, bei denen man Malar
wähnt — bei den größten Wahrheiten ist es so —, sie fand,
Zur Erstaufführung im Deutschen Volkstheater.
wären immer dagewesen. Und doch war auch Semmel= Lokalg
weis, der Wegsucher der Antiseptik und Vorkämpfer gegen
Es mag wohl mit den überlieferten waffen¬
Listers und Pasteurs, dazu verdammt, den Ver= despar
klirrenden Vorstellungen von blitzender Wehr zu¬
an ihr
zweiflungskampf gegen Scholastik und starres Aka¬
sammenhängen, daß man das Heldenhafte nur
kampfesmutig von Mann zu Mann zu sehen pflegt. demikertum zu führen, bis man, erst nach seinem Tode,
Einmal hebt sich allerdings, von dunkelm Mythos um= begriff, daß Kindbettfieber nicht (nach damaliger An= Sterh
rauscht, aus der Legende die Gestalt des Arztes, die schauung) eine durch kosmische oder tellurische Ur= jun
gleichzeitig mit dem Ritter dem Tode gegenübersteht. sachen hervorgerufene Epidemie sei, sondern daß es ein
Der Ritter bricht rasselnd ins Knie, Arzt und Tod durch Verunreinigung der Instrumente, Hände und un
aber scheinen sich mit langem Blick in wortlosem Zwei= Wäsche untersuchender Aerzte von Bett zu Bett he
Be
getragen wird.
Sonst
kampf zu messen: Wer ist der Stärkere?...
Das Drama von Hans J. Rehfisch setzt mit tan
aber ging der Arzt vom Dottore der Steigreifkomödie
starkem, aber allzu programmatischem Auftakt vor dem Gesir
über Molière bis Shaw nur als komische Figur über
Wiener Allgemeinen Krankenhause ein, in dem um die
die Bühne. Wahrscheinlich, weil er vom Jahrmarkt¬
1850 das große Muttersterben wütete. Ein armer
schreier und fragwürdigen Wundermann herkommt
und mit Aeskulapstab Lockenperücke und Talar durch Teufel schreit nach Herausgabe seines jungen Weibes. Rehf
Denn es hat sich im Volke herumgesprochen, daß ein durch
äußere Würde den Mangel an innerer ersetzen wollte.
Nun trägt der Herr Doktor längst den stillen, schlichten erschreckend hoher Prozentsatz von Frauen aus der die
Bürgerrock oder den weißen Arbeitskittel. Etwas von Klinik des Professors Klein nicht mehr ins Leben seine
der stummen, ringenden Kraft gegen die dunkle Gewalt zurückfindet. Tag um Tag zittert das Ministranten= schlech
aber, von der mythischen Kampfansage, ist in ihnen glöckchen, das dem Priester auf dem Versehgange folgt, noch
allen, die da mit blanken Kleinwaffen am Operations= durch Gänge und Säle. „Die Studenten sind schuld“ von
tisch wirken oder, über? Krankenbett geneigt, den sagen die Leute, „die Studenten!“ Jawohl, die gerade
Herztönen und organischen Geräuschen lauschen, die Studenten, aber anders als das Volk es erfaßt: als unzu
nur sie zu deuten vermögen nach Wissenskunde oder Bazillenüberträger, ein Begriff, den man damals noch verbra
portri
nicht kannte.
der Kabbala ihres Genius.